Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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sechsundvierzig Millionen nöthig. Es gibt aber keinen Juden auf der Welt, welcher eine solche Summe borgen würde, nicht einmal auf die Krone von Frankreich.«

      Der König ballte krampfhaft seine Fäuste unter seinen Manchetten, stieß sein Fauteuil zurück und sprach:

      »Es ist gut, mein Bruder, der König von England, wird also Hungers sterben.«

      »Sire, entgegnete Mazarin in demselben Ton, »erinnert Euch des Sprichworts, das ich Euch hier als den Ausdruck der vernünftigsten Politik gebe: Freue dich, arm zu sein, wenn dein Nachbar auch arm ist.«

      Ludwig sann einen Augenblick nach, während er einen neugierigen Blick auf das Papier warf, von dem ein Ende unter dem Kopfkissen vorstand, und sagte sodann:

      »Es ist also völlig unmöglich, meiner Geldforderung zu entsprechen?«

      »Durchaus, Sire.«

      »Bedenkt, daß es mir später eine Unannehmlichkeit bereiten wird, wenn er ohne mich den Thron besteigt.«

      »Wenn Eure Majestät nur das befürchtet, so mag sie ruhig sein,« sagte rasch der Cardinal.

      »Es ist gut, ich dringe nicht weiter darauf.«

      »Habe ich Euch wenigstens überzeugt, Sire?« fragte der Cardinal, seine Hand auf die des Königs legend.

      »Vollkommen.«

      »Verlangt alles Andere, Sire, und ich werde glücklich sein, es Euch zu bewilligen, da ich Euch dies verweigern mußte.«

      »Alles Andere, mein Herr?«

      »Ah! ja, bin ich nicht mit Leib und Seele im Dienste Eurer Majestät? Hollah! Bernouin, Lichter, Wachen für Seine Majestät! Seine Majestät kehrt in ihre Gemächer zurück.«

      »Noch nicht, mein Herr, und da Ihr Euren guten Willen zu meiner Verfügung stellt, so will ich davon Gebrauch machen.«

      »Für Euch, Sire?« fragte der Cardinal, in der Hoffnung, es würde endlich von seiner Nichte die Rede sein.

      »Nein, mein Herr, nicht für mich, sondern immer für meinen Bruder Karl.«

      Das Gesicht von Mazarin verdüsterte sich, und er brummelte ein paar Worte, die der König nicht verstehen konnte.

       XI.

      Die Politik von Herrn von Mazarin

      Statt des Zögerns, mit dem er eine Viertelstunde vorher den Cardinal angegangen hatte, konnte man nun in den Augen des jungen Königs jenen Willen lesen, gegen den man zu kämpfen vermag, den man vielleicht durch seine eigene Ohnmacht bricht, der aber wenigstens, wie eine Wunde in der Tiefe des Herzens, die Erinnerung an seine Niederlage behalten wird.

      »Diesmal, Herr Cardinal, handelt es sich um etwas, was leichter zu finden ist, als eine Million.«

      »Glaubt Ihr, Sire?« sagte Mazarin, indem er den König mit jenem schlauen Auge anschaute, das im tiefsten Grunde der Herzen las.«

      »Ja, ich glaube es, und wenn Ihr den Gegenstand meiner Bitten kennen werdet.«

      »Glaubt Ihr denn, ich kenne ihn nicht. Sire?«

      »Ihr wißt, was mir zu sagen übrig ist?«

      »Hört, Sire, die eigenen Worte von König Karl.«

      »Oh! da bin ich begierig!«

      »Höret also: »»Und wenn dieser Geizhals, dieser knauserige Italiener.«« hat er gesagt . . . «

      »Herr Cardinal! . . . «

      »Das ist der Sinn, wenn es auch nicht die Worte sind. Ei, mein Gott! ich grolle ihm deshalb nicht, Sire, Jeder sieht mit seinen Leidenschaften. Er hat also gesagt: »»Wenn dieser knauserige Italiener Euch die Million verweigert, die wir verlangen, Sire, wenn wir, in Ermangelung von Geld, auf die Diplomatie zu verzichten genöthigt sind, nun so verlangen wir von ihm fünfhundert Edelleute.««

      Der König bebte, denn der Cardinal hatte sich nur in der Zahl getäuscht.

      »Nicht wahr, Sire. so ist es?« rief der Minister mit triumphirendem Ausdruck; »dann hat er die schönen Worte beigefügt: »»Ich habe Freunde jenseits der Meerenge; diesen Freunden fehlt es nur an einem Anführer und an einem Banner. Wenn sie mich, wenn sie das Banner Frankreichs sehen, werden sie sich um mich sammeln, denn sie werden begreifen, daß ich Eurer Unterstützung theilhaftig bin. Die Farben der französischen Uniform sind bei mir soviel werth, als die Million, die uns Herr von Mazarin verweigern wird.«« (Denn er wußte wohl, daß ich diese Million verweigern würde.). »»Mit diesen fünfhundert Edelleuten werde ich siegen, Sire, und alle Ehre wird Euch zufallen.«« Das ist es, was er sagte, oder ungefähr sagte, nicht wahr? wobei er seine Worte mit glänzenden Metaphern, mit pomphaften Bildern umgeben hat, denn sie sind Schwätzer in der Familie! Der Vater hat noch auf dem Schaffot gesprochen.«

      Der Schweiß der Scham floß Ludwig von der Stirne. Er fühlte, daß es nicht seiner Würde entsprach, so seinen Bruder beleidigen zu hören; aber er wußte noch nicht, wie man aufzutreten hatte, besonders demjenigen gegenüber, vor dem er Alles, sogar seine Mutter, sich hatte beugen sehen.

      Endlich strengte er sich an und sprach: »Aber, Herr Cardinal, es handelt sich nicht um fünfhundert Edelleute, sondern um zweihundert.«

      »Ihr seht wohl, daß ich errathen habe, was er forderte.«

      »Mein Herr, es ist mir nicht eingefallen, zu leugnen, daß Ihr ein tiefes Auge habt, und deshalb dachte ich, Ihr würdet meinem Bruder Karl eine so einfache und so leicht zu bewilligende Sache wie die, welche ich , in seinem Namen oder vielmehr in dem meinigen von Euch verlange, nicht verweigern.«

      »Sire,« erwiederte Mazarin, »ich treibe nun seit dreißig Jahren Politik. Ich habe sie Anfangs mit dem Herrn Cardinal von Richelieu, dann allein getrieben. Diese Politik ist nicht immer ehrlich gewesen, ich muß es gestehen, aber sie war nie ungeschickt. Diejenige aber, welche man in diesem Augenblick Eurer Majestät vorschlägt, ist zugleich unehrlich und ungeschickt.«

      »Unehrlich, mein Herr!«

      »Sire, Ihr habt einen Vertrag mit Herrn Cromwell geschlossen.«

      »Ja; und in diesem Vertrag hat Herr Cromwell über mir unterzeichnet.«

      »Warum habt Ihr Euren Namen so tief unten an geschrieben, Sire? Herr Cromwell fand einen guten Platz und nahm ihn; das war so ziemlich seine Gewohnheit. Ich komme also auf Herrn Cromwell zurück. Ihr habt einen Vertrag mit Ihm, nämlich mit England, da Herr Cromwell, als Ihr diesen Vertrag unterzeichnetet, England war.«

      »Herr Cromwell ist todt.«

      »Ihr glaubt das, Sire?«

      »Allerdings, da ihm sein Sohn Richard in der Regierung gefolgt ist und selbst entsagt hat.«

      »Wohl! das ist es gerade. Richard hat bei dem Tod von Cromwell geerbt, und England bei der Entsagung von Richard. Der Vertrag bildete einen Theil der Erbschaft, kam er nun in die Hände von Herrn Richard, oder in die von England. Der Vertrag ist also immer noch gut und so gültig als je. Warum solltet Ihr ihn vereiteln, Sire? Was hat sich verändert? Karl II. will heute, was wir vor zehn Jahren nicht wollten; doch das ist ein Fall, für den man vorhergesehen. Ihr seid der Verbündete von England, Sire, und nicht der von Karl II. Es war ohne Zweifel ungebührlich aus dem Gesichtspunkt der Familie betrachtet, daß man einen Vertrag mit einem Mann, der dem Schwager des Königs, Eures Vaters, den Kopf abschlagen ließ, unterzeichnet und ein Bündnis; mit einem Parlament geschlossen hat, das man dort ein Croupion-Parlament nennt; das war ungebührlich ich gestehe es zu, aber es war nicht ungeschickt aus dem Politischen Gesichtspunkte, da ich Eurer damals noch minderjährigen Majestät durch diesen Vertrag die Widerwärtigkeiten und Plackereien eines äußeren Krieges erspart habe, in den noch die Fronde . . . Ihr erinnert Tuch der Fronde, Sire (der junge König neigte das Haupt), in den noch die Freude eine unselige Verwirrung gebracht hätte. Und hierdurch beweise ich Eurer Majestät, daß jetzt einen andern Weg einschlagen, ohne unsere Verbündeten zu benachrichtigen. zugleich ungeschickt und unehrlich wäre. Wir würden den Krieg anfangen und das Unrecht auf unsere Seite stellen; wir würden den Krieg anfangen, während wir verdienten, daß man uns bekriegte, und wir


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