Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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Hof begleitet sie?«

      »Ja, Monseigneur.«

      »Ah! ich vergaß, mich bei Euch nach dem Herrn Cardinal zu erkundigen.«

      »Seine Eminenz scheint sich einer guten Gesundheit zu erfreuen, Monseigneur.«

      »Ohne Zweifel begleiten den Herrn Cardinal seine Nichten?«

      »Nein, Monseigneur, Seine Eminenz hat den Fräulein von Mancini befohlen, nach Brouage abzureisen; sie folgen dem linken User der Loire, während der Hof auf dem rechten kommt.«

      »Wie? Fräulein Marie von Mancini verläßt auch den Hof?« fragte Monsieur, dessen Zurückhaltung nach und nach schwächer wurde.

      »Fräulein Marie von Mancini besonders,« antwortete Raoul discreter Weise.

      Ein flüchtiges Lächeln, die unmerkliche Spur seines alten Intriguengeistes, erhellte die bleichen Wangen des Prinzen.

      »Ich danke, Herr von Bragelonne,« sagte nun Monsieur; »Ihr werdet vielleicht den Auftrag an den Herrn Prinzen, den ich Euch gern übergeben möchte, nicht ausrichten und ihm nicht sagen wollen, sein Bote sei mir sehr angenehm gewesen, doch ich werde es ihm selbst sagen.«

      Raoul verbeugte sich, um Monsieur für die Ehre zu danken, die er ihm erwies.

      Monsieur machte Madame ein Zeichen, und diese schlug auf ein Glöckchen zu ihrer Rechten.

      Sogleich trat Herr von Saint-Remy ein und das Zimmer füllte sich mit Menschen.

      »Meine Herren,« sprach der Prinz, »Seine Majestät erfreut mich mit der Ehre, einen Tag in Blois zuzubringen; ich rechne darauf, daß der König, mein Neffe, die Gunst, die er meinem Hause gewährt, nicht zu bereuen haben wird.«

      »Es lebe der König!« riefen mit wüthender Begeisterung alle Leute vom Dienst und Herr von Saint-Remy vor Allen.

      Gaston neigte das Haupt mit einer finsteren Traurigkeit; sein ganzes Leben hatte er das Geschrei: Es lebe der König! das über ihn hinging, anhören oder vielmehr aushalten müssen. Da er es lange Zeit nicht mehr gehört, so hatte sein Ohr ausgeruht; nun erhob sich vor ihm ein jüngeres, lebhafteres, glänzenderes Königthum wie eine neue, eine schmerzliche Herausforderung.

      Madame begriff die Leiden dieses scheuen, argwöhnischen Herzens und stand von der Tafel auf. Monsieur ahmte sie maschinenmäßig nach, und mit einem Gesumme, dem der Bienenschwärme ähnlich, umgaben alle Diener des Hauses Raoul, um ihn zu befragen.

      Madame sah diese Bewegung und rief Herrn von Saint-Remy.

      »Das ist nicht der Augenblick zum Plaudern, sondern zum Arbeiten,« sagte sie mit dem Tone einer Hausfrau, die sich ärgert.

      Herr von Saint-Remy beeilte sich, den von den Officianten um Raoul gebildeten Kreis zu durchbrechen, so daß dieser das Vorzimmer erreichen konnte.

      »Man wird hoffentlich für diesen Edelmann sorgen,« fügte Madame, sich an Herrn von Saint-Remy wendend, bei.

      Der gute Mann lief sogleich Raoul nach.

      »Madame beauftragt uns, Euch Erfrischungen zu reichen,« sagte er; »es ist auch eine Wohnung für Euch im Schlosse bereit.«

      »Ich danke, Herr von Saint-Remy,« erwiederte Bragelonne; »Ihr wißt, wie sehr es mich drängt, dem Herrn Grafen, meinem Vater, meine Achtung zu bezeigen.«

      »Es ist wahr, es ist wahr, Herr Raoul, ich bitte Euch, drückt ihm zugleich auch meine Ehrfurcht aus.«

      Raoul machte sich von dem alten Edelmann los und ging weiter.

      Als er, sein Pferd am Zügel führend, unter dem Thorgewölbe durchkam, rief ihm eine kleine Stimme aus dem Hintergrunde einer dunkeln Allee.

      »Herr Raoul!« sagte die Stimme.

      Der junge Mann wandte sich erstaunt um und sah ein braunes Mädchen, das einen Finger auf seine Lippen legte und die Hand gegen ihn ausstreckte. Dieses Mädchen war ihm unbekannt.

       III.

      Das Wiedersehen

      Raoul machte einen Schritt gegen das Mädchen, das ihm zurief.

      »Aber mein Pferd, Madame,« sagte er.

      »Ihr scheint sehr verlegen zu sein! geht; es ist ein Schoppen im ersten Hof, bindet Euer Pferd dort an und kommt rasch.«

      »Ich gehorche, Madame.«

      Raoul brauchte nicht vier Minuten, um zu thun, was man ihm empfohlen hatte; er kam zu der kleinen Pforte, wo er in der Dunkelheit seine geheimnißvolle Führerin wiedersah, die ihn auf den Stufen einer Wendeltreppe erwartete.

      »Seid Ihr muthig genug, um mir zu folgen, mein Herr Ritter?« fragte das Mädchen, lachend über das kurze Zögern, das Raoul einen Augenblick kundgegeben.

      Dieser antwortete dadurch, daß er ihr auf der düsteren Treppe nacheilte. So erstiegen sie drei Stockwerke, er hinter ihr und mit seinen Händen, wenn er das Geländer suchte, ein seidenes Kleid berührend, das an den beiden Wänden der Treppe hinstreifte. Bei jedem falschen Tritt von Raoul rief ihm seine Führerin ein strenges: Stille! zu, und reichte ihm eine sanfte, duftende Hand.

      »Man würde so bis oben in den Thurm des Schlosses hinaufsteigen, ohne eine Müdigkeit zu bemerken,« sagte Raoul.

      »Dies beweist, daß Ihr sehr neugierig und sehr unruhig seid, mein Herr; doch beruhigt Euch: wir sind an Ort und Stelle.«

      Das Mädchen stieß eine Thüre auf, welche auf der Stelle, ohne irgend einen Uebergang, mit einer Lichtwoge den Ruheplatz der Treppe füllte, auf dem Raoul, das Geländer haltend, erschien.

      Seine Führerin ging immer weiter; er folgte ihr; sie trat in ein Zimmer; Raoul trat wie sie ein.

      Sobald er in der Falle war, hörte er einen Schrei, wandte sich um und sah zwei Schritte von sich, die Hände gefaltet, die Augen geschlossen, das schöne blonde Mädchen mit den blauen Augen und den weißen Schultern, das ihn, als es ihn erkannte, Raoul genannt hatte.

      Er sah das Mädchen und errieth so viel Liebe, so viel Glück in dem Ausdruck seiner Augen, daß er mitten im Zimmer auf die Kniee sank und seinerseits den Namen Louise flüsterte.

      »Ah! Montalais! Montalais!« seufzte diese, »es ist eine große Sünde, so zu täuschen.«

      »Ich! ich habe Euch getäuscht?«

      »Ja, Ihr sagt mir, Ihr gehet hinab, um Erkundigung einzuziehen, und nun laßt Ihr diesen Herrn heraufkommen!«

      »Dies mußte wohl sein. Wie hätte er sonst den Brief bekommen, den Ihr ihm schriebet?«

      Und sie deutete mit dem Finger auf diesen Brief, der noch auf dem Tisch lag; rascher, obgleich sie mit einem merkwürdigen körperlichen Zögern sich bewegte, streckte Louise die Hand aus, um ihn festzuhalten. Raoul begegnete dieser ganz warmen, ganz zitternden Hand; er nahm sie in seine Hände und zog sie so ehrfurchtsvoll an seine Lippen, daß er mehr einen Hauch, als einen Kuß darauf niederlegte.

      Mittlerweile hatte Fräulein von Montalais den Brief genommen, sorgfältig, wie es die Frauen thun, dreieckig zusammengelegt und in ihre Brust gesteckt.

      »Seid unbesorgt, Louise,« sagte sie, »dieser Herr wird den Brief ebenso wenig hier nehmen, als der selige Ludwig XIII. die Billets aus dem Schnürleibe von Fräulein von Hautefort nahm.«

      Raoul erröthete, als er das Lächeln der beiden Mädchen wahrnahm, und bemerkte nicht, daß die Hand von Louise in der seinigen geblieben war.

      »Nun!« sagte Montalais, »Ihr verzeiht mir, Louise, daß ich Euch den Herrn gebracht habe, und Ihr, mein Herr, Ihr grollt mir nicht, daß Ihr mir gefolgt seid, um das Fräulein zu sehen. Und da der Friede geschlossen ist, stellt mich Herrn von Bragelonne vor, Louise.«

      »Herr Vicomte,« sprach Louise mit ihrer ernsten Anmuth und ihrem unschuldsvollen Lächeln, »ich habe die Ehre, Euch Fräulein Aure von Montalais, Ehrendame Ihrer königlichen Hoheit Madame und zugleich meine Freundin,


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