Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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schritt durch das Vorhaus, als ein Mensch, halb Diener, halb Soldat, der bei Monk die Functionen eines Portier und einer Wache versah, unsern Musketier anhielt und in englischer Sprache zu ihm sagte:

      »Verzeiht, Mylord d’Artagnan.«

      »Nun, was gibt es?« fragte dieser; »verabschiedet mich der General auch vollends? Es fehlte mir nur noch, daß ich von ihm ausgetrieben würde!«

      Französisch gesprochen, brachten diese Worte nicht den geringsten Eindruck auf denjenigen hervor, an den sie gerichtet waren, denn dieser sprach nur ein mit dem rauhsten Schottisch vermischtes Englisch. Doch Athos wurde schmerzlich davon ergriffen, denn d’Artagnan fing an auszusehen, als ob er Recht hätte.

      Der Engländer zeigte d’Artagnan einen Brief und sprach:

      »From the general.«

      »Gut, das ist es; mein Abschied,« sagte der Gascogner. »Soll ich es lesen, Athos?«

      »Ihr täuscht Euch nothwendig, oder ich kenne keine ehrlichen Leute mehr außer Euch und mir,« erwiederte Athos.

      D’Artagnan zuckte die Achseln und entsiegelte den Brief, während der Engländer ihm ganz unempfindlich, damit er durch das Licht beim Lesen unterstützt würde, eine Laterne vorhielt.

      »Nun! was habt Ihr?« fragte Athos, als er die plötzliche Veränderung in den Gesichtszügen des Lesers wahrnahm.

      »Nehmt und lest selbst,« sprach der Musketier.

      Athos nahm das Papier und las:

      »Herr d’Artagnan, der König bedauert es sehr lebhaft, daß Ihr nicht mit seinem Zuge nach Saint Pauls gekommen seid. Seine Majestät sagt, Ihr habet ihr gefehlt, wie Ihr auch mir gefehlt habt, lieber Kapitän. Es gibt nur ein Mittel, dies Alles gut zu machen. Seine Majestät erwartet mich um neun Uhr im Palast von Saint James; wollt Ihr Euch zugleich mit mir dort einfinden? Seine allergnädigste Majestät bestimmt Euch diese Stunde zur Audienz, die sie Euch bewilligt.«

      Der Brief war von Monk.

       XIX.

      Die Audienz

      »Nun?« rief Athos mit einem sanften Vorwurf, als d’Artagnan den von Monk an ihn gerichteten Brief gelesen hatte.

      »Nun!« erwiederte d’Artagnan roth vor Vergnügen und ein wenig vor Scham, »das ist eine Artigkeit, welche zu nichts verbindet . . . doch es ist am Ende eine Artigkeit.

      »Ich muß gestehen, ich konnte nicht wohl glauben, der Prinz sei undankbar,« sprach Athos,

      »Es ist wahr, seine Gegenwart steht seiner Vergangenheit sehr nahe,« sagte d’Artagnan, »doch bis jetzt hat Alles meine Meinung gerechtfertigt.

      »Ich gebe es zu, theurer Freund, ich gebe es zu! Ah! Euer guter Blick ist wiedergekehrt. Ihr könnt nicht glauben, wie sehr mich das freut.«

      »Seht,« sagte d’Artagnan, »Karl II. empfängt Herrn Monk um neun Uhr, mich wird er um zehn Uhr empfangen, das ist eine große Audienz, eine von denjenigen, welche wir im Louvre Austheilung von Hofweihwasser nennen. Stellen wir uns unter die Traufe, mein lieber Freund.«

      Athos antwortete nichts, und Beide wandten sich, ihre Schritte beschleunigend, nach dem Palast von Saint-James, den die Menge immer noch belagerte, um an den Scheiben die Schatten der Höflinge und die Reflexe der königlichen Person zu sehen.

      Es schlug acht Uhr, als die zwei Freunde in der von Höflingen und Bittstellern gefüllten Gallerte Platz nahmen. Jeder blickte nach diesen einfachen Kleidern von seltsamer Form, nach diesen so edlen und charaktervollen Köpfen. Athos und d’Artagnan fingen, nachdem sie mit zwei Blicken diese ganze Versammlung überschaut hatten, wieder an mit einander zu plaudern.

      Plötzlich entstand ein gewaltiger Lärmen am Ende der Gallerie: es war der General Monk, der gefolgt von zwanzig Officieren eintrat, welche auf jedes Lächeln von ihm lauerten, denn noch am Tage vorher war er Herr von England und man vermuthete einen schönen andern Tag für den Wiederhersteller der Familie der Stuarts.

      »Meine Herren,« sprach Monk, sich umwendend, »ich bitte, erinnert Euch, daß ich fortan nichts mehr bin. Vor Kurzem noch befehligte ich die Hauptarmee der Republik; nun gehört diese Armee dem König, in dessen Hände ich, seinem Gebot gemäß, die Macht, die ich gestern besaß, niederlegen werde.«

      Ein großes Erstaunen drückte sich in allen Gesichtern aus, und der Kreis der Schmeichler und Bittenden, der Monk einen Augenblick vorher umschloß, erweiterte sich allmälig und verlor sich am Ende in den großen Wogungen der Menge. Monk wartete im Vorzimmer wie alle Welt. D’Artagnan konnte sich nicht enthalten, hierüber eine Bemerkung gegen den Grafen de la Fère zu machen, der die Stirne faltete. Plötzlich öffnete sich die Thüre des Cabinets von Karl, und es erschien der junge König, dem zwei Officianten seines Hauses vorangingen.

      »Guten Abend, meine Herren,« sprach er. »Ist der General Monk hier?«

      »Hier bin ich, Sire,« erwiederte der alte General.

      Karl eilte auf ihn zu, drückte ihm mit glühender Freundschaft die Hände und sagte laut:

      »General, ich habe so eben Euer Patent unterzeichnet: Ihr seid Herzog von Albermale, und es ist meine Absicht, daß keiner Euch an Macht und Vermögen in diesem Königreich gleichkomme, wo Euch, den edlen Montrose ausgenommen, keiner an Rechtschaffenheit, Muth und Talent gleichgekommen ist. Meine Herren, der Herzog ist Obercommandant unserer Heere zu Wasser und zu Land; wollt ihm in dieser Eigenschaft die ihm schuldige Achtung erweisen.«

      Während sich Jeder um den General drängte, der alle diese Huldigungen hinnahm, ohne einen Augenblick seine gewöhnliche Unempfindlichkeit zu verlieren, sagte d’Artagnan zu Athos:

      »Wenn man bedenkt, daß dieses Herzogthum, dieses Commando der Heere zu Wasser und zu Land, mit einem Wort, alle diese Größen in einer Kiste von sechs Fuß Länge und drei Schuh Breite eingesperrt waren!«

      »Freund,« erwiederte Athos, »viel mächtigere Größen müssen sich mit kleineren Kisten begnügen; sie verschließen für immer . . . «

      Plötzlich erblickte Monk die zwei Edelleute, die sich beiseit hielten und warteten, bis sich die Woge verlaufen hätte. Er bahnte sich einen Weg und ging auf sie zu, so daß er sie mitten in ihren philosophischen Betrachtungen überraschte.

      »Ihr spracht von mir?« sagte er mit einem Lächeln.

      »Mylord,« antwortete Athos, »wir sprachen auch von Gott.«

      Monk dachte einen Augenblick nach und sagte dann heiter:

      »Sprechen wir auch ein wenig vom König, wenn es Euch beliebt, denn Ihr habt, glaube ich, Audienz beim König.«

      »Um neun Uhr,« sagte Athos,

      »Um zehn Uhr,« sagte d’Artagnan.

      »Treten wir sogleich in das Cabinet ein,« sprach Monk und bedeutete seinen beiden Gefährten, sie möchten vorangehen, was weder der Eine, noch der Andere thun wollte.

      Der König war während dieses ganz französischen Streites in die Mitte der Gallerie zurückgekehrt.

      »Oh! meine Franzosen,« sagte er mit jenem Tone sorgloser Heiterkeit, den er trotz so großen Kummers, trotz so vieler Unglücksfälle nicht verloren hatte. »Die Franzosen, mein Trost!«

      D’Artagnan und Athos verbeugten sich.

      »Herzog, führt diese Herren in mein Studirzimmer. Ich gehöre Euch, meine Herren,« fügte er in französischer Sprache bei. Und er fertigte rasch seinen Hof ab, um zu seinen Franzosen, wie er sie nannte, zurückzukehren.

      »Herr d’Artagnan,« sprach er, als er in sein Cabinet eintrat, »es freut mich, Euch wiederzusehen.«

      »Sire, ich fühle mich im höchsten Grade glücklich. Eure Majestät im Palast von Saint-James begrüßen zu dürfen.«

      »Mein Herr, Ihr wolltet mir einen sehr großen Dienst leisten, und ich bin Euch Dank dafür schuldig. Befürchtete ich nicht,


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