Der Schiffs-Capitain. Александр Дюма

Der Schiffs-Capitain - Александр Дюма


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Arthur, für was er es hält?«

      »Holla, Sir Arthur!«, fragte der Lieutenant auf englisch durchs Sprachrohr, um sich nicht vergebens anzustrengen; »der Kapitän will wissen was sie von jener Nußschale halten?«

      »Ei, ich meine,« antwortete der junge Midshipman in derselben Sprache von der Wacht herab, »es ist ein großes Schiff, das uns den Wind abschneidet und sich nach uns richtet. Ha! ha! da läßt es sein Hauptsegel fallen.«

      »Ja, ja,« sagte der junge Mann, dem Walter den Titel Kapitän gegeben hatte; »es hat eben so gute Augen als wir und hat uns gesehen. Gut, liebt es Unterhaltung, so werden wir ihm Rede stehen. Auch möchten unsere Kanonen ersticken, so lange haben sie den Mund nicht aufgethan. – Mein Herr«, fuhr der Kapitän fort, »setzen sie den Chef der Batterie in Kenntniß, daß wir ein verdächtiges Segel vor uns haben und daß er sich bereit hält. Gut, Sir Arthur, was denken sie von dem Gange des Schiffes?« ebenfalls englisch sprechend und den Kopf zu jenem aufhebend.

      »Es ist ganz und gar militairisch, Kapitän, und wiewohl wir eine Flagge noch nicht sehen, wollt' ich wetten, daß er eine gute Commission des Königs Georg am Bord hat.«

      »Ja, nicht wahr, die dem Commandanten befiehlt: eine gewisse Fregatte, die Indianerin genannt, herauszufordern, und ihm, im Falle, daß er sie nimmt, den Grad des Kapitäns, wenn er Lieutenant, und des Commandeurs, wenn er Kapitän ist, verspricht. Ha, ha! jetzt steckt er seine Bramstange auf! Ja, ja, gewiß wittert uns der Spürhund und will Jagd auf uns machen. Laßt die Fregatte unter dieselben Segel bringen, Herr Walter, und uns unsern Weg fortsetzen, ohne uns eine Linie breit davon zu entfernen. Wir wollen sehen, ob er sich untersteht, sich uns in den Weg zu stellen!«

      Diese Ordre ward sogleich von dem Lieutenant wiederholt, und das Schiff, daß sich unter einem Marsegel befand, entrollte die Leinwand einer Bramstangen, wie eine dreifache Wolke, und als sähe es den Feind gern in seiner Nähe, schoß es vorwärts und drückte sein Vordertheil tiefer in die Wogen, daß der Funken stäubende Schaum alle Seiten seines Rumpfes umspühlte.

      Jetzt entstand ein Augenblick des Schweigens und der Erwartung, welche wir dazu benutzen wollen, die Aufmerksamkeit unserer Leser auf den Officier zu lenken, dem der Lieutenant den Titel Kapitän gegeben hatte.

      Diesesmal war es weder der junge, zweifelsüchtige Seekadett, den wir dem Grafen d'Auray an den Bord der Fregatte bringen sehen, noch der alte Meerwolf mit dem gekrümmten Rücken und der rauhen und kurzen Stimme: es war ein schöner Jüngling von vierundzwanzig bis fünfundzwanzig Jahren, wie wir bereits gesagt haben, der, von aller Verkleidung frei, in seiner wahren, natürlichen Gestalt und in einer willkührlichen Uniform nach seiner Phantasie erschien, die er allemal annahm, wenn er auf dem Meere nur von Gott und dem Sturme gekannt war.

      Es war eine Art von Redingote von schwarzem Sammet mit goldnen Schnüren, durch einen türkischen Gürtel um den Leib befestigt, in welchem Pistolen, nicht zum Entern, sondern zum Zweikampfe steckten, die ausgeschnitzt und eingelegt waren, wie Waffen des Luxus, die zum Putze, nicht aber zur Vertheidigung bestimmt sind. Er trug Pantalons von blauem Casimir, mit kurzen, gefältelten Stiefeln, die ihm bis über die Kniee gingen. Um den Hals hing eine aufgemachte Cravate, ein indisches Tuch von durchsichtigem Gewebe mit Blumen von natürlichen Farben, und über eine Sonnengebräunten Wangen fielen zu beiden Seiten eine langen, rabenschwarzen, ungepuderten Haare. Neben ihm, auf der Kanone des Hinterdecks, lag ein kleiner eiserner Helm, der unter dem Halse zugemacht werden konnte: dies war ein Schmuck im Kampfe und die einzige Schutzwaffe, die er trug. Einige tiefe Einschnitte in den Stahl bewiesen übrigens, daß er mehr als einmal das Haupt gegen die schrecklichen Verletzungen der Enterbeile geschützt hatte, deren sich die Seeleute bedienen, wenn sie Bord an Bord gelangen. Die andere Equipage trug die Uniform der französischen Marine mit der genauesten und strengsten Eleganz.

      Unterdessen war das von der Wacht zwanzig Minuten vorher signalisierte Schiff, welches wie ein kleiner Punkt am Horizonte erschienen war, nach und nach zu einer Pyramide mit Segeln und Takelwerk geworden. Alle Blicke waren darauf gerichtet, und obgleich keine Ordre gegeben war, hatte schon Jeder eine persönlichen Vorkehrungen – zum Kampfe getroffen, als wäre er entschieden. So herrschte also am Bord der Indianerin ein tiefes, feierliches Schweigen, welches immer auf einem Kriegsschiffe den entscheidenden Befehlen des Kapitäns voranzugehen pflegt. Als endlich das Schiff noch einige Minuten gewachsen war, schien der Rumpf nach und nach aus dem Wasser zum Vorscheine zu kommen, wie früher die Segel. Man konnte nun sehen, daß es ein der Indianerin in Etwas überlegenes Fahrzeug von sechsunddreißig Kanonen war. Uebrigens segelte es, wie die Fregatte, ohne Flagge auf der Spitze, so daß, da die Mannschaft im Fundamente verborgen war, es unmöglich erkannt werden konnte, welcher Nation es gehöre, wenn es nicht gewisse Zeichen von sich gab. Beides bemerkte der Kapitän, jedoch schien nur die letzte Beobachtung Eindruck auf ihn zu machen.

      »Es scheint,« sagte er zum Lieutenant, »daß wir den Auftritt zu einem Maskenballe haben werden. Lassen sie einige Flaggen aufhissen, Arthur, wir wollen den Unbekannten beweisen, daß die Indianerin eine Kokette ist, die mehrere Verkleidungen zu ihrem Befehle hat. Und sie, Herr Walter, befehlen sie, daß man die Waffen bereit hält, denn schwerlich, können wir in diesen Gewässern etwas Anderem zu begegnen glauben, als einem Feinde.«

      Beide Befehle wurden sogleich vollzogen. Der junge Midshipman zog ein Dutzend verschiedene Flaggen hervor, und Walter öffnete die Waffenkisten und ließ ein Depot von Lanzen, Enterbeilen und Messern auf verschiedene Orte des Verdecks legen. Ein jeder nahm seinen Posten ein, sowohl aus Instinkt, als aus Pflicht, denn noch war der Tanz nicht losgegangen, noch kein Alarm geschlagen, so daß die Unordnung, die nach und nach auf der Fregatte geherrscht hatte, nachließ, und wieder alles aufmerksam und schweigend ward. Indessen setzten beide Fahrzeuge ihre zusammenlaufenden Linien fort, sich einander nähend. Als sie etwa drei Kanonenschüsse entfernt waren, sagte der Kapitän: »Ich glaube, Sir Walter, jetzt wird's Zeit sein, unsern Freund zu mystifizieren. Zeigen sie ihm die schottische Flagge.

      Der Lieutenant winkte dem Obersteuermann, und das rothe, himmelblau beränderte Tuch stieg wie eine Flamme am Hintertheil des Schiffes empor; aber kein Zeichen am Bord des unbekannten Schiffes deutete auf das geringste Interesse an diesem Manoeuver.

      »Ja, ja!« brummte der Kapitän, »der englische Leopard hat den schottischen Bären Zähne und Klauen so stumpf gemacht, daß er ihn nicht mehr beachtet, und da er ohne Vertheidigung ist, hält er ihn für gezähmt. Zeigen sie ihm ein andres Sinnbild, Herr Walter, vielleicht lösen wir ihm die Zunge.«

      »Welches, Kapitän?«

      »Nehmen sie aufs Ohngefähr, der Zufall mag uns dienen.«

      Kaum war diese Ordre erheilt, so senkte sich die schottische Flagge, und die sardinische nahm ihren Platz ein. Das Schiff blieb stumm.

      »Vorwärts,« sagte der Kapitän, »es scheint Sr. Majestät der König Georg steht im guten Vernehmen mit seinem Bruder von Cypern und Jerusalem. Wir wollen sie nicht veruneinigen, indem wir den Scherz weiter treiben. Herr Walter, pflanzen sie die amerikanische Flagge auf und begründen sie diese mit einem Kanonenschuß.«

      Dasselbe Manöver wiederholte sich, die himmelblaue Fahne mit den Löwenrachen und den silbernen Kreuz fiel aufs Verdeck, und die Sterne der vereinigten Staaten erhoben sich langsam, begleitet von einem Kanonenschuß gen Himmel. Was der Kapitän vorausgesehn hatte, geschah, bei diesem rebellischen Symptom, das sich so unverschämt in der Luft zeigte, verrieth das Schiff sein Incognito, indem es die Flagge von Großbritannien aufzog. Zugleich erschien eine Rauchwolke auf dem Flanken des royalistischen Schiffes, und eine Kanonenkugel, von Woge zu Woge springend, platzte hundert Schritt von der Indianerin.

      »Lassen sie Appell schlagen, Herr Walter!« schrie der Kapitän, »sie sehn, wir haben's getroffen.« »Vorwärts, Jungen !« fuhr er fort, sich an die Equipage wendend, »Hurrah für Amerika! Tod für England!« Ein allgemeiner Schrei antwortete ihm, und hatte nicht aufgehört, als man am Bord des Drako Alarm schlagen hörte, denn das war der Name des Schiffes; der Tambour der Indianerin antwortete sogleich, und jeder rannte auf einem Posten; die Kanoniere zu ihren Stücken, die Officiere zu ihren Batterien, und die mit dem Manöver beauftragten Matrosen zu diesem. Der Kapitän stieg mit dem Sprachrohr aufs Hinterdeck, denn der Commandant führt gewöhnlich dieses Symbol des höchsten Ranges, den Scepter des Königs der Seefahrer, im Augen blick des Streits


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