Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма


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gemacht, das am andern Tage in seinem Journal erscheinen sollte.

      Dieses Lied, das er dem munteren Kreise, von dem er umgeben war, mit halber Stimme vorsang, erregte ein so treuherziges Gelächter, daß der König, der gerade mit der Königin ankam, es im Vorzimmer hörte und, der arme König! da er kaum mehr lachte, beschloß, sich nach dem Gegenstande zu erkundigen, der in den Zeiten der Traurigkeit, in denen man sich befand, eine solche Heiterkeit hervorrufen konnte.

      Es versteht sich von selbst, daß, sobald ein Huissier den König und ein anderer die Königin angekündigt hatten, alles Gelächter, alles Geflüster, alle Gespräche aufhörten, um dem ehrerbietigsten Stillschweigen Platz zu machen.

      Die zwei erhabenen Personen traten ein.

      Je mehr außen der revolutionäre Geist dem Königthume alle seine Blendwerke hinter einander abstreifte, desto mehr, es ist nicht zu leugnen, nahm im Innern die Verehrung zu, der die Mißgeschicke eine neue Stärke verleihen. 89 hat Beispiele von großem Undank gesehen, 93 aber hat Beweise von der höchsten aufopfernden Ergebenheit geliefert.

      Frau von Lamballe und Madame Elisabeth bemächtigten sich der Königin.

      Monsieur ging gerade auf den König zu, um ihm seinen Respect zu bezeigen; er verbeugte sich und sagte:

      »Mein Bruder, könnten wir, Sie, die Königin, ich und einige von Ihren Freunden nicht ein besonderes Spiel machen, damit wir unter dem Anscheine eines Whists ein wenig vertraulich zu sprechen im Stande wären?«

      »Gern, mein Bruder,« erwiederte der König; »ordnen Sie das mit der Königin.«

      Monsieur näherte sich Marie Antoinette, der Charny seine Huldigung darbrachte: dieser sagte leise:

      »Madame, ich habe Herrn von Favras gesehen und ich muß Eurer Majestät Mittheilungen von der größten Wichtigkeit machen.«

      »Meine liebe Schwägerin,« sprach Monsieur, »der König wünscht, daß wir eine Whistpartie zu vier spielen; wir verbinden uns gegen Sie, und er läßt Ihnen die Wahl Ihres Partners.«

      »Gut,« erwiederte die Königin, welche vermuthete, diese Whistpartie sei nur ein Vorwand, »meine Wahl ist getroffen. Herr von Charny, Sie werden bei unserem Spiele sein und während wir spielen, theilen Sie uns Neuigkeiten von Turin mit.

      »Ah! Sie kommen von Turin?« fragte Monsieur.

      »Ja, Monseigneur, und von Turin zurückkehrend, nahm ich meinen Weg über die Place Royale, wo ich einen dem König, der Königin und Eurer Hoheit sehr ergebenen Mann sah.«

      Monsieur erröthete, hustete, entfernte sich. Das war ein Mann ganz der Umwege und der Vorsicht: dieser gerade und bestimmte Geist beunruhigte ihn.

      Er warf Herrn de la Chatre einen Blick zu; dieser näherte sich ihm, erhielt leise seine Befehle und ging ab.

      Mittlerweile grüßte der König und empfing die Huldigungen der etwas spärlichen Herren und Damen, welche den Kreis der Tuilerien zu besuchen fortfuhren.

      Die Königin nahm ihn beim Arm und zog ihn zum Spiele.

      Er trat an den Tisch, suchte mit den Augen den vierten Spieler und erblickte nur Isidor.

      »Ah! ah! Herr von Charny,« sagte er, »in Abwesenheit Ihres Bruders sind Sie unser Vierter; er konnte nicht besser ersetzt werden; seien Sie willkommen.«

      Und mit einem Winke lud er die Königin ein, sich zu setzen; er setzte sich nach ihr, dann folgte Monsieur.

      Die Königin machte eine Geberde der Einladung gegen Isidor, und dieser nahm zuletzt Platz.

      Madame Elisabeth kniete aus eine Causeuse hinter dem König und stützte ihre beiden Arme aus die Lehne seines Fautuil.

      Man spielte zwei- oder dreimal herum und sprach nur auf das Whist bezügliche Worte.

      Dann endlich, während sie spielte und nachdem sie bemerkt hatte, daß die Ehrfurcht Jedermann vom königlichen Tische entfernt hielt, fragte sie, indem sie sich an Monsieur wandte:

      »Mein Schwager, hat Ihnen der Baron gesagt, er komme von Turin?«

      »Ja,« erwiederte Monsieur, »er hat es mit einem Wort gegen mich berührt.«

      »Er hat Ihnen gesagt, der Herr Graf d’Artois und der Herr Prinz von Condé fordern uns auf, wir mögen uns zu ihnen gesellen?«

      Dem König entschlüpfte eine Bewegung der Ungeduld.

      »Mein Bruder,« flüsterte Madame Elisabeth mit ihrer Engelssanftmuth, »ich bitte, hören Sie.«

      »Und Sie auch, meine Schwester?«

      »Ich mehr als irgend Jemand, mein Bruder, denn ich liebe Sie mehr, als Sie irgend Jemand liebt, und ich bin besorgt.«

      »Ich fügte sogar bei,« wagte Isidor zu bemerken, »ich fügte sogar bei, ich sei über die Place Royale gekommen und habe mich eine Stunde in Nr. 21, aufgehalten.«

      »In Nr. 21?« fragte der König, »was ist das?«

      »In Nr. 21., Sire,« erwiederte Isidor, »wohnt ein, wie wir Alle, Eurer Majestät sehr ergebener Edelmann, ein Mann, bereit, für Sie zu sterben, wie wir Alle, der aber, thätiger als wir Alle, einen Plan combinirt hat.«

      »Welchen Plan, mein Herr?« fragte der König, das Haupt erhebend.

      »Glaubte ich das Unglück zu haben, dem König zu mißfallen, indem ich Seiner Majestät wiederhole, was ich von diesem Plane weiß, so würde ich aus der Stelle schweigen.«

      »Nein, nein, mein Herr,« sagte lebhaft die Königin, »sprechen Sie. Es machen Leute genug Pläne gegen uns; es ist also das Wenigste, daß wir diejenigen kennen lernen, welche für uns wachen, damit wir, während dir unseren Feinden verzeihen, dankbar sind gegen unsere Freunde. Herr Baron, sagen Sie uns, wie dieser Edelmann heißt.«

      »Es ist der Herr Marquis von Favras, Madame.«

      »Ah!« versetzte die Königin, »wir kennen ihn; und Sie glauben an seine Ergebenheit, Herr Baron?«

      »An seine Ergebenheit, ja, Madame, ich glaube nicht nur daran, sondern ich bin derselben sicher.«

      »Geben Sie wohl Acht, mein Herr,« sprach der König, »Sie behaupten viel.«

      »Das Herz richtet mit dem Herzen, Sire. Ich verbürge mich für die Ergebenheit von Herrn von Favras. Was die Güte seines Planes, was die Chancen des Gelingens betrifft, oh! das ist etwas Anderes. Ich bin zu jung und, wenn es sich um das Heil des Königs und der Königin handelt, zu klug, um es zu wagen, eine Meinung hierüber auszusprechen.«

      »Und dieser Plan, lassen Sie hören, wie weit ist er?« sagte die Königin.

      »Madame, er ist bei seiner Ausführung, und wenn der König geruht, heute Abend ein Wort zu sagen, einen Wink zu geben, so wird er morgen um diese Stunde in Peronne sein.«

      Der König schwieg. Monsieur zerknitterte einen armen schuldlosen Herzbuben.

      »Sire,« fragte die Königin, indem sie sich an ihren Gemahl wandte, »haben Sie gehört, was der Baron gesagt hat?«

      »Ja, gewiß, ich höre,« antwortete der König, die Stirne faltend.

      »Und Sie, mein Schwager?« fragte die Königin Monsieur.

      »Ich bin nicht tauber als der König.«

      »Nun, das sagen Sie dazu? Das ist ein Vorschlag, wie mir scheint.«

      »Allerdings,« erwiederte Monsieur, »allerdings.«

      Dann wandte er sich an Isidor und sprach:

      »Auf, Baron, wiederholen Sie uns dieses hübsche Couplet.«

      Isidor antwortete:

      »Ich sagte, der König habe nur ein Wort zu sprechen, einen Wink zu geben, und durch die von Herrn von Favras getroffenen Maßregeln werde er nach vierundzwanzig Stunden in Sicherheit in seiner Stadt Peronne sein!«

      »Nun, mein Bruder,« fragte Monsieur, »ist das, was Ihnen der Baron da vorschlägt, nicht verführerisch?«

      Der König wandte sich rasch gegen Monsieur um, heftete seinen Blick


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