Die Holländerin. Александр Дюма

Die Holländerin - Александр Дюма


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Freund, sprach der Kaufmann zu Tristan nach einer Pause, ich habe Sie um einen Dienst zu bitten.

      – Jemehr ich Ihnen nützen kann, antwortete dieser, je mehr werde ich mich glücklich fühlen.

      – Hätten Sie wohl die Güte, fuhr der Negociant fort, zwei oder drei Briefe zu schreiben? Madame Van-Dick wird Ihnen Anweisung dazu ertheilen, denn ich muß in Geschäften ausgehen.

      – Gern.

      – Du weißt, daß an das Haus Schmidt zu Leipzig, Antonini zu Florenz, und William zu London geschrieben werden muß. Sie, lieber Wilhelm, werden die Vallen expedieren. Ich zähle auf Sie.

      – Sie können sich auf mich verlassen, Herr Van-Dick.

      – Wohin gehst Du heute, mein Freund? fragte Euphrasia und warf einen flüchtigen Blick auf Wilhelm, der zu sagen schien: »Vielleicht sind wir allein.«

      Wilhelm blickte auf Tristan, als wollte er sagen: »Und er bleibt.«

      Euphrasia beruhigte ihren Geliebten aber durch einen Blick, der Tristan überzeugte, daß sie ihn nicht für fein genug hielt, um ihre Freundschaft mit Wilhelm zu ahnen.

      Für dieses Lächeln werde ich mich rächen, dachte unser Freund.

      – Ich gehe nach Harlem, antwortete Herr Van-Dick, um dort meine Magazine in Augenschein zu nehmen.

      – Es hat sich dort während Ihrer Abwesenheit nichts ereignet, sprach Wilhelm.

      – Thut nichts, der Weg dorthin wird eine heilsame Promenade für mich ein. Bis an den Hafen von Harlem gehe ich zu Fuß, dort nehme ich mir einen Wagen und bin gegen Abend zum Diner wieder zurück. Sollte ich um sechs Uhr nicht eingetroffen sein, so setzt Euch immerhin zu Tische. Wir haben die Gewohnheit, auf Niemand zu warten, fügte Herr Van-Dick hinzu, indem er sich zu seinem neuen Gaste wandte, weder auf den Herrn noch auf die Frau vom Hause, noch auf die übrigen Genossen.

      – Ich werde es mir merken, antwortete Tristan.

      – Und jetzt, geliebte Freundin, verlasse ich Dich.

      Der Holländer stand auf, ergriff die Hand seiner Frau und küßte sie auf die Stirn. Wilhelm stieß einen Seufzer, von der Eifersucht erpreßt, aus, während die resignierte Gattin ihm als Belohnung zulächelte.

      Herr Van-Dick verließ das Zimmer.

      Tristan, der wegen der Briefe, die er schreiben sollte, nähere Auskunft wünschte, begleitete ihn bis zur Thür. Hier angelangt, blieb Herr Van-Dick stehen, stieß die Thür der Küche auf und sprach zu der Köchin:

      – Um sechs Uhr, mein Kind, vergiß es nicht.

      – Nein, Herr, sprach das dicke Mädchen mit den großen schwarzen Augen, Sie können außer Sorgen sein.

      Herr Van-Dick wechselte ein vertrauliches Lächeln mit ihr, das heißt, er lächelte nicht wie ein Herr vom Hause, welcher bei seiner Köchin das Mittagessen bestellt. Dann drückte er Tristan noch einmal die Hand und verließ das Haus, nachdem er sich eine Cigarre angezündet hatte.

      – Mein Herr, rief Lotte, als Tristan sich entfernen wollte, mein Herr!

      Tristan blieb stehen.

      – Was wünschen Sie, mein Kind, sprach er und gab der Köchin denselben Titel, welchen ihr Herr Van-Dick gegeben hatte.

      – Mein Herr, fuhr Lotte fort, indem sie sich dem Gerufenen näherte, wenn Sie in Frankreich vielleicht anders gewohnt sind zu speisen, als hier, so genieren Sie sich nicht.

      – Danke!

      – Wenn Sie Morgens vor elf Uhr eine Tasse Milch, Kaffee, Chocolade oder eine gebratene Taube und eine Flasche Bordeaux genießen wollen, so sagen Sie es mir, ich bringe es Ihnen auf Ihr Zimmer.

      – Danke, danke!

      – Sollten Sie einmal Appetit bekommen, so sagen Sie es mir, ich werde für Sie sorgen. Sie brauchen sich an keinen andern im Hause zu wenden, der Herr hat es mir anbefohlen.

      Die Köchin zog sich in ihre Küche zurück, wo sie wie eine unbeschränkte Königin waltete, eine Freiheit, die ihr die Freundschaft des Hausherrn zugesichert.

      Tristan trat in dem Augenblicke wieder in das Zimmer, als Wilhelm sich anschickte, von Euphrasia Abschied zu nehmen, die sich mit Sticken beschäftigte.

      – Ich erwartete Sie, sprach Madame Van-Dick.

      Tristan verbeugte sich.

      – Und ich verlasse. Sie, sprach Wilhelm, um in mein Bureau zurückzukehren. Wilhelm empfahl sich und ging.

      – Ein charmanter junger Mann, sprach Tristan.

      – Es ist wahr! antwortete Euphrasia, leise erröthend.

      – Während der Reise hat Herr Van-Dick mir viel Gutes von dem jungen Manne gesagt, und ich muß bekennen, daß sich Alles bestätigt.

      – Es ist ein zuverlässiger, biederer Mensch, dem mein Mann sein ganzes Vertrauen schenkt.

      – Man sieht es ihm an, er hat ein freies, offenes und dabei interessantes Gesicht.

      Um den Schein zu meiden, als ob er mit Fleiß die Eigenschaften des jungen Handlungsbeflissenen rühmte, gab er dem Gespräche eine andere Wendung.

      – Hätten Sie wohl die Güte, Madame, und sagten mir, in welchem Sinne ich die Briefe an die Herren Schmidt, Antonini und William zu schreiben habe?

      Euphrasia erwachte aus einer leichten Träumerei, in welche sie die Complimente Tristans über Wilhelm versenkt hatten, und indem sie einen dankenden Blick auf unsern Helden warf, sprach sie:

      – Ach, Verzeihung, ich bin so zerstreut, daß ich diese Briefe vergessen hatte.

      Sie fand auf und ging in das Zimmer ihres Mannes, um einige Papiere zu holen.

      – Es ist unbezweifelt, sprach Tristan bei sich selbst, sie liebt ihren Wilhelm leidenschaftlich.

      Da es ihm sehr gleichgültig sein konnte, ob sie den wohlgenährten Kaufmannsdiener liebte oder nicht, betrachtete er, um die Pause bis zu Euphrasia’s Rückkehr auszufüllen, die Stickerei, mit der sie beschäftigt war.

      – Hier sind die Briefe, sprach Madame eintretend, die zu beantworten sind. Mein Mann ist bereit, die verlangten Lieferungen zu machen, er erwartet nur einen Avis-Brief, um sie zu expedieren.

      – Ist außerdem noch etwas zu bemerken?

      – Nichts. Tristan ergriff Papier, Feder und Dinte, setzte sich an den Tisch und schickte sich an, zu schreiben.

      In diesem Augenblicke warf Madame Van-Dick Wilhelm, der in seinem Bureau neben dem Fenster saß, einen langen, zärtlichen Blick zu. Beide konnten miteinander correspondieren, wenn auch nicht durch Worte, doch durch Winke.

      Tristan that, als ob er nichts merkte, und vollendete ruhig seine Arbeit. Nach kurzer Zeit war er damit fertig, dann las er den Inhalt der Briefe Madame Van-Dick französisch vor.

      – Vortrefflich, sprach sie, Sie befreien meinen Mann von einer großen Last, wenn Sie ihm öfter den Dienst leisten, den Sie ihm heute geleistet haben.

      Und diese Frau, anmaßend bis zur Lächerlichkeit, begleitete diese so einfache Phrase mit einem Blicke, den die Augen in der Regel für die Ergießungen des Herzens auf bewahren.

      Tristan, der sich nach und nach den Gewohnheiten dieser Dame fügte, fiel dieser Redeton weiter nicht auf, er dankte ganz einfach, ohne ihm eine Bedeutung unterzulegen.

      – Kann ich Ihnen noch in etwas nützlich sein? fragte er.

      – Nein; alles, was Sie für heute thun konnten, haben Sie gethan. Wollen Sie mich schon verlassen?

      Diesen Satz sprach Euphrasia in einem Tone, in welchem eine andere gesagt haben würde: »Ich fühle, daß ich sterben muß!«

      – O nein, Madame; ich würde mich sogar sehr glücklich preisen, wenn ich Ihnen ferner noch Gesellschaft leisten darf.

      – Sehr verbunden!

      Ein Lächeln der Dankbarkeit umschwebte die Lippen der Madame


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