El Salteador. Александр Дюма

El Salteador - Александр Дюма


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Flor, indem sie den Alten anhielt und das Mädchen mit derselben Bewunderung ansah, welche sie selbst erregte.

      Don Inigo nickte bejahend.

      »Wollen wir mit ihr sprechen?« fragte Dona Flor weiter.

      »Thue es, mein Kind, wenn Du willst.«

      »Wie heißt Du, schönes Mädchen?« fragte Dona Flor.

      Die Christen nennen mich Ginesta, die Morisken Aise, denn ich habe zwei Namen, einen von Mohamed, einen von Jesus Christus.

      Als das Mädchen den Namen des Erlösers aussprach, bekreuzigte sie sich – ein Beweis, daß sie Christin war.

      »Wir sind gute Katholiken und werden Dich Ginesta nennen,« sagte Dona Flor lächelnd.

      »Nennt mich wie Ihr wollt,« entgegnete die Zigeunerin; »aus eurem schönen Munde, von eurer lieblichen Stimme wird mir mein Name immer schön klingen.«

      »Nun, Flor,« sagte Don Inigo, »wenn Dir Jemand gesagt hätte, Du würdest in dieser Wildniß der Nymphe Schmeichelei finden, würdest Du ihn als Lügner verspottet haben, nicht wahr? er hätte aber doch die Wahrheit gesagt.«

      »Ich schmeichle nicht, ich bewundere,« sagte die Zigeunerin.

      Dona Flor lächelte und erröthete zugleich und um dem Gespräche eine andere Wendung zu geben, fragte sie:

      »Was antwortetest Du Nuñez, schönes Kind?«

      »Erkundigt Euch zuerst was er mich fragte.«

      »Nun, was fragte er?«

      »Er war besorgt wegen des Weges, erkundigte sich ob derselbe sicher und die Venta gut sey.«

      »Und Du antwortest ihm . . .?«

      »Ich sang ihm zur Antwort das Lied des Reisenden.«

      »Wie lautet dies?«

      »Hört zu.«

      Und wie ein Vogel singt, das heißt, ohne Anstrengung und nach einer Melodie, die eine einfache Modulation der gewöhnlichen Stimme zu seyn schien, sang die Zigeunerin folgende Strophe eines andalusischen Liedchens:

      Ist der Himmel klar,

      Gib wohl Acht!

      Ist die Straße sicher,

      Sieh Dich vor,

      Und die Jungfrau mit den blauen Augen

      Möge Dich behüten.

      Lebe wohl, Wanderer, lebe wohl,

      Ziehe in Frieden mit Gott!

      »Das sagtest Du dem Nuñez, schönes Kind,« fuhr Dona Flor fort; »was sagst Du uns?«

      »Euch, schöne Señora,« antwortete die Zigeunerin, »Euch werde ich die Wahrheit sagen, denn Ihr seyd die Erste aus der Stadt, die freundlich und ohne Verachtung mit mir gesprochen hat.«

      Sie trat noch zwei Schritte näher, legte ihre rechte Hand auf den Hals des Maulthieres, den Zeigefinger der Linken auf ihre Lippen und sagte:

      »Reiset nicht weiter.«

      »Nicht weiter?«

      »Kehrt um.«

      »Du spottest unser, Mädchen,« sagte der Vater.

      »Gott ist mein Zeuge, daß ich Euch den Rath gebe, den ich meinem Vater und meiner Schwester geben würde.«

      »Willst Du mit zweien unserer Diener nach Alama zurückkehren, mein Kind?« fragte Don Inigo.

      »Und Ihr, Vater?« antwortete Dona Flor.

      »Ich werde mit dem dritten meinen Weg fortsetzen, denn der König trifft morgen in Granada ein. Er hat mir befohlen, heute dort zu seyn und ich werde den König nicht warten lassen.

      »Ich trenne mich nicht von Euch, theurer Vater.«

      »So reite voran, Nuñez.«

      Don Inigo nahm aus seiner Tasche eine Börse und reichte sie dem Mädchen, dieses aber machte eine Geberde wie eine Königin und antwortete:

      »Keine Börse ist so reich, daß sie den Rath bezahlen konnte, welchen ich Dir gegeben habe, »Herr Reisender; behalte deine Börse, sie wird da willkommen seyn, wohin Du gelangst.«

      Da nahm Dona Flor die Agrafe von ihrem Kleide, winkte dem Mädchen noch näher zu kommen und fragte:

      »Wirst Du dies annehmen?«

      »Von wem?« fragte dagegen die Zigeunerin ernst.

      »Von einer Freundin.«

      »Ach, ja.«

      Sie hielt ihren Hals nahe an Dona Flor, die der Zigeunerin die Agrafe daran befestigte und flüchtig mit den Lippen die Stirn des schönen Mädchen berührte, während ihr Vater, der als guter Christ eine solche Vertraulichkeit mit einer Halbungläubigen nicht geduldet haben würde, dem Nuñez weitere Befehle ertheilte.

      »Komm,« sagte Don Inigo.

      »Ich komme schon,« antwortete Dona Flor, indem sie ihren Plan zur Rechten des Vaters nahm, der seinen Weg fortsetzte und seinen drei Dienern zurief:

      »Seid auf eurer Hut!«

      Die Zigeunerin blieb unbeweglich, mit gesenktem Kopfe stehen, blickte aber doch dem schönen Mädchen nach, das sie Freundin genannt hatte, und murmelte die letzten Verse ihres Liebchens:

      Lebe wohl, Wanderer, lebe wohl,

      Ziehe in Frieden mit Gott!

      Sie sah ihnen also mit sichtbarer und wachsender Angst nach, bis sie Alle, »Herr und Diener, hinter der kleinen Höhe verschwunden waren, welche der Horizont begrenzte. Dann bückte sie sich und horchte.

      So vergingen fünf Minuten, in denen die Lippen der Zigeunerin mechanisch wiederholten:

      Lebe wohl, Wanderer, lebe wohl,

      Ziehe in Frieden mit Gott!

      Mit einem Male hörte sie den Knall mehrerer Flinten, drohende Rufe und Jammerlaute und endlich erschien, an der Achsel blutend, einer der beiden Diener wiederum oben auf der Höhe, tief auf sein Pferd gebückt, dem er beide Sporen in die Weichen drückte, und wie ein Blitz schoß er an dem Mädchen vorüber, während er rief: »Hilfe! Hilfe! Mörder!«

      Die Zigeunerin stand einen Augenblick unentschlossen da, bald aber schien sie mit sich einig geworden zu seyn, nahm ihren Rocken, lief so rasch den Berg hinan, daß die Ziege kaum folgen konnte, und erreichte endlich den Gipfel eines Felsens, der das ganze Thal überschaute. Hier winkte sie mit ihrer buntfarbigen Schärpe und rief dreimal mit aller Kraft ihrer Brust:

      »Fernand! Fernand! Fernand!

      Sechstes Capitel.

      In der Venta »zum Maurenkönig.«

      Selbst wenn wir so schnell dem Orte zueilten, wo der Vorfall geschehen war, von dem wir hörten, wie der Diener Don Inigo‘s sich davon entfernte; selbst wenn wir in so raschen Sprüngen liefen, wie die Zigeunerin mit ihrer Ziege auf die Felsenspitze kletterte, auf dem sie mit ihrem Gürtel winkte, wir würden zu spät kommen, um dem Unglücke beizuwohnen, welches den schmalen Pfad zur Venta mit Blut befleckt hatte. Wir würden weiter nichts sehen, als den Leichnam des Nuñez und das todte Pferd desselben, welche den Weg versperrten, während der schwer verwundete Torribio eines der Grabkreuze zu erreichen suchte, an das er sich fast sterbend lehnte.

      Don Inigo und dessen Tochter sind in der Venta verschwunden, deren Thor sich hinter ihnen und der Räuberschaar geschlossen hatte, welche sie gefangen hinweggeführt.

      Wir haben als Romanschreiber indeß die Macht wie Mephistopheles die Wände durchsichtig zu machen, oder wie Asmodi die Dächer abzuheben, und so werden wir in unserm Reiche nichts geschehen lassen, was unsern Lesern unbekannt bleibt. Wir berühren mit unserer Feder das Thor der Venta, das sich wie von einem Zauberstabe öffnen wird, und sagen:

      »Sehet da!«

      Der Hof der Venta bot auf den ersten Blick Spuren des Kampfes, der draußen begonnen und drinnen fortgesetzt


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