Zwanzig Jahre nachher. Александр Дюма

Zwanzig Jahre nachher - Александр Дюма


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wie Ihr seid, der Ihr am Hofe lebt.«

      »Aber Ihr habt von ihm persönlich, und nicht von seiner Partei und seinen Mitteln gesprochen.«

      »Es ist wahr. Er hat die Königin für sich.«

      »Das ist etwas, wie es mir scheint.«

      »Aber er hat den König nicht für sich.«

      »Ein Kind!«

      »Das in vier Jahren volljährig sein wird.«

      »Das ist die Gegenwart.«

      »Ja, aber es ist nicht die Zukunft, und in der Gegenwart that er weder das Parlament, noch das Volk, das heißt, er hat das Geld nicht für sich; er hat weder den Adel, noch die Prinzen, das heißt, er hat das Schwert nicht für sich.«

      D’Artagnan kratzte sich hinter dem Ohre; er mußte sich selbst zugestehen, daß dies nicht nur umfassend, sondern auch richtig gedacht war.

      »Seht, mein armer Freund, ob ich immer noch mit meinem gewöhnlichen Scharfsinn ausgerüstet bin. Ich sage Euch, daß ich vielleicht Unrecht habe, so offenherzig mit Euch zu sprechen, denn es scheint mir, Ihr neigt Euch auf die Seite von Mazarin.«

      »Ich!« rief d’Artagnan; »ich! ganz und gar nicht!«

      »Ihr spracht von einem Auftrage.«

      »Sprach ich von einem Auftrage? Ich hatte Unrecht. Nein, ich sagte mir, wie Ihr Euch sagt: die Angelegenheiten verwickeln sich. Wohl, werfen wir die Feder in die Luft, gehen wir in der Richtung, in welcher der Wind sie fortträgt, fangen wir unser abenteuerliches Leben wieder an. Wir waren vier muthige Ritter, vier zärtlich vereinigte Herzen; vereinigen wir abermals, nicht unsere Herzen, denn diese waren nie getrennt, sondern unser Glück und unsern Muth. Die Gelegenheit ist günstig, um etwas Besseres zu erobern, als einen Diamant.«

      »Ihr hattet Recht, d’Artagnan, immer Recht,« erwiderte Aramis, »zum Beweise mag dienen, daß ich denselben Gedanken hatte, nur mußte er mir, der ich nicht die glühende, furchtbare Einbildungskraft besitze, wie Ihr, eingegeben werden; alle Welt bedarf gegenwärtig der Hilfstruppen; man hat mir Anträge gemacht, es blickte etwas von unseren berühmten Waffenthaten in früheren Zeiten durch, und ich muß Euch frei gestehen, daß mich der Coadjutor zum Sprechen brachte.«

      »Herr von Conti, der Feind des Cardinals!« rief d’Artagnan.

      »Nein, der Freund des Königs, versteht Ihr! Wenn es sich darum handelt, dem König zu dienen, was die Pflicht jedes Edelmanns ist.«

      »Der König hält es mit Herrn von Mazarin, mein Lieber.«

      »Der That nach, nicht dem Willen nach, dem Scheine nach, nicht dem Herzen nach, und das ist gerade die Falle, welche die Feinde des Königs dem armen Kinde stellen.«

      »Was Ihr mir da vorschlagt, ist ganz einfach der Bürgerkrieg, mein lieber Aramis.«

      »Der Krieg für den König.«

      »Aber der König wird an der Spitze der Armee stehen, bei der auch Mazarin ist.«

      »Er wird mit dem Herzen bei dem Heere sein, das Herr von Beaufort befehligt.«

      »Herr von Beaufort? er ist in Vincennes.«

      »Habe ich Herr-von Beaufort gesagt?« versetzte Aramis; »Herr von Beaufort oder ein Anderer. Herr von Beaufort oder der Herr Prinz.«

      »Der Herr Prinz geht zu der Armee ab und ist ganz auf der Seite des Cardinals.«

      »Ho, ho!« rief Aramis, »bis auf diesen Augenblick haben sie einigen Streit mit einander. Doch wenn es nicht der Prinz ist, so ist es Herr von Conti.«

      »Herr von Conti soll Cardinal werden; man verlangt den Hut für ihn.«

      »Gibt es nicht sehr kriegerische Cardinäle?« entgegnete Aramis. »Seht, um Euch her sind vier Cardinäle, welche an der Spitze von Heeren so viel werth waren, als Herr von Guebriant und Herr von Gassion.«

      »Aber ein buckeliger General.«

      »Unter seinem Küraß wird man den Buckel nicht sehen. Erinnert Euch, daß Alexander hinkte und Hannibal einäugig war.«

      »Seht Ihr große Vortheile bei dieser Partie?« fragte d’Artagnan.

      »Ich sehe darin die Protection mächtiger Prinzen.«

      »Mit der Proscription der Regierung.«

      »Für nichtig erklärt durch die Parlamente und die Meutereien.«

      »Alles könnte sich so machen, wie Ihr sagt, wenn es gelänge, den König von seiner Mutter zu trennen.«

      »Dazu wird es kommen.«

      »Nie!« rief d’Artagnan, dießmal zu seiner Ueberzeugung zurückkehrend. »Ich berufe mich aus Euch, Aramis, auf Euch, der Ihr Anna von Oesterreich so gut kennt, wie ich. Glaubt Ihr, sie könnte je vergessen, daß ihr Sohn ihre Sicherheit, ihr Palladium, das Pfand ihrer Achtung, ihres Glückes, ihres Lebens ist? Mazarin verlassend, müßte sie mit dem König auf die Partei der Prinzen übergehen, aber Ihr wißt besser, als irgend Jemand, daß sie mächtige Gründe hat, ihn nie zu verlassen.«

      »Ihr habt vielleicht Recht,« sagte Aramis träumerisch; »ich werde mich also zu nichts verpflichten.«

      »Bei Ihnen,« versetzte d’Artagnan; »aber bei mir?«

      »Bei Niemand. Ich bin Priester, was habe ich mit der Politik zu thun; ich lese kein Brevier, aber ich habe eine kleine Kundschaft von geistreichen, spitzbübischen Abbés und reizenden Frauen; je mehr sich die Angelegenheiten verwirren, desto weniger werden meine Streiche Aufsehen machen; Alles geht vortrefflich, ohne daß ich mich darein mische, und, mein lieber Freund, ich bin entschieden, mich nicht darein zu mischen.«

      »Schön, mein Werthester,« sprach d’Artagnan; »auf Ehre, Eure Philosophie steckt mich an, und ich weiß nicht, welcher Teufel von einer Ehrgeizfliege mich gestochen hatte; ich habe eine Art von Stelle, die mich ernährt, ich kann bei dem Tode des armen Herrn von Treville, der sich alt macht, Kapitän werden; das ist ein hübscher Marschallsstab für einen Junker aus Gascogne, und ich sehe, daß ich an den Reizen den bescheidenen, aber täglichen Brodes hänge: statt Abenteuern nachzulaufen, nehme ich die Einladungen von Porthos an und jage auf seinen Gütern; Ihr wißt, daß Porthos Güter besitzt?«

      »Ganz gewiß weiß ich es; er besitzt zehn Meilen Wälder, Sümpfe und Thaler und prozessiert über Lehensrechte mit dem Bischof von Noyon.«

      »Gut,« sagte d’Artagnan zu sich selbst, »das wollte ich wissen, Porthos ist in der Picardie.« Dann fügte er laut bei:

      »Und er hat seinen alten Namen du Vallon wieder angenommen.«

      »Welchem er den Namen Bracieux beifügte, von einem Gute, das baronisirt worden ist.«

      »Also werden wir Porthos als Baron sehen.«

      »Ich zweifle nicht daran; besonders die Baronin Porthos wird bewunderungswürdig sein.«

      Die zwei Freunde brachen in ein schallendes Gelächter aus.

      »Ihr wollt also nicht zu Mazarin übergehen?« fragte d’Artagnan.

      »Und Ihr nicht zu den Prinzen?«

      »Nein. Gehen wir zu Niemand über und bleiben wir Freunde. Wir wollen weder Cardinalisten, noch Frondeure werden.«

      »Ja,« sagte Aramis, »seien wir Musketiere.«

      »Sogar mit dem kleinen Kragen,« versetzte d’Artagnan.

      »Besonders mit dem kleinen Kragen,« rief Aramis, »das ist gerade das Reizende davon.«

      »Gott befohlen, also,« sprach d’Artagnan.

      »Ich halte Euch nicht zurück, mein Lieber,« erwiderte Aramis, »in Betracht, daß ich nicht wüßte, wo ich Euch eine Lagerstätte geben sollte, und ich Euch schicklicher Weise nicht die Hälfte von dem Schuppen von Planchet anbieten kann.«

      »Ueberdies bin ich nur drei Lieues von Paris entfernt. Die Pferde sind ausgeruht und in weniger als einer Stunde bin ich zurück.«

      Und d’Artagnan schenkte sich ein letzten Glas Wein ein


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