Zwanzig Jahre nachher. Александр Дюма

Zwanzig Jahre nachher - Александр Дюма


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auf der geheimen Treppe und befand sich einen Augenblick nachher wieder in dem Cabinet, von dem er aus gegangen war.

      Der Cardinal setzte sich an sein Buerau nahm ein Blatt Papier und schrieb einige Zeilen darauf.

      D’Artagnan wartete stehend ohne Ungeduld und ohne Neugierde. Er war ein militärischer Automat geworden, der durch eine Feder handelte oder vielmehr gehorchte.

      Der Cardinal faltete den Brief zusammen und drückte sein Siegel darauf.

      »Herr d’Artagnan,« sprach er, »Ihr tragt diese Depesche in die Bastille und bringt die Person zurück, welche der Gegenstand derselben ist. Nehmt eine Carrosse, eine Escorte und bewacht sorgfältig den Gefangenen.«

      D’Artagnan nahm den Brief, legte die Hand an seinen Hut, drehte sich auf dem Absatze um, wie es nur der geschickteste Sergent beim Vorexerzieren machen kann, ging hinaus, und einen Augenblick nachher hörte man ihn mit seinem kurzen Tone commandiren:

      »Vier Mann Escorte, eigen Wagen, mein Pferd! Fünf Minuten nachher vernahm man die Räder des Wagens und den Hufschlag der Pferde auf dem Pflaster des Hofes.

       III

      Zwei alte Feinde

      D’Artagnan kam um halb neun Uhr in die Bastille.

      Er ließ sich bei dem Gouverneur melden, der ihm als er erfuhr, daß er von Seiten und auf Befehl des Ministers kam, bin auf die Freitreppe entgegen ging.

      Der Gouverneur der Bastille war damals Herr du Tremblay, ein Bruder des berüchtigten Kapuziners Joseph, dieses furchtbaren Günstlings von Richelieu, den man die graue Eminenz nannte.

      Als der Marschall von Bassompierre in der Bastille war, wo er zwölf volle Jahre blieb, und seine Gefährten in ihren Freiheitsträumen sich einander sagten: »Ich werde in der und der Zeit hinauskommen« … »und ich in jener Zeit …« so antwortete Bassompierre »Und ich meine Herren, werde hinauskommen, wenn Herr du Tremblay hinauskommt,« womit er sagen wollte, bei dem Tode des Cardinals müsse Herr du Tremblay nothwendig seinen Platz in der Bastille verlieren und Bassompierre den seinigen wieder einnehmen.

      Seine Weissagung sollte wirklich in Erfüllung gehen, aber auf eine andere Art, als Bassompierre gedacht hattet denn als der Cardinal todt war, gingen die Dinge gegen alle Erwartung fort, wie bisher. Herr du Tremblay verlor seine Stelle nicht, und Bassompierre sollte nicht aus der Bastille kommen.

      Herr du Tremblay war also noch Gouverneur der Bastille, als d’Artagnan sich in derselben einfand, um den Befehl den Ministers zu vollziehen. Er empfing ihn mit der größten Höflichkeit, und da er eben sich zu Tische zu setzen im Begriffe war, so lud er d’Artagnan ein, mit ihm zu Nacht zu speisen.

      »Ich,würde dies mit dem größten Vergnügen thun,« sprach d’Artagnan: »aber wenn ich mich nicht täusche, steht auf dem«Umschlag des Briefes: sehr eilig

      »Das ist richtig,« sagte Herr du Tremblay. »Holla, Major, man lasse Nro. 256 herabkommen.«

      Beim Eintritt in die Bastille hörte man auf, ein Mensch zu sein, und wurde eine Nummer.

      D’Artagnan fühlte einen Schauer bei dem Geräusche der Schlüssel. Er blieb zu Pferde, ohne absteigen zu wollen, betrachtete die Gitterstangen, die tiefen Fenster, die ungeheuren Mauern, die er nie anders als von Jenseits der Gräben gesehen und, die ihm vor etwa zwanzig Jahren so bange gemacht hatten.

      Es ertönte ein Glockenschlag.

      »Ich Verlasse Euch,« sprach Herr du Tremblay. »Man ruft mich, um den Abgang des Gefangenen zu unterzeichnen. Auf Wiedersehen, Herr d’Artagnan.«

      »Der Teufel soll mich holen, wenn ich Dir Deinen Wunsch zurückgebe,« murmelte d’Artagnan, und er begleitete diesen Fluch mit dem anmuthigsten Lächeln. »Schon bei einem Aufenthalt von fünf Minuten im Hofe fühle ich mich krank. Ich sehe, daß ich lieber auf dem Stroh sterben, was mir wahrscheinlich widerfahren wird, als 10.000 Livres Renten sammeln will, um Gouverneur der Bastille zu sein.«

      Kaum hatte er diesen Monolog vollendet, als der Gefangene erschien. Sobald d’Artagnan ihn erblickte, machte er eine Bewegung des Erstaunens, die er aber sogleich wieder bewältigte. Der Gefangene stieg in den Wagen, ohne, wie es schien, d’Artagnan erkannt zu haben.

      »Meine Herren,« sagte d’Artagnan zu den vier Musketieren, »man hat mir befohlen, den Gefangenen auf das, Schärfste zu bewachen. Da nun der Wagen keine Schlösser an seinen Schlägen hat, so will ich zu ihm hinein steigen. Herr von Lillebonne, habt die Güte, mein Pferd am Zügel zu führen.«

      »Seht gerne, mein Lieutenant,« antwortete derjenige, an welchen er sich gewandt hatte.

      D’Artagnan sprang vom Pferde, gab den Zügel dem Musketier, stieg in den Wagen und rief in einem Tone, in welchem sich unmöglich auch nur die geringste Bewegung erkennen ließe:

      »In das Palais Royal, im Trab!«

      Sogleich entfernte sich der Wagen, und d’Artagnan warf sich, die Dunkelheit benützend, die in dem Gewölbe herrschte, durch das man fuhr, dem Gefangenen um den Hals.

      »Rochefort!« rief er, »Ihr seid es! Ich täusche mich nicht!«

      »D’Artagnan!« rief Rochefort erstaunt.

      »Ach, mein armer Freund,« fuhr d’Artagnan fort; »da ich Euch seit vier bis fünf Jahren nicht gesehen habe, so hielt ich Euch für todt.«

      »Meiner Treu!« erwiderte Rochefort, »es ist kein großer Unterschied zwischen einem Todten und einem Begrabenen und ich bin ein Begrabener.«

      »Wegen welchen Verbrechens seid Ihr in der Bastille?«

      »Soll ich Euch die Wahrheit sagen?«

      »Ja.«

      »Nun, ich weiß es nicht.«

      »Mißtrauen gegen mich, Rochefort?«

      »Nein, auf Edelmannswort, denn ich kann unmöglich aus der Ursache hier sein, die man angibt.«

      »Welche Ursache?«

      »Alls Nachtdieb.«

      »Ihr, Nachtdieb? Rocheforts Ihr scherzt.«

      »Ich begreife. Das heischt eine Erläuterung, nicht wahr?«

      »Allerdings.«

      »Nun, so hört, was geschehen ist. Einen Abends nach einer Orgie bei Reinard in den Tuilerien mit dem Herzog d’Harcourt, Fontrailles, von Rieux und Anderen machte der Herzog d’Harcourt den Vorschlag, auf dem Pont-Neuf Mäntel zu ziehen. Es ist dies, wie Ihr wißt, eine Unterhaltung, welche der Herzog von Orleans sehr in die Mode gebracht hat.«

      »Warte Ihr ein Narr, Rochefort? in Eurem Alter?«

      »Nein, ich war betrunken, und dennoch, da mir die Belustigung sehr mittelmäßig vorkam, schlug ich dem Chevalier von Rieux vor, Zuschauer statt handelnde Person zu sein,I und um die Scene aus der ersten Loge zu sehen, auf das Pferd das Bronze zu steigen. Gesagt, getan. Mit Hilfe der Sporen, die uns als Steigbügel dienten, saßen wir in einem Augenblick auf dem Rücken. Wir hatten einen vortrefflichen Standpunkt. Bereits waren vier bis fünf Mäntel mit einer Geschicklichkeit ohne Gleichen und ohne daß diejenigen, welchen man sie nahm, ein Wort zu sagen wagten, gestohlen, als es irgend einem Dummkopf, welcher etwas minder geduldig war, als die Anderen, einfiel, nach der Wache zu schreien, was eine Patrouille von Bogenschützen herbeiführte. Der Herzog d’Harcourt, Fontrailles und die Andern machten sich aus dem Staube. Von Rieux will dasselbe thun. Ich halte ihn zurück und sage ihm, man werde uns da, wo wir seien, nicht aus dem Neste heben. Er hört nicht auf mich, setzt den Fuß auf den Sporn, um hinabzusteigen; der Sporn zerbricht, er fällt, bricht ein Bein und fängt an, statt zu schweigen, wie ein Gehängter zu schreien. Ich will ebenfalls herabspringen, aber es war zu spät. Ich springe in die Arme der Bogenschützen, die mich nach dem Chatelet führen, wo ich ruhig einschlafe, fest überzeugt, ich würde am andern Tage entlassen werden. Der andere Tag geht vorüber, ebenso der zweite. Es gehen acht Tage vorüber, ich schreibe an den Cardinal. An demselben Tage holt man mich ab und führt mich in die Bastille, wo ich seit fünf Jahren sitze. Glaubt Ihr, es sei dies der Fall, weil ich das Verbrechen begangen habe, auf das Pferd hinter


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