Teufel Marietta. Artur Landsberger

Teufel  Marietta - Artur Landsberger


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du hast ein Kind,« rief sie – »von dem deine Frau nichts weiß?«

      Günther fuhr in aller Ruhe fort:

      »Wenn das natürlich auch kein vollwertiger Ersatz für mich wäre, so ist es doch immerhin Blut von meinem Blut.«

      »Wer ist die Mutter?« fragte Anni erregt.

      »Zur Zeit das Schwesternheim Caritas.«

      Anni verstand ihn nicht.

      »Die haben das Kind elf Jahre lang groß gezogen und es mir gestern nachmittag, fünf Uhr zehn Minuten, durch ihre Oberin überreichen lassen.«

      »Und deine Frau – was sagt die dazu?«

      »Nichts! denn der habe ich eingeredet, daß es meinem Freunde Siewers gehört.«

      »Wenn der das nun erfährt?«

      »Dem habe ich es auch eingeredet.«

      »Nicht möglich!« rief Anni verblüfft – »und er?«

      »Er schwört bereits darauf, daß es sein Kind ist.«

      »Du! das ist himmlisch!« rief Anni belustigt. »Du bist noch immer derselbe, der du damals warst.«

      Aber Günther war in Gedanken an Siewers im Grunde doch recht ernst zu Mute.

      »Der arme Kerl zittert nur,« fuhr er fort, »daß seine Frau etwas davon erfährt. Meine Frau brennt natürlich darauf, es seiner zu erzählen.«

      »Das kann ich mir denken!« sagte Anni.

      »Ich habe ihr alles Mögliche versprechen müssen, nur, damit sie bis morgen damit wartet. Aber du wirst selbst einsehen, daß bis dahin irgend etwas mit dem Kinde geschehen muß.«

      »Ja und . . .?« fragte Anni.

      »Da dachte ich mir eben, wenn du vielleicht das Kind zu dir nähmst – damit wäre doch allen geholfen – dem Kind und mir und Dr. Siewers und schließlich auch dir.«

      »Wieso mir?« fragte Anni erstaunt.

      »Nun, du hättest doch eine bleibende Erinnerung an mich! Denke doch, ein Kind von mir! und ähnlich sieht es mir! sprechend!« – dabei holte er ein Bild aus der Tasche, das Agate ihm gestern gegeben hatte: »Bitte, überzeug’ dich selbst!«

      »Wahrhaftig!« rief Anni und war ganz in den Anblick des Bildes vertieft – »das bist ja du in jedem Zuge! deine guten blauen Augen und der goldige Zug um den feinen schmalen Mund, den ich immer so lieb hatte! – und dein schönes volles Haar!« – Und leidenschaftlicher als zuvor ihn, drückte sie jetzt das Bild an sich.

      »Du!« bat sie – »laß das mir!«

      »Was?« fragte Günther.

      »Das Bild.«

      »Und das Kind?« erwiderte Günther – »das Bild wird nur mit dem Kinde zusammen abgegeben.«

      »Also gut!« rief Anni freudig, »bring es mir! – auf der Stelle! Es soll nicht mehr von meiner Seite gehen!« – Dann wurde sie ernst, fiel ihm gerührt um den Hals und sagte unter Tränen:

      »Dein Kind! Ach Günther, wenn du wüßtest, wie glücklich du mich mit diesem Kinde machst.«

      Und Günther, der das Glück teilte, erwiderte feierlich:

      »Ich kann dir gar nicht sagen, Anni, wie froh ich bin, daß du nun die Mutter meines Kindes wirst.«

      »Sie soll es so gut bei mir haben,« versprach Anni, »daß sie keinen Tag und keine Stunde ihre Mutter entbehrt. – Ja, wer ist denn nun eigentlich ihre Mutter? – Ich meine natürlich, ihre leibliche Mutter?« fragte sie.

      »Das ist es eben,« sagte Günther verlegen, der schon geglaubt hatte, über den Berg zu sein. »Die hat sich elf Jahre lang nicht um das Kind gekümmert. Sie war, glaube ich, die ganze Zeit über in einem fremden Weltteil. Jetzt plötzlich taucht sie auf – als Zirkusreiterin oder so was Ähnliches – in irgend einem Varieté.«

      »Entsetzlich!« rief Anni und hielt sich das Spitzentuch vors Gesicht – »entsetzlich!«

      »Nicht wahr? du kannst mir nachfühlen, was ich als Vater darunter leide.«

      Aber Anni gab die richtige Antwort und sagte:

      »Das arme Kind!«

      »Nun,« beruhigte sie Günther, »es kann sich freuen, daß es mich zum Vater hat. Denn ich werde natürlich nicht dulden, daß es wieder in die Hände dieser Frau kommt – und wenn es zehnmal ihre Mutter ist.«

      Günther!!« rief Anni plötzlich entsetzt.

      »Was ist dir?« fragte er ängstlich.

      »Elf Jahre, sagst du, ist das Kind? Ja! da liebten wir uns beide ja noch, ohne daß ein Dritter zwischen uns stand.«

      Günther wurde blaß.

      »Und grade damals,« fuhr Anni fort, »glaubten wir, daß wir uns bald für’s Leben angehören würden! – Und trotzdem hast du . . .!«

      »Ich schwöre dir!« versicherte Günther, »nie habe ich dich mehr geliebt, als grade zu jener Zeit.«

      »Aber wie erklärst du dann . . .?«

      »Und wenn ich wirklich einmal entgleist bin – dem Geiste nach ist es dein Kind. Denn bei dir waren damals bei allem, was ich tat, meine Gedanken.«

      »Ich will es glauben,« erwiderte Anni – »schon weil ich mich nicht um die große Freude bringen will.«

      »Und ich bin froh,« sagte Günther, »daß ich dir nach so vielen Enttäuschungen endlich mal eine Freude machen kann.«

      »Als wir vor acht Jahren die Villa hier bauten,« sagte sie: »haben wir nach dem Garten raus so etwas wie eine kleine Puppenwohnung eingerichtet. Es sind drei Zimmer und eine Art Wintergarten, du mußt es dir ansehen! – Ich hatte damals noch so meine eigenen Gedanken – aber du ließt dich ja nicht sehen.«

      Und Günther erkannte, daß er acht Jahre lang ein großes Schaf gewesen war.

      »Nun endlich wird Leben da hinein kommen,« sagte sie – »Leben von deinem Leben! So wie ich es mir immer wünschte!«

      Aber bei Günther kamen schon wieder Bedenken.

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