Gesetz und Frau. Уилки Коллинз

Gesetz und Frau - Уилки Коллинз


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arrangirte die Sache sogleich mit seiner unwiderstehlichen Liebenswürdigkeit. Er küßte die Hand des geputzten Mädchens mit derselben Ehrfurcht, mit der er die meine geküßt hatte, und sagte ihr, daß sie entzückend aussähe. Dann führte er sie, mit seiner glücklichen Mischung von Bewunderung und Respect, zu der Thür, durch welche sie eingetreten.

      »Ich brauche mich wohl nicht zu entschuldigen, mein Kind,« sagte er. »Diese Dame ist in Geschäften bei mir. Sie werden Ihren Gesanglehrer im oberen Salon finden. Beginnen Sie nur immer Ihre Lection, ich werde in wenigen Minuten bei Ihnen sein. Auf Wiedersehen, mein reizender kleiner Zögling!«

      Die junge Dame beantwortete diese Anrede mit einem Flüstern, indem sie ihre großen runden Augen noch immer mißtrauisch auf mir ruhen ließ. Dann verließ sie das Zimmer, und der Major Fitz-David hatte nun Gelegenheit, sich mit mir zu arrangiren!

      »Diese junge Dame ist meine letzte glückliche Entdeckung,« sagte der alte Gentleman wohlgefällig »Ich kann wohl ohne Uebertreibung äußern, daß sie die schönste Sopranstimme in Europa besitzt. Werden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, daß ich sie aus einem Bahnhofe fand? Das arme unglückliche Geschöpf stand hinter dem Buffet, spülte Weingläser und sang sich ihr Liedchen dazu. Allmächtiger Gott, welche Stimme! Ihre hohen Töne electrisirten mich förmlich. Ich sagte zu mir selbst: das ist eine geborene Primadonna; die muß der Welt gerettet werden. Das ist nun schon die dritte, die ich habe ausbilden lassen. Später werde ich sie nach Italien schicken. In diesem einfach auftretenden Mädchen sehen Sie die künftige Königin des Gesanges. Hören Sie nur! jetzt beginnt sie ihre Scalen. Welche Stimme! Bravo! bravo! bravissimo!«

      Während er so sprach, klangen die Soprantöne der künftigen Königin des Gesanges schmetternd durch das Haus. Laut genug war es jedenfalls, über den Schmelz und die Reinheit der Stimme ließen sich aber wohl bedeutende Zweifel erheben.

      Nachdem ich dem Major einige zustimmende Worte gesagt, wie es die Höflichkeit doch erforderte, führte ich den Gegenstand der Unterhaltung zu dem Punkt zurück, bei welchem uns der neue Besuch gestört hatte. Dem Major schien dies keineswegs angenehm zu sein. Er schlug mit dem rechten Zeigefinger fortwährend den Tact zu der Musik über unseren Häuptern, fragte mich, ob ich ebenfalls Stimme habe und bemerkte, daß ihm das Leben ohne Liebe und ohne Kunst ganz unerträglich sein würde. Jeder andere in meiner Stelle würde die Geduld hierbei verloren haben; da ich aber mein festes Ziel im Auge hatte, blieb mein Entschluß unumstößlich. Endlich gelang es mir, ihn von seiner Kunstbegeisterung zurück zu bringen und wieder von Eustace zu sprechen.

      »Ich habe ihren Gatten von seinen Knabenjahren an gekannt,« begann er. »In einem gewissen Abschnitt seines Lebens wurde er von einem entsetzlichen Unglück betroffen. Das Geheimniß dieses entsetzlichen Unglücks ist seinen Freunden bekannt und wird auf das Gewissenhafteste von ihnen bewahrt. Es ist dasselbe Geheimniß, das er auch Ihnen vorenthält. So lange er lebt, wird er es Ihnen nicht mittheilen. Was mich betrifft, so ist meine Zunge durch Ehrenwort gebunden. Jetzt kennen Sie die Stellung, die ich Ihrem Gatten gegenüber einnehme. Mehr kamt ich Ihnen nicht sagen, meine liebe Mrs. Woodville.«

      »Sie bestehen darauf, mich Mrs. Woodville zu nennen,« sagte ich.

      »Ihr Gatte wünscht, daß ich darauf bestehe,« antwortete der Major.

      »Er nahm den Namen Woodville an, weil er es nicht wagte, sich unter seinem wahren Namen in Ihres Onkels Hause vorzustellen. Jetzt wird er sich überhaupt zu keinem andern mehr bekennen. Jede Einwendung würde nutzlos sein. Sie müssen dasselbe thun, was wir thun: mit einem unvernünftigen Menschen Nachsicht haben. In jeder andern Beziehung der beste Mann der Welt, in diesem Punkte von einem Starrsinn ohne Gleichen. Wenn Sie mich nach meiner Ansicht fragen, so halte ich es für Unrecht, daß er sich Ihnen unter falschem Namen vorstellte und Sie unter falschem Namen heirathete. Indem er Sie zu seinem Weibe machte, vertraute er Ihnen sein Glück und seine Ehre an. Weshalb konnte er Ihnen nicht ebenso gut die Geschichte seines Unglücks vertrauen? Seine Mutter ist in diesem Punkt ganz derselben Ansicht wie ich. Sie müssen sie nicht tadeln, weil sie nach ihrer Verheirathung Sie von ihrem Vertrauen ausschloß; da war es zu spät. Vor Ihrer Verheirathung that sie, ohne ihr anvertraute Geheimnisse zu verrathen, Alles was sie konnte, um ihren Sohn zu bewegen, daß er rechtlich gegen Sie handle. Ich begehe keine Indiscretion, wenn ich Ihnen erzähle, daß sie sich nur aus dem Grunde Ihrer Heirath widersetzte, weil Eustace sich weigerte, Ihnen seine wahre Lage zu entdecken. Was mich betrifft, so gebrauchte ich meinen ganzen Einfluß, um Mrs. Macallan in ihrem Entschluß zu bestärken. Als Eustace mir schrieb, daß er sich mit der Nichte meines guten Freundes Dr. Starkweather verlobt, und daß er mich vorgeschlagen habe, Auskunft über ihn zu geben, schrieb ich ihm zurück, daß ich nichts mit der Geschichte zu thun haben wollte, es sei denn, daß er seinem künftigen Weibe die volle Wahrheit eingestehe. Er verwarf meinen Rath, wie er den Rath seiner Mutter verworfen und hielt mich fest bei meinem ihm gegebenen Ehrenwort, sein Geheimniß zu bewahren Als Starkweather sich an mich wandte, blieb mir nichts anderes übrig, als in einem so schroffen und zurückhaltenden Ton zu antworten, daß der Briefwechsel damit unter allen Umständen geschlossen werden mußte. Ich befürchte, daß ich hierdurch meinen guten alten Freund beleidigte. Nach dieser Auseinandersetzung wird Ihnen die peinliche Lage klar geworden sein, in der ich mich befinde. Um die Schwierigkeit der Situation noch zu vermehren, war Eustace heute bei mir, um mir zu sagen, daß ich auf meiner Hut sein möge, im Fall Sie das Gesuch an mich richteten, welches Sie vor einer Viertelstunde wirklich über Ihre Lippen gebracht. Er erzählte mir, daß Sie durch einen unglücklichen Zufall mit seiner Mutter zusammengetroffen wären und seinen wirklichen Namen entdeckt hätten. Er fügte hinzu, daß er expreß nach London gekommen sei, um mit mir über diesen ernsten Gegenstand zu sprechen. »Ich kenne Ihre Schwäche den Frauen gegenüber,« sagte er. »Valeria weiß, daß Sie mein alter Freund sind. Sie wird Ihnen gewiß schreiben. Es ist sogar nicht unwahrscheinlich, daß sie Ihnen einen Besuch macht. Erneuern Sie daher Ihr mir gegebenes Ehrenwort Ihren Eid halten und das größte Unglück meines Lebens gegen Jedermann verschweigen zu wollen. Das waren seine Worte. Ich liebe ihn, wie Sie ihn lieben. Was blieb mir also übrig, als den Eid zu erneuern, welcher der Erinnerung eigentlich gar nicht bedurfte. Ich fühle die lebhafteste Sympathie für Sie, meine theure Lady. Von Herzen gern möchte ich Sie von Ihrem Kummer entlasten, aber Sie werden selbst einsehen, daß es unter den obwaltenden Umständen bei dem guten Willen bleiben muß.«

      Er hielt inne und wartete auf meine Antwort. Ich hatte ihm zugehört ohne ihn zu unterbrechen. Die außergewöhnliche Veränderung, welche mit seinem ganzen Wesen vorging, als er wieder von Eustace sprach, beunruhigte mich, wie mich bis jetzt noch nichts beunruhigt hatte. Wie schrecklich mußte diese unerzählte Geschichte sein, wenn deren bloße Erwähnung im Stande war, den leichtherzigen Major Fitz-David ernsthaft sprechen zu lassen, ihn zu verhindern, mir auch nur die leiseste Schmeichelei zu sagen und ihn selbst unempfindlich zu machen gegen den Gesang seines Lieblings, der von oben herab ertönte. Das Herz wurde mir schwer in der Brust indem ich diese Schlußfolgerungen machte. Ich war mit meinen Hilfsquellen zu Ende und wußte weder was zu sagen noch was zu thun.

      Dennoch behielt ich meinen Platz. Niemals war der Entschluß, das Geheimniß meines Gatten entdecken zu wollen mächtiger in mir gewesen als jetzt. Der Gesang im oberen Salon nahm seinen Fortgang. Major Fitz-David schien wie aus Kohlen zu stehen, um meine Antwort oder meine ferneren Entschlüsse zu hören.

      Ehe ich noch mit mir im Klaren war, was ich zunächst beginnen sollte, trat ein anderes häusliches Ereigniß ein. Ein abermaliges Klopfen an der Hausthür kündigte einen neuen Besuch an. Diesmal war es aber keine Dame im rauschenden Seidenkleide, sondern anstatt deren trat der alte Diener mit einem prächtigen Blumenstrauß ein. »Lady Clarinda läßt sich dem Herrn Major bestens empfehlen, und er möchte nicht vergessen was er ihr versprochen.« Wieder eine Lady! Und diesmal eine Lady mit einem Titel Eine große Dame, welche dem Major Blumen sandte. Dieser, nachdem er mich um Entschuldigung gebeten, schrieb einige beantwortende Zeilen und sandte sie dem Boten hinaus. Als die Thür sich wieder geschlossen hatte, wählte er sorgfältig die schönste Blume aus dem Strauß und reichte sie mir mit den Worten: »Darf ich mir die Frage erlauben, ob Sie Sich jetzt von der delikaten Lage überzeugt haben, in der ich mich Ihrem Herrn Gemahl gegenüber befinde?«

      So klein die Unterbrechung durch den Blumenstrauß war, hatte sie mir dennoch Gelegenheit geboten mich wieder


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