Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman - Karin Bucha


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Es wird ein Weilchen dauern, Mama.«

      »Mein Gott, mach es doch nicht so dramatisch«, sagt sie und zieht ihre Handschuhe über. »Wieviel brauchst du?«

      »Es handelt sich nicht um Geld, Mama –«

      »Nicht?« Sie macht große Augen, dann lacht sie hellauf. »Das ist bestimmt einmalig.«

      »Ich habe Papa gesehen«, platzt er heraus.

      »Na und?« fragt sie leichthin. »Das ist doch nicht welterschütternd.«

      »Doch, das heißt, es hat mich, Christiane und auch alle unsere Freunde aus dem Gleichgewicht gebracht. Vater arbeitet wie ein gewöhnlicher Arbeiter auf dem Bau. Christiane hat die Verrückte gespielt.«

      Sie verliert alle Farbe und kommt einen Schritt näher. Sie flüstert, als hätten die Wände Ohren. »Papa arbeitet auf dem Bau? Dein Vater konnte so weit herunterkommen?«

      »Frage mal Christiane«, spöttelt er. »Die denkt anders darüber.«

      »Was soll das heißen«, herrscht sie ihn an. Sie ist hellwach und sehr interessiert.

      »Christiane findet es sehr in Ordnung.« Er ballt die Fäuste. »Und ich finde es unerhört, uns so zu brüskieren. Wenn das bekannt wird. Alle, die dabei waren und ihn gesehen haben, werden keinen anderen Gesprächsstoff haben. Stell dir vor, wie wir dastehen. Denk an das Geschäft. Wir haben die Spitzen der Gesellschaft als Kunden und Papa – es ist nicht auszudenken. Man wird hinter unseren Rücken tuscheln. Es ist zum aus der Haut fahren.«

      Stefanie Hermann ist wie erschlagen. Sie empfindet es, genau wie ihr Sohn, als Schmach. Ihre Augen verengen sich. Sie sieht geradezu unheilvoll aus. »Nun wirst du dir wohl denken können, was ich an der Seite deines Vaters durchgemacht habe. Er hatte schon immer einen Hang nach unten. Und wie sagst du, hat Christiane sich benommen?«

      »Wie es sich für einen anständigen Menschen gehört«, ertönt hinter ihnen Christianes helle Stimme. »Ich habe meinen Vater verteidigt.«

      »Wem gegenüber, wenn ich bitten darf.« Das klingt eisig.

      »Den jungen Nichtsnutzen gegen­über, zu denen ich mich auch zähle, die nichts weiter können als das Geld ihres Vaters auszugeben.«

      »Bist du übergeschnappt?« Stefanie tritt ganz nahe an ihre Tochter heran. Sie hebt ein wenig die Hand, als wolle sie Christiane schlagen. Doch etwas in den dunklen Augen hält sie davor zurück.

      »Nein«, erwidert Christiane unerschrocken.

      »Hab’ ich dir nicht gesagt, das Mädel ist außer Rand und Band?« bricht Christian das Schweigen.

      »Moment mal, laß mich mal nachdenken.« Stefanie Hermann geht unruhig im Salon hin und her.

      Sie haben bisher nur getrennt gelebt.

      Sie wird sich scheiden lassen. Noch heute wird sie mit ihrem Anwalt sprechen.

      »Kannst du mich zu Lothar fahren?« wendet sie sich fragend an den Sohn, und dieser bejaht eilfertig. »Ich wollte gerade ins Geschäft fahren. Es macht mir nichts aus, den kleinen Umweg zu machen.«

      *

      »Mein Sohn ist nicht mehr hier?« Fassungslos sieht Stefanie Hermann den Arzt an. »Soll das heißen, daß mein Sohn entlassen ist? Hat man ihn heimgefahren?«

      »Ihr Gatte hat seinen Sohn zu Professor Steinert gebracht«, berichtet Doktor Rauher der Frau mit innerer Genugtuung. »Er kommt in Spezialbehandlung.«

      Stefanie Hermanns Gedanken überschlagen sich fast. Dieser Arzt ist ihr Feind, sie hat es von Anfang an gespürt. Sie richtet sich höher auf. Nie war ihr Gesicht hochmütiger als jetzt.

      »Merkwürdig, sehr merkwürdig«, sagt sie gedehnt und mißt ihn aus kalten Augen mißbilligend. »Sie hielten es nicht für nötig, mich als Mutter von dieser Maßnahme zu unterrichten. Aber mein Geld für das teure Zimmer und all die Nebenkosten, das war Ihnen gut genug.«

      Doktor Rauher ist zumute, als habe er einen Schlag empfangen. Er reckt sich ordentlich in den Schultern. »Verzeihung, gnädige Frau«, zwingt er sich zu eisiger Höflichkeit. »Sie scheinen der Annahme, Ihr Geld fließt in meine Tasche. Ich bin auch nur ein Angestellter und habe nichts als meine Pflicht zu tun. Sie gestatten, meine Patienten brauchen mich.«

      Wütend sieht sie hinter ihm her. Das ist heute ein ganz erbärmlicher Tag. Schon die zweite Aufregung. Sie hat einen ungeheuren Zorn in sich. Sie möchte am liebsten etwas zerschlagen, irgend etwas Sinnloses tun, nur um sich Luft zu schaffen.

      Sie hastet aus dem Krankenhaus, nimmt sich an der nächsten Haltestelle ein Taxi und läßt sich in den »Salon Christian« fahren.

      Sie zittert noch an allen Gliedern, als sie den Salon betritt.

      Christian verhandelt soeben mit der Frau des Generaldirektors Schubert, einer schönen blonden Frau. Sie wechseln einen schnellen Blick. Wie blaß der Junge ist und wie zerfahren, denkt sie, während sie süßlächelnd die Kundin begrüßt und dann nach hinten verschwindet. Er hat sich doch die Sache mit seinem Vater sehr zu Herzen genommen. Nun, sie wird schon Ordnung schaffen. Ein zweites Mal soll er die Kinder nicht so blamieren.

      Sie findet auf dem Schreibtisch die neuen Entwürfe für die neue Kollektion, die Marcel Daubier gemacht hat und während sie sie in die Hand nimmt, seufzt sie. Auch eine unnötige Ausgabe. Sie hätte Christian noch auf die Schule schicken sollen, damit er sein natürliches Talent ausbilden kann. Statt dessen zahlt sie für diese Zeichnungen ein sündhaftes Geld. Und dabei gefallen sie ihr nicht einmal.

      Ein Klopfen unterbricht ihren Gedankengang. Auf ihr »Herein« kommt Händel ins Zimmer. Seiner Miene entnimmt sie, daß er nichts Gutes bringt. Der hat mir noch gefehlt – denkt sie wütend und sieht ihm abwartend entgegen.

      »Ich muß Sie dringend sprechen, gnädige Frau«, sagt er in seiner bescheidenen Art. In seinen Händen trägt er einen Packen Papiere, den er bedächtig vor sie niederlegt. »Das ist uns heute vorgelegt worden, alles Wechsel, alles nichteingelöste Wechsel –«

      »Ich verstehe nicht«, unterbricht sie ihn, und ein unbehagliches Gefühl überkommt sie. Eiskalt läuft es ihr über den Rücken.

      »Der junge Herr hat mir erklärt, die Wechsel würden von seinem Konto eingelöst.« Jetzt zittert die Stimme des alten Mannes.

      Entsetzen steigt in Stefanie Hermann empor. Mein Gott! Was hat Christian getan? Hat er das Geld für sich verwendet? Was soll sie tun?

      Sie hat noch nie so gut geschauspielert, wie in diesem Augenblick, da sie gelassen nach den Papieren greift, sie flüchtig durchblättert und dann sagt:

      »Danke schön, Händel. Die Sache geht in Ordnung. Mein Sohn bat mich, die Wechsel einzulösen, da er Rechnungen bezahlt hat für Lieferungen, die über sein Konto liefen. Ich werde noch heute meiner Bank Anweisung geben, die Papiere einzulösen. Lassen Sie mir die Unterlagen da.«

      Sie sieht ihn groß an und weiß genau, daß er ihr kein Wort glaubt. Aber das ist ihr gleichgültig.

      »Dann ist für mich die Sache erledigt. Auf Wiedersehen, gnädige Frau.«

      Sie grüßt zurück und lehnt sich, allein gelassen, mit geschlossenen Augen zurück. Was für ein furchtbarer Tag. Werden die Aufregungen nicht abreißen? Ihr Blick fällt in den gegenüberliegenden Spiegel, und sie erschrickt vor sich selbst. Mein Gott, wie sieht sie aus, alt und verfallen.

      Endlich hat sie sich selbst etwas gefaßt und greift zur Klingel. Dem eintretenden Mädchen befiehlt sie, ihren Sohn zu rufen. Er muß wohl schon auf der Lauer gelegen haben, denn er steht viel zu schnell im Zimmer.

      »Du siehst wie das leibhaftige böse Gewissen aus«, empfängt sie ihn mühsam beherrscht. Sie wirft ihm über den Tisch hinweg die Mitteilungen der Bank zu. »Warum sind die Wechsel nicht eingelöst worden?«

      »Weil – weil – ich habe kein Geld mehr auf meinem Konto«, stößt er wie ein trotziger Junge hervor.

      »Und wo hast du


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