Ich schenke dir mein Herz. Barbara Cartland

Ich schenke dir mein Herz - Barbara Cartland


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gab. Sie wurde auch selten gebeten, daran teilzunehmen.

      Dann, an einem Dezembermorgen, der Himmel war grau, und selbst die hellen Kaminfeuer in den Zimmern am Eaton Place konnten die Kälte von draußen nicht ganz abhalten, vollzog Lady Cranleigh das, was Melita wie ein Donnerschlag treffen sollte.

      „Ich habe über deine Zukunft nachgedacht, Melita”, begann sie.

      Und ihre Augen ruhten mit einem Ausdruck der Feindseligkeit auf Melitas Gesicht.

      Das war angemessen. Melita war sich bewußt, daß sie in den letzten beiden Jahren sehr hübsch geworden war. Ihr Haar war wie das ihrer Mutter, so hell wie der Frühlingssonnenschein, und ihre Augen, die dunkelblau waren, schienen ihr ganzes Gesicht auszufüllen, dessen Haut so zart war, daß es an Porzellan erinnerte. Sie hatte eine sehr gute Figur und bewegte sich mit der Grazie einer Ballerina.

      „Gott sei Dank, daß du so graziös bist”, hatte ihr Vater einmal gesagt. „Ich kann schwerfällige Frauen nicht ertragen.”

      Ihre Mutter, so erinnerte sie sich, schien in einen Raum herein zu schweben, und Melita hoffte, daß sie ihr in nichts nachstand.

      Ihre Stiefmutter hingegen war schwer gebaut und schien mit zunehmendem Alter immer schwerer zu werden.

      „Über meine Zukunft?” fragte Melita.

      „So ist es”, antwortete Lady Cranleigh. „Ich weiß nicht, ob du dir schon Gedanken darüber gemacht hast.”

      „Ich verstehe nicht recht.”

      Sie hatte geglaubt, da es keine andere Möglichkeit gab, daß sie bei ihrer Stiefmutter leben würde und daß sie in der beginnenden Saison in die Gesellschaft eingeführt werden würde, was im Jahr zuvor nicht möglich gewesen war, weil sie in Trauer war.

      Es war seit je her geplant gewesen, daß sie auf dem Debüttantenball im Buckingham-Palast der Königin vorgestellt werden würde, nach welchem sie dann zu den unzähligen Bällen und Veranstaltungen der Gesellschaft eingeladen worden wäre.

      „Ich bin der Meinung, das Beste wäre, wenn wir offen miteinander reden”, fuhr Lady Cranleigh fort. „Und ich beginne damit, indem ich dir sage, daß ich kein Interesse daran habe, in meinem Alter das Leben einer Witwe zu führen oder Anstandsdame eines jungen Mädchens zu spielen.”

      Melita sah sie mit großen Augen an.

      „Ich wüßte nicht, wer sonst für mich sorgen könnte”, erwiderte sie nach einem Moment. „Papa hatte nur wenige Verwandte, und Mamas Familie lebt in Northumberland.”

      „Ich glaube nicht, daß es dir gelingen wird, irgendeinen Verwandten dazu bewegen zu können, dich in die Gesellschaft einzuführen, da kein Geld da ist, um das zu finanzieren”, stellte Lady Cranleigh fest.

      „Kein Geld?” fragte Melita.

      „Ich habe mich um die Angelegenheiten deines Vaters gekümmert, und ich fand heraus, daß, wenn ich alles erledige und auch die Hypothekenschulden, die auf diesem Haus lasten, bezahlt habe, nichts mehr für dich übrig bleibt.”

      Melita legte die Hände zusammen. Sie hatte schon nach dem Tod ihrer Mutter gewußt, daß das Haus am Eaton Place zu teuer für sie war. Sie hatte ihrem Vater vorgeschlagen, in ein kleineres Haus zu ziehen. Aber er wollte nicht auf sie hören. Und so ging alles weiter in der Hoffnung, daß sich eines Tages etwas zum Besseren wenden würde. Nun sah sie ein, daß ihr Vater keine wirklich berechtigte Hoffnung gehabt hatte, zu mehr Geld zu kommen, um die anwachsenden Schulden zu begleichen, außer, wenn er eine reiche Frau heiratete.

      Und in dem Jahr, das dieser Heirat gefolgt war, war es ihnen auch besser als je zuvor gegangen. Ihr Vater hatte Melita eine wertvolle Garderobe gekauft und gute Pferde zum Reiten besorgt. Melita mußte nun erkennen, daß all dieser Luxus nicht mit dem Geld ihres Vaters, sondern mit dem ihrer Stiefmutter bezahlt worden war.

      Lady Cranleigh beobachtete sie.

      „Wie ich sehe, hast du verstanden”, sagte sie dann. „Als dein Vater noch lebte, hatte ich mich bereit gefunden, für seine Tochter zu zahlen. Aber jetzt, da er tot ist, will ich das nicht mehr.” Ihr Gesicht verhärtete sich. „Und es kommt noch hinzu, daß ich keinen Wert darauf lege, weiterhin hier in diesem Hause mit dir zusammen zu leben.”

      „Was ... was soll ich tun?” fragte Melita hilflos.

      „Das werde ich dir jetzt sagen”, antwortete Lady Cranleigh. „Und du hast gar keine andere Wahl, als meinen Vorschlag anzunehmen.” Sie machte eine Pause und fuhr dann fort. „Wie du weißt, waren dein Vater und ich drei Monate vor seinem Tod in Paris. Dort trafen wir einen sehr charmanten Mann, den Comte de Vesonne. Er erzählte uns von seiner kleinen Tochter, der er sehr zugetan war. Als wir uns trennten, sagte er zu mir: ,Wenn Rosemarie etwas älter geworden ist, Madame, werde ich mich an Sie wenden, um Sie zu bitten, mir eine gute englische Gouvernante zu empfehlen. Ich möchte, daß meine Tochter Englisch so gut wie Französisch spricht.’” Lady Cranleigh machte eine Pause. „Ich nehme an, du verstehst, was ich meine und welche Pläne ich für dich habe.”

      Melita war nicht fähig zu antworten, und so fuhr Lady Cranleigh fort: „Im letzten August habe ich dem Grafen de Vesonne geschrieben. Ich teilte ihm mit, daß ich eine Dame gefunden hätte, die eine erstklassige Gouvernante für seine Tochter abgeben würde. Vor zwei Tagen erhielt ich die Antwort. Er bittet mich, die Gouvernante so schnell wie möglich auf den Weg zu schicken nach St. Pierre in Martinique.”

      „Martinique?” Melita konnte kaum sprechen. „Ich soll alleine dorthin fahren und mit Leuten leben, die ich nie gesehen habe?”

      „Ja, willst du denn gar nicht erwachsen werden?” erwiderte Lady Cranleigh.

      „Aber ... aber es ist so weit fort.”

      Lady Cranleigh zuckte mit den Schultern.

      „Das ist mir sehr angenehm. Denn ich möchte vermeiden, daß man darüber redet, ich hätte dich gezwungen, dein eigenes Geld zu verdienen. Und daß man vielleicht auch noch erwartet, daß ich mich um dich kümmere und dir einen passenden Ehemann suche. Dafür fühle ich mich noch zu jung.”

      Melita wußte, daß Lady Cranleigh Mitte dreißig war, und sie hatte das Gefühl, daß sie wieder heiraten wollte. Sie konnte sehr gut verstehen, daß sie sich keine junge Konkurrenz im eigenen Hause wünschte.

      Melita war aufgestanden und ging hin und her.

      „Es muß doch noch eine andere Möglichkeit geben?”

      „Du kannst natürlich auch einem Orden beitreten, ich werde dich nicht daran hindern.”

      „Nein, nein. Das könnte ich nicht tun”, entgegnete Melita. „Aber Martinique... das ist das andere Ende der Welt.”

      Sie sah den Ausdruck ihrer Stiefmutter und verstand, daß gerade dieser Umstand ihr sehr gelegen kam.

      „Ich habe noch nie jemanden unterrichtet. Ich weiß nichts darüber”, sagte Melita.

      „Das Kind ist noch sehr jung”, erwiderte Lady Cranleigh. „Dein Vater hat genügend Kosten und Mühen in deine Erziehung gesteckt, und außerdem liest du sehr viel, so daß du eigentlich fähig sein solltest, einer kleinen Kreolin von deinem Wissen etwas abzugeben.”

      „Aber wenn mich der Graf und die Gräfin nicht mögen, was mache ich dann?”

      „Ich würde dir empfehlen, dafür zu sorgen, daß sie dich mögen”, sagte Lady Cranleigh. „Sonst mußt du nach England zurückschwimmen.”

      Sie stand auf und sah Melita feindselig an.

      „Ich habe den Brief des Comte bereits beantwortet und ihm mitgeteilt, daß du mit dem Schiff kommen wirst, das in zwei Wochen von Southampton abfährt. Ich werde die Passage bis nach Martinique bezahlen, und ich werde dir etwas Geld geben. Das ist weit mehr als das, was dein Vater an Werten hinterlassen hat, du kannst dich glücklich schätzen, daß du es bekommst.”

      „Und wenn ich das Geld ausgegeben habe?” fragte Melita.

      Ein


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