Wyatt Earp Staffel 8 – Western. William Mark D.
die Welt die Brust hatte einschnüren wollen.
Sie hatten noch dreizehn Tage Zeit, als sie St. Scott erreichten.
Absichtlich vermieden sie es, durch die Mainstreet zu reiten. Unten, wo das Haus des Sheriffs lag und wo auch der Dodger Tischler wohnte, waren auch die Schenken und ganz sicher war es auch jetzt um diese Stunde da noch entschieden zu belebt.
Die Gefahr, dort mit den beiden Flemings zusammenzutreffen, war zu groß.
Daher entschloß sich der Marshal, wieder den bewährten Chinamann aufzusuchen.
Mister Yang war sehr verwundert, die beiden Reiter wiederzusehen. Er führte die Pferde eigenhändig in den Stall und brachte seine Gäste ungesehen ins Haus.
»Sie können bei mir schlafen. Es ist zwar nicht fürstlich, aber ich habe zwei kleine Zimmer, die ich für Sie herrichten lassen werde.«
»Wer richtet sie her?« fragte Holliday, der ewig Mißtrauische.
»Miß Flagert. Sie arbeitet seit sechs Jahren bei mir. Eine gute Frau.«
Er berichtete nun von seinem Ritt auf die H-Ranch. James Heeth habe sich zwar über die Pferde gefreut, die er so rasch und mühelos zurückbekommen habe, und auch sofort ein großzügiges Stück Geld an Yang gezahlt, sei aber sehr elend und hinfällig gewesen.
Ob er etwas von dem ahnte, was ja auch ihn anging? War dieser Rodney doch schließlich sein Bruder!
Wyatt beschloß, den Chinesen so weit einzuweihen, wie unumgänglich notwendig war.
Der kleine gelbgesichtige Mann zog die Stirn in scharfe Falten.
»Die beiden Flemings! Das wird eine böse Geschichte werden. Es sind die gefährlichsten Revolverschwinger im ganzen Cowley County. Sie werden es nicht leicht mit ihnen haben. Vor anderthalb Jahren hat Eg den Revolvermann Larty Carter hier auf der Mainstreet erschossen. Er ist der Gefährlichere von beiden. Aber sein um anderthalb Jahren jüngerer Vetter Ferry ist auch ein rabiater Bursche. Er hat Greg Falton und Jonny Andergan im Gunfight getötet. Egs Liste ist erheblich schwerer und länger. Er hat Dude Vaugham im ›Hufeisen‹ niedergeknallt. Die Hickok-Bande geriet mit ihm drüben im anderen Mietstall in Streit, und Eg Fleming allein schoß drei Mann nieder. Einer von ihnen, Kid Hickok, starb. Zwei der Brüder lagen bei dem alten Doc Koupers. Er hat sie öffentlich verspottet, als sie endlich in die Sättel steigen und wegreiten konnten.«
»Scheint ja eine angenehme Familie zu sein«, meinte der Spieler. »Am liebsten sähe ich mich gleich heute noch nach ihnen um.«
»Wissen Sie vielleicht, wo sie sich im allgemeinen aufhalten?« wandte sich Wyatt an den Chinesen.
»Schwer zu sagen, da ich die Saloons ja nicht aufsuche – oder doch nur sehr selten, wenn ich mal von einem, der Geburtstag hat, auf einen Drink eingeladen werde. Warten Sie, ich könnte die Frau fragen.«
Mary Flagert war eine Frau von etwa dreißig Jahren, mit verarbeiteten Händen, hagerem, verhärtetem Gesicht und großen, kranken Augen. Ihr Haar hing ihr wirr in die Stirn. Sie strich es zurück, als der Chinese sie in den Raum führte.
»Es läßt sich ja nicht vermeiden, Mary, daß Sie sehen, daß ich Gäste habe. Es sind Wyatt Earp und Doc Holliday. Ich glaube, der Marshal hat eine Frage an Sie.«
Die Frau blickte den Gesetzesmann aus flackernden, ängstlichen Augen an.
»Setzen Sie sich doch, Miß Flagert.«
Die Frau nahm auf einer Stuhlkante Platz und strich sich wieder das Haar aus dem Gesicht.
»Wir suchen zwei Männer, die ein Verbrechen begangen haben. Es ist vielleicht möglich, wie Mister Yang meint, daß Sie wissen, wo diese Leute anzutreffen sind. Es handelt sich um zwei Burschen, die Eg und Ferry…«
»Fleming?« entfuhr es der Frau. Sie schnellte von dem Sitz hoch. Fahle Blässe überzog ihr Gesicht. Ihre Hände nestelten nervös an dem Schürzenband.
»Kennen Sie die beiden?«
»Kennen – nein, aber ich will nichts damit zu tun haben.«
»Es ist schon gut, Miß Flagert«, sagte der Marshal beruhigend. »Sie können gehen.«
Die Frau verließ hastig das Zimmer.
»Da sehen Sie, welchen Ruf die beiden Halunken hier genießen. Jeder hat Angst vor ihnen.«
Wyatt gab dem Spieler ein Zeichen.
Der erhob sich und gähnte.
»Ich werde noch einmal in den Hof gehen, um einen Augenblick Luft zu schnappen, dann lege ich mich aufs Ohr.«
Er wünschte eine gute Nacht und ging.
Yang zündete sich eine dünne Zigarette an.
»Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
»Danke, wir haben unterwegs, kurz vor der Stadt, gegessen, weil wir die späte Abendstunde abwarten wollten.«
Während sich die beiden unterhielten, war der Georgier in den Flur getreten.
Vorn schlug die Tür zum Hof.
Holliday trat an das kleine lukenähnliche Fenster und blickte hinaus.
Drüben schimmerte das weiße Kopftuch der Frau, das sie sich umgebunden hatte, aus der Dunkelheit.
Sie ging auf eine Tür neben den Stallungen zu.
Holliday öffnete die Hoftür und trat hinaus. Wie eine Pumakatze schlich er durch den Hof.
Plötzlich tauchte ein großer schwarzer Schatten vor ihm auf.
Ein großer Schäferhund.
Holliday kraulte ihm den Kopf und sprach leise auf ihn ein. Dann machte er sich weiter auf seinen Weg über den Hof. Er hatte die Stallwand erreicht, als die Tür nebenan wieder geöffnet wurde.
Die Frau kam heraus.
Hart preßte sich der Mann in die Nische der Stalltür. Der Hund stand vor ihm und lief jetzt der Frau jaulend entgegen.
Mit ein paar gezischten Worten verscheuchte sie das Tier.
Holliday folgte ihr mit den Augen.
Sie verließ den Hof durch die kleine Pforte neben dem großen Tor.
Der Gambler wartete nur einen Augenblick und folgte ihr dann. Als er die Pforte öffnete, sah er das Kopftuch der Frau drüben auf einem der Vorbauten.
Die Frau hielt auf die nächste Quergasse zu.
Wie ein Schatten folgte ihr der Mann.
Es ging durch die Quergasse, bis hinunter zu den letzten Häusern.
Da blieb Mary Flagert auf einmal stehen und sah sich um. Sie konnte ihren Verfolger nicht bemerken, da er sich sehr dicht an die Hauswände und Bretterzäune gehalten hatte und seine dunkle Gestalt sich nicht von den nachtschwarzen Schatten abhob.
Die Frau trat auf ein etwas zurückliegendes Haus zu und klopfte an einen der Fensterläden.
Es dauerte eine Weile, ehe geöffnet wurde.
Licht fiel auf die Straße, traf die Frau. Sie wich sofort aus und fuchtelte mit beiden Händen in der Luft herum.
Dann wurde ihr geöffnet.
Sie betrat das Haus.
Knapp eine Dreiviertelminute später stand der Spieler im Dunkel der morschen, hölzernen Hauswand unter dem Fenster.
Aber obgleich er Stimmengemurmel, hastige Ausrufe und Flüche vernahm, vermochte er doch nichts zu verstehen.
»Die Winchester! Meine Winchester, Jim! Wo ist sie? Vorwärts, hol sie sofort!« drang plötzlich eine heisere Stimme durch die Läden. »Ich habe keine Zeit zu verlieren. Bei Yang also, sagst du, Mary! Well, dann müssen sie eben sterben!«
»Aber Ferry! Ich flehe dich an! Du mußt verschwinden!«
»Verschwinden?«