Seewölfe - Piraten der Weltmeere 26. John Roscoe Craig

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 26 - John Roscoe  Craig


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Kurs aufs offene Meer genommen hatte.

      Jean Ribault stand plötzlich wie aus dem Boden gewachsen neben Hasard. Seine Augen strahlten.

      „Mann, weißt du, was die Galeone geladen hat?“ fragte er keuchend. „Kisten, voll bis obenhin mit den herrlichsten Perlen, die ich je gesehen habe! Ich hätte nie für möglich gehalten, daß es überhaupt auf der ganzen Welt so viele Perlen gibt! Das Zeug muß ein ungeheures Vermögen wert sein!“

      „Wie lange werden wir brauchen, umzuladen?“ fragte Hasard kühl.

      Der Franzose starrte ihn einen Augenblick entgeistert an. Dann huschte ein Grinsen über seine Züge.

      „Dich bringt aber auch nichts aus der Ruhe, wie?“ fragte er. „Mon Dieu, solange ich auf Piratenschiffen gefahren bin, habe ich nie erleben dürfen, daß wir eine solche Beute erobert hätten. Und auf der ‚Isabella‘ ist so etwas schon alltäglich.“

      Der Seewolf verzog seine Lippen.

      „Du hast dir eben bisher immer die falschen Schiffe ausgesucht“, erwiderte er.

      „Und die falschen Kapitäne“, fügte Ribault hinzu. Dann beantwortete er Hasards Frage. „Wenn alle Mann mit anpacken, sind wir in knapp einer Stunde mit dem Umladen fertig.“

      „In Ordnung“, sagte Hasard. „Wir segeln noch ein paar Meilen weiter hinaus. Gib Ben Blinkzeichen, damit er sich dichter an uns hält. Ferris soll alles vorbereiten, damit die Galeone absäuft, nachdem sie ein paar Meilen an Taboga vorbeigelaufen ist.“

      „Aye, aye.“ Der Franzose flitzte los, um seine Befehle an den Mann zu bringen. Nach knapp anderthalb Stunden war alles erledigt. Die Kisten mit den Perlen befanden sich an Bord der „Isabella“, die jetzt wieder unter ihrem alten Namen „Valparaiso“ segelte. Hasard hatte wieder auf ein paar Pulverfässer verzichten müssen, um Platz für die Perlen zu schaffen.

      Jean Ribault tauchte mit den anderen Männern und der Pinasse wieder auf. Sie hatten die fünf Spanier am Strand der Insel Taboga ausgesetzt. Die geplünderte Galeone segelte mit festgezurrtem Ruder weiter. Sie würde vielleicht noch zwei Seemeilen auf See hinaus laufen, dann waren ihre Laderäume voll Wasser, und die Galeone würde auf Nimmerwiedersehen verschwinden.

      Die Pinasse und das Boot, mit dem Hasard zur Galeone hinübergepullt war, wurden wieder an Deck geholt. Dann kreuzte die „Isabella“ gegen den ablandigen Wind zurück auf die Reede vor Panama, wo niemand bemerkt hatte, daß der Wolf, der sich zwischen die fetten Schafe geschlichen hatte, zur reißenden Bestie geworden war.

      Kurz nach Mitternacht hatten sie ihren Liegeplatz erreicht, aber zum Erstaunen der Männer befahl der Seewolf nicht, den Anker fallen zu lassen, sondern das zweite Unternehmen vorzubereiten.

      Ben Brighton führte die „Isabella“ etwas dichter an die Galeone heran, die sich Hasard als zweites Opfer ausgesucht hatte, und die Kaperung erwies sich auch diesmal als völlig problemlos. Eine Stunde später ging die „Isabella“ längsseits der gekaperten Galeone. Ben Brighton wunderte sich über die langen Gesichter der Männer, die diesmal mit Hasard auf der spanischen Galeone gefahren waren. Die Beute war nicht annähernd so wertvoll wie die der „Victoria“, der ersten Galeone. Ben Brighton rümpfte die Nase, als er hörte, was die Männer an Bord der „Isabella“ schleppten.

      Tabak!

      Was, verdammt noch mal, sollten sie mit dem widerlich stinkenden Zeug, das die Indianer in merkwürdigen länglichen Behältern genossen, die sie aus Holz, Ton oder Knochen herstellten? Von diesen Dingen, die Karl von Hutten Pfeifen nannte, waren auch allerhand in den Laderäumen der Galeone gewesen.

      Hasard stimmte Ben Brighton zwar zu, daß sich dieser zweite Fischzug nicht gelohnt hatte, aber er war der Meinung, daß sich auch für diese Ladung ein guter Preis in London würde erzielen lassen, hatte er doch gehört, daß es schon einige Etablissements geben sollte, in denen Tabak geraucht wurde. Und das Zeug, das die Spanier oder die Holländer nach England importierten, sollte nicht gerade billig sein.

      Die Spanier dieser Galeone wurden auf der kleinen Insel Vinda abgesetzt, dann trat auch dieses Schiff seine Reise auf den Meeresgrund an.

      Mit dem ersten grauen Streifen, der über den Bergen Dariens erschien, lag die „Isabella“ wieder vor Anker auf der Reede von Panama, als sei in der Nacht nicht das geringste geschehen.

      3.

      Obwohl sie alle die ganze Nacht auf den Beinen gewesen waren, konnte keiner Von ihnen schlafen. Sie alle warteten auf die Reaktion der Mannschaften der beiden verschwundenen Galeonen, wenn sie nach durchzechter Nacht zu ihren Schiffen zurückkehren wollten.

      Sie beobachteten die Pinassen, Schaluppen und Boote, die sich im Hafen langsam füllten und dann auf die Reede hinaus gesegelt oder gepullt wurden. Die Männer der beiden verschwundenen Galeonen merkten erst, daß ihre Schiffe nicht mehr da waren, als sie an der Stelle angelangt waren, wo ihre Galeonen liegen mußten.

      Hasard und Ben Brighton grinsten sich an, als die überraschten Rufe durch die klare Morgenluft zu ihnen herüberwehten. Sie konnten sich vorstellen, in welche Verwirrung die Kapitäne und Mannschaften der beiden verschwundenen Galeonen gestürzt worden waren.

      Drei Pinassen kurvten immer noch auf der Reede herum. Eine von ihnen näherte sich auch der „Valparaiso“. Der Kapitän schrie zum Achterdeck herauf, ob denn niemand die „Victoria“ gesehen habe.

      Hasard verneinte.

      „Vielleicht war sie schon gelöscht und ist heute nacht wieder ausgelaufen!“ rief er zur Pinasse hinunter.

      Er mußte sich zusammenreißen, um nicht hell aufzulachen. Er sah, wie sich das Gesicht des Spaniers zu einer wilden Grimasse verzog und rot anlief.

      „Verdammt noch mal, nein!“ brüllte er. „Ich bin der Kapitän und muß es doch wohl am besten wissen, ob mein Schiff ausgelaufen ist oder nicht!“

      „Tut mir leid!“ rief Hasard hinunter. „Dann kann ich Ihnen nicht helfen!“

      Fluchend befahl der Spanier, die Pinasse zu wenden und zurück in den Hafen zu segeln. Der Wutanfall des Kapitäns steigerte sich noch. Er brüllte seine Leute an. Wen sollte er auch sonst anbrüllen?

      Die Männer in der Pinasse zogen die Köpfe ein. Sie waren sich keiner Schuld bewußt, aber sie kannten ihren Kapitän gut genug, um zu wissen, daß eine Widerrede in der jetzigen Situation böse Folgen haben konnte.

      Grinsend blickten die Männer der „Isabella“ der Pinasse nach. Auch in den beiden Booten, die zur Tabak-Galeone gehörten, war der Teufel los. Sie brauchten eine ganze Weile länger, bis sie begriffen hatten, daß ihr Schiff verschwunden war. Der Kapitän brüllte die Leute auf den anderen Galeonen an. Wahrscheinlich vermutete er, daß ihm irgend jemand einen bösen Streich gespielt hatte. Aber als er überall nur abschlägige Bescheide erhielt, blieb auch ihm nichts weiter übrig, als zurück zur Stadt zu segeln.

      Knapp zwei Stunden später beobachteten die Männer der „Isabella“, wie die Schaluppe des Hafenkommandanten von Schiff zu Schiff segelte.

      Hasard kniff die Augen zusammen, als die Schaluppe ablegte, doch als er sah, daß sie nicht zuerst die „Isabella“, sondern das erstbeste Schiff ansteuerte, war er beruhigt. Der Hafenkommandant hatte keinen Verdacht gegen die Galeone geschöpft, die im Sonderauftrag des Gouverneurs von Chile nach Panama gesegelt war.

      Hasard wartete in stoischer Ruhe ab, bis die Schaluppe an der „Valparaiso“ längsseits ging. Er begab sich persönlich zum Schanzkleid und half dem schnaufenden und vor Wut kochenden de Roja an Bord.

      „Stimmt es, was ich von den Leuten in den Pinassen gehört habe?“ fragte Hasard, bevor de Roja auch nur den Mund auftun konnte. „Zwei Galeonen sind spurlos von der Reede verschwunden?“

      Der Hafenkommandant nickte voller Zorn.

      „Ich verstehe das alles nicht“, sagte er, als er vor Hasard den Aufgang zum Quarterdeck hinaufstieg. „Zwei Galeonen können doch nicht spurlos von der Reede verschwinden! Niemand


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