ALTE WUNDEN (Black Shuck). Ian Graham
die den Sportwagen vom Modell Nissan Z fuhr.
»Er ist gar nicht so übel«, entgegnete Declan und lachte kurz auf. Sie meinte Brendan Regan, einen Angestellten bei DCM Properties, den ihr Gatte seit fast 15 Jahren kannte. Ihn als flegelhaft zu bezeichnen wäre untertrieben gewesen, und Declan fragte sich bisweilen selbst, weshalb er sich die Launen des Mannes bieten ließ. Letztlich, so schätzte er, lief es darauf hinaus, dass er ihm leidtat.
»Gar nicht so übel? Er ist völlig unausstehlich und verursacht mehr Probleme als irgendjemand anderes, der für dich arbeitet, ganz zu schweigen davon, dass er jedes Mal, wenn ich anwesend bin, nichts weiter tut, als auf meine Brüste zu starren. Igitt.«
»Na ja, das tue ich auch nicht gerade selten.«
»Ach du!«, stöhnte sie und schlug scherzhaft mit dem Handrücken gegen seine Schulter, wobei sie verstohlen schmunzelte.
»Autsch«, tönte er theatralisch. »Gestern Nacht haben sie gewackelt, das war ziemlich unterhaltsam.«
»Hör auf jetzt!«, gab sie zurück und hielt sich eine Hand vor den Mund, damit er sie nicht bis über beide Ohren grinsen sah.
Declan verzog ebenfalls seine Mundwinkel, bevor er schallend loslachte.
»Hier links ab auf die 501«, bemerkte er mit einem Wink über den Schalthebel, um die Richtung anzuzeigen.
»Ich weiß, wo links ist«, entgegnete sie sarkastisch.
»Wollt nur sichergehen, du bist ja Republikanerin.«
Sie setzte den Blinker und lenkte langsam auf die Linksabbiegespur. »Wie weit ist es noch?«
»Ganz in der Nähe. Bleib auf der Candler's Mountain Road bis zur Edgewood Avenue, dort biegst du links ein.«
Nach wenigen Minuten hielt Constance vor einem Farmhaus aus gelben Ziegelsteinen mit blassbraunem Dach und zerschlagenen Fensterscheiben an. Zwei geländetaugliche Autos, auf deren weißem Lack sich das rotblaue Logo von DCM Properties deutlich abhob, standen ebenfalls davor. In der Einfahrt parkte ein Ford Escape mit dem Wappen der Stadtverwaltung an der Tür und einem grauen Schriftzug am unteren Rand, der den Motor als Hybriden auswies. In der Straße befanden sich überwiegend Wohnhäuser, doch den ersten Block dominierten allmählich Gewerbe, weil die Gegend rasant erschlossen wurde.
»Also gut, dann wollen wir mal sehen, was uns Regan diesmal eingebrockt hat«, sagte Declan beim Öffnen der Beifahrertür und stieg aus.
»Ja, wollen wir«, wiederholte Constance mit zusammengebissenen Zähnen.
Sie gingen über einen Streifen Wiese, der als Vorgarten herhielt, und gerade als sie die Tür erreichten, trat ein großer Schwarzer im weißen Overall heraus.
Es war Poindexter Perry. »Hey, Boss.«
»Hallo Dex«, grüßte Declan zurück und betrat den überdachten Vorbau.
Hinter dem Schwarzen fluchte auf einmal eine Stimme mit Bostoner Akzent. »Ich bat ihn eigentlich, es diesmal lockerer angehen zu lassen«, versetzte Perry in seinem tiefen Bariton.
»Schau dich doch mal ein wenig mit Dex hier um, während ich das kläre, ja?«, legte Duncan Constance nahe. »In den Hinterzimmern könnte wirklich mal eine Frau Hand anlegen.«
»Wie geht's, Ma'am?«, fragte Dex und fasste sich an den Schirm seiner weißen Malermütze.
»Gut, Dex, danke der Nachfrage. Was treiben Sherri und die Mädchen?« Declan hörte ihre Worte hinter sich, als er zur Kellertreppe ging.
Das Interieur sah aus, als sei es in zwei getrennte Wohnungen aufgeteilt. Die Schlafzimmer und das Bad links neben dem Treppenhaus, das in der Mitte des einstöckigen Gebäudes nach unten führte, waren komplett renoviert worden; neuer Teppich- beziehungsweise Fliesenboden, ein frischer Anstrich und Einbauelemente. Auf der rechten Seite, in Küche und Wohnbereich, lagen nur Holzbohlen, überstehendes Stützgebälk und lose Gipskartonplatten mit einer dicken Schicht Baustaub darauf. Die Immobilie war wie alle, derer sich DCM annahm, nach einer Zwangsvollstreckung gekauft worden und wurde jetzt zu einem gewerblichen Büro ausgebaut, um es zu verpachten.
»Hey, hören Sie mir zu«, verlangte die laute Stimme im Keller. »Verstehen Sie, was ich sage? Ich werde kein ganzes Schaltbrett nur wegen etwas Rost auswechseln. Hier ist es nicht feucht. Sehen Sie irgendwo Wasserflecken?«
Declan schüttelte den Kopf und ging die Treppe hinunter. Das alte Holz knarrte unter seinem Gewicht, und als er am Boden ankam, schauten die beiden Männer in dem unfertigen, muffigen Raum zu ihm auf. Vor einem geöffneten Stromverteilerkasten stand Brendan Regan, ein übergewichtiger Mann mit zerzaust buschigem Blondschopf und einem Bierbauch, der über seinen Gürtel hing, sowie einem ratlosen Gesichtsausdruck, der an einen dicken Jungen in einer Eisdiele mit unmöglich breiter Auswahl erinnerte. Er war ungefähr so groß wie Declan und wirkte imposant gegen den Gebäudeinspektor vor ihm, einen untersetzten Kerl mit blauem Jeanshemd, zurückgehendem grauen Haar und zottigem Schnurrbart.
»Hi, ich bin Declan McIver, Inhaber von DCM Properties«, sagte Declan mit ausgestreckter Hand.
»Howard Terry, Mr. McIver, vom Amt für Landschaftsbau- und Stadtplanung Lynchburg.« Die beiden schüttelten Hände. »Ihr Angestellter hier teilte mir gerade mit, Sie würden nicht vorsehen, die elektrischen Leitungen dieses Hauses zu erneuern, aber ich fürchte, die Kommune wird auf einer Instandsetzung bestehen müssen, bevor sie eine Gebäudenutzungserlaubnis ausstellt.«
»Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir die Leitungen anzusehen. Wir haben erst vor ein paar Wochen mit diesem Projekt begonnen. Wo liegt das Problem?«
»Na, dieser Bürohengst hier behauptet, das ganze Teil müsse raus, weil es verrostet ist«, erklärte Regan barsch. »Der einzige Rost, den ich aber sehe, ist dieser Fleck hier, nicht größer als eine Vierteldollarmünze. Schau nur, den kann man abkratzen.«
»Lass gut sein, Brendan«, lenkte Declan ein. »Wir alle hier sind vom Fach.«
»Vom Fach? Von wegen! Der Typ hat keinen Plan.«
»Das reicht jetzt. Mr. Terry arbeitet für die Stadt, und falls wir unsere Geschäftsbeziehungen nach Lynchburg ausweiten wollen, müssen wir uns seine Worte zu Herzen nehmen. Warum wartest du nicht oben, während ich das hier erledige?«
»Gut, du kriechst gern in Ärsche? Dann mach«, grummelte Regan, bevor er sich zwischen Declan und dem Inspektor durchdrängelte. Auf dem Weg zur Treppe murrte er: »Blöder Paragrafenreiter, Sesselfurzer.«
Declan sah zu Terry, während Regan hinaufging. Der Mann schaute ihm mit abschätzigem Blick hinterher.
Dann kehrte sich der Inspektor wieder Declan zu, der sogleich ein Lächeln bemühte. »Ich versuche schon, seit er 30 ist, ihm Manieren beizubringen«, entschuldigte er das Verhalten seines Angestellten, bevor er sich nach vorne beugte, um das Schaltbrett genauer zu betrachten. Mit einem Multifunktionswerkzeug, das er aus seiner Gesäßtasche zog, löste er die Blende der Anschlussdose am unteren Teil des Kastens. Aus dem Inneren ergoss sich rostbraune Flüssigkeit auf den Boden.
»Da haben wir das Problem, Mr. Terry: Grundwasser«, sagte Declan, schloss eine Hand um ein Bündel schludrig isolierter Drähte und zog es heraus. »Wir verlegen einen neuen, wasserdichten Kabelkanal und setzen eine Dose nach NEMA-4-Standard ein. Das genügt doch für eine Nutzungserlaubnis, oder?«
Terry nickte. »Ja, das genügt.«
»Vielen Dank, Sir.« Declan richtete sich auf und gab dem Inspektor wieder die Hand. »Nehmen Sie eine Visitenkarte von mir mit. Darauf steht meine Mobilnummer für den Fall, dass Sie weitere Mängel feststellen.«
Terry steckte sie ein und nahm eine eigene aus seiner Tasche. »Ich komme wieder, um eine letzte Untersuchung durchzuführen, wenn Sie mit der Renovierung fertig sind«, sagte er und reichte Declan die Karte.
Der nickte und folgte ihm die Kellertreppe hinauf. Nachdem der Mann das Haus verlassen und die Eingangstür hinter sich zugezogen hatte, drehte sich Declan um und schaute in die Küche. Constance saß unbequem auf einem umgedrehten