Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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traf, entsetzt zurück, doch war es nur der Schatten eines Baumes, als der Mond aus den Wolken hervortrat. Als er sich beruhigt hatte, winselte er leise, aber er unterdrückte sogleich diesen Laut aus Furcht, die Aufmerksamkeit der um ihn lauernden Gefahren auf sich zu ziehen.

      Ein Baum, dessen Holz sich in der kalten Nacht zusammenzog, knarrte laut. Es war dicht über ihm, und er schrie vor Angst auf. Es ergriff ihn Entsetzen und er rannte wie toll nach dem Dorfe hin. Er hatte ein überwältigendes Verlangen nach dem Schutz und der Gesellschaft der Menschen. Er glaubte den Rauch der Lagerfeuer zu riechen, das Geschrei und die Rufe im Lager zu vernehmen. Er lief aus dem Walde und auf die vom Mondschein beschienene Fläche zu, wo es keine Schatten, keine Dunkelheit gab. Allein kein Dorf begrüßte sein Auge; er hatte vergessen, daß es fort war.

      Er hielt in seinem tollen Lauf inne. Wohin sollte er auch fliehen? Er schlich verlassen über den öden Lagerplatz, beschnupperte die Kehrichthaufen und weggeworfenen Lumpen seiner Götter. Er würde über einen Steinhagel, womit eine ärgerliche Indianerin ihn begrüßt hätte, erfreut gewesen sein, er wäre froh gewesen, wenn der Graue Biber ihn zornig geprügelt hätte, und mit Entzücken würde er Liplip und das ganze kläffende, feige Rudel begrüßt haben.

      Er kam zu der Stelle, wo der Wigwam des Grauen Biber gestanden hatte. Mitten auf dem Platze setzte er sich nieder und hob den Kopf zum Monde empor. Es zuckte krampfhaft in seiner Kehle, er öffnete den Mund, und in herzbrechendem Geheul stieg seine Verlassenheit, seine Furcht seine Sehnsucht nach Kische, ja, all der Jammer und das Elend der Vergangenheit und die Angst vor der Zukunft in langgezogenen, lauten, traurigen Tönen empor, dem ersten Wolfsgeheul, das er ausgestoßen hatte.

      Das Licht des anbrechenden Tages verjagte seine Furcht, zeigte aber seine Verlassenheit noch deutlicher. Die kahle Erde, die noch vor kurzem so dicht bevölkert gewesen war, führte sie ihm noch mehr zu Herzen. Doch nun schwankte er nicht lange in dem, was er zu tun habe. Er rannte durch den Wald und am Flußufer stromabwärts. Er lief den ganzen Tag, ohne auszuruhen, als wollte er immer laufen. Sein eiserner Körper kannte keine Ermüdung, und selbst als diese kam, machte seine ererbte Ausdauer ihn zu endloser Anstrengung fähig, die den schmerzenden Körper rastlos vorwärtstrieb.

      Wo der Fluß sich um steile Ufer krümmte, kletterte er die Anhöhen, wo Bäche und Nebenflüsse in den Hauptstrom mündeten, schwamm er hinüber und durchwatete sie. Oft lief er auf dem Eise am Rande, und mehr als einmal brach er ein und kämpfte in der eiskalten Flut um sein Leben. Immer aber schaute er nach der Spur seiner Götter aus, wenn er den Strom verlassen und landeinwärts biegen mußte.

      Zwar war er klüger als der Durchschnitt seiner Gattung, doch sein geistiges Auge schaute nicht weit genug, um an das andere Ufer des Mackenzie zu denken. Wie, wenn die Fährte der Götter auf jener Seite lief? Das fiel ihm nicht ein. Später, als er auf seinen Fahrten mehr Flüsse kennen gelernt, hätte er eine solche Möglichkeit begriffen, aber im Augenblick rannte er blindlings vorwärts, da ihm nur dies Ufer des Mackenzie in den Sinn kam.

      Er lief die ganze Nacht hindurch, stolperte über Hindernisse, die ihn zwar aufhalten, doch nicht abschrecken konnten. In der Mitte des zweiten Tages war er dreißig Stunden lang gelaufen, und selbst seine eisernen Muskeln gaben nach. Nur seine Ausdauer und sein Mut trieben ihn weiter. Er hatte seit vierzig Stunden nichts gefressen, und der Hunger machte ihn schwach; auch war das wiederholte Untertauchen in dem kalten Wasser nicht ohne Wirkung auf ihn geblieben. Sein glattes Fell war besudelt und die breiten Sohlen seiner Füße waren zerrissen und wund. Er hatte zu hinken angefangen, was von Stunde zu Stunde zunahm. Das Schlimmste aber war, daß das Tageslicht dunkel wurde, denn es begann Schnee zu fallen, ein nasser, schmelzender, zusammenklebender Schnee, der glatt unter den Füßen war, die Gegend verhüllte und die Unebenheiten des Bodens verdeckte, so daß das Gehen schwer und schmerzhaft wurde.

      An jenem Abend hatte der Graue Biber beabsichtigt, am andern Ufer zu übernachten, da die Jagdgründe in jener Richtung lagen. Allein kurz vor dem Dunkelwerden war ein Elch auf dieser Seite zum Flusse herabgekommen, um zu saufen, und Klukutsch, die Frau des Grauen Biber, hatte ihn gesehen. Wäre der Elch nicht zum Trinken gekommen, hätte Mitsah, durch den Schnee geblendet, nicht beim Steuern die Richtung verloren, Klukutsch das Tier nicht gesehen, und der Graue Biber mit einem glücklichen Schuß aus seiner Büchse es nicht erlegt, so wäre alles anders gekommen. Der Graue Biber hätte nicht am diesseitigen Ufer des Mackenzie übernachtet, und Wolfsblut wäre weitergelaufen und entweder gestorben oder zu den wilden Brüdern gerannt und wie sie bis an sein Lebensende ein Wolf geblieben.

      Die Nacht brach herein. Der Schnee fiel immer dichter, und leise vor sich hin wimmernd stolperte und hinkte Wolfsblut vorwärts, als er auf eine frische Spur im Schnee traf. So frisch war dieselbe, daß er sie sofort erkannte. Eifrig winselnd verfolgte er sie vom Flußufer rückwärts bis unter die Bäume. Die Töne des Lagers trafen sein Ohr. Er sah den Schein des Feuers, sah, wie Klukutsch kochte und der Graue Biber auf dem Boden hockte und ein Stück Talg verzehrte. Also gab es frisches Fleisch im Lager.

      Wolfsblut machte sich auf Schläge gefaßt. Er duckte sich bei dem Gedanken daran und sträubte das Haar, allein er ging vorwärts. So sehr er auch die Prügel fürchtete, so angenehm war doch wieder der Gedanke an das Feuer, das ihn erwartete, an den Schutz der Menschen, ja, selbst an die Gesellschaft der Hunde, so feindselig sie ihm auch waren. Auf dem Bauche kriechend kam er dicht an das Feuer. Der Graue Biber erblickte ihn und hörte auf zu kauen. Langsam kroch Wolfsblut näher, demütig und unterwürfig, geradewegs auf den Grauen Biber zu, indem er jeden Zollbreit der Entfernung immer langsamer und mühseliger zurücklegte. Endlich lag er zu den Füßen des Herrn, um freiwillig sich ihm zu unterwerfen. Zitternd wartete er auf die Strafe, die ihm bevorstand, und schon bewegte sich die Hand über ihm. Unwillkürlich duckte er sich noch tiefer, um den Schlag zu empfangen – aber es kam keiner. Verstohlen blickte er empor. Da brach der Graue Biber das Stück Talg entzwei und reichte es ihm hin. Vorsichtig und argwöhnisch beroch es Wolfsblut, dann erst fing er an, es zu verzehren. Darauf ließ der Graue Biber Fleisch bringen und wehrte, so lange Wolfsblut fraß, die andern Hunde ab, worauf Wolfsblut dankbar und zufrieden sich zu den Füßen des Herrn niederlegte und zwinkernd in das wärmende Feuer schaute, bis er einschlummerte, sicher, daß der Morgen ihn nicht mehr einsam im öden Walde antreffen würde, sondern bei den Menschen im Lager, bei den Göttern, denen er sich mit Leib und Seele hingegeben hatte, und denen er nun untertänig war.

      5. Kapitel. Der Bund mit dem Menschen

       Inhaltsverzeichnis

      Der Dezember war zur Hälfte verstrichen, als der Graue Biber mit Klukutsch und Mitsah den Mackenzie hinaufzog. Den einen Schlitten, der mit gekauften oder geborgten Hunden bespannt war, kutschierte er selber, den andern kleineren, dessen Gespann aus jungen Hunden bestand, lenkte Mitsah. Dieser Schlitten war mehr ein Spielzeug, aber Mitsahs ganzer Stolz und ganze Freude, weil er fühlte, er beginne damit, in der Welt die Arbeit eines erwachsenen Mannes zu verrichten. Auch lernte er dabei, während die jungen Tiere eingefahren wurden, sie abrichten und lenken. Außerdem hatte der Schlitten seinen Nutzen; trug er doch fast zweihundert Pfund an Gerätschaften und Lebensmitteln!

      Wolfsblut hatte gesehen, wie die Hunde der Indianer im Gespann gingen, also nahm er es nicht übel, als man ihn zum erstenmal anspannte. Man legte ihm dabei um den Nacken ein mit Moos wattiertes Halsband um, woran ein Riemen befestigt war, der um die Brust und über den Rücken ging, und an diesen war der lange Strick gebunden, mit dessen Hilfe er den Schlitten zog. In dem Gespann gingen sieben junge Hunde, die alle einen oder zwei Monate älter als Wolfsblut waren. Ein jeder war mit einem besonderen Strick an den Schlitten gebunden, und alle diese waren von ungleicher Länge, so daß der Unterschied mindestens die Körperlänge eines Hundes betrug. Jeder Strick war an einen Ring am vorderen Ende des Schlittens festgemacht, und dieser selbst hatte keine Kufen und war aus Birkenrinde gemacht, das Vorderende emporgebogen, um den Schnee leichter unterzupflügen. Durch diese Bauart verteilte sich das Gewicht der Ladung wie das des Schlittens auf die breiteste Fläche des weichen, lockeren Schnees. Nach demselben Prinzip breitete sich auch das Gespann der Hunde am Ende ihrer Stricke fächerförmig vor dem Schlitten aus, so daß keiner in die Fußtapfen des andern trat.

      Noch


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