Perry Rhodan Neo 1: Sternenstaub. Frank Borsch

Perry Rhodan Neo 1: Sternenstaub - Frank Borsch


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niemals wieder.

      Er verzichtete darauf, das Licht einzuschalten, und trat an das große, umlaufende Fenster. Sein Büro saß auf der Spitze des Kontrollturms von Nevada Fields, einem vierzigstöckigen Gebäude, dessen Form eine Rakete nachahmte. Sein Bau hätte ihm damals, vor fast zwanzig Jahren, beinahe den Kopf gekostet. Der steigende Meeresspiegel hatte die NASA gezwungen, das Kennedy Space Center in Florida aufzugeben. Aber statt die Aktivitäten der NASA komplett in das Johnson Space Center nach Houston zu verlagern, hatte Pounder den Bau von Nevada Fields erzwungen. Eine Entscheidung von bemerkenswerter Weitsicht, wie sich mittlerweile herausgestellt hatte.

      Doch damals hatte man Pounder Verschwendung vorgeworfen, Größenwahn. Pounder hatte es nicht gekümmert. Ebenso wenig wie die heftige Kritik daran, zehn Prozent des ohnehin zu knapp bemessenen Budgets für Projekte zu verwenden, die jenseits konventioneller Vorstellungen angesiedelt waren.

      Lesly Pounders Lebenswerk war, den Vorstoß der Menschheit ins All voranzutreiben. Pounder war zu alt, um selbst zu den Sternen zu fliegen. Seine Knochen würden der wechselnden Belastung von Andruck und Schwerelosigkeit nicht standhalten. Er war gezwungen, anderen den Vortritt zu lassen. Aber er würde alles tun, um diesen anderen den Flug zu ermöglichen – und er würde verflucht sein, wenn er es tagaus, tagein wie eine Höhlenmaus aus der stickigen Enge eines Kommandobunkers tat.

      Pounder war nur deswegen Flight Director der NASA geblieben, weil sich niemand anderes gefunden hatte, der die Führung der finanzschwachen Weltraumagentur hätte übernehmen wollen.

      Im Osten hellte sich der Himmel auf. Nevada Fields lag in einem der zahlreichen Hochtäler, die den Staat von Nord nach Süd durchzogen. Am Boden waren sie flach und knochentrocken, beinahe schon eine Mondlandschaft, wären da nicht die hartnäckigen Josuapalmen gewesen, die der Kargheit trotzten. Stieg man die Hänge hinauf – und Pounder tat es oft, er war der Erde verbunden, auch wenn sein Sehnen den Sternen galt –, lösten knorrige Kiefern die Josuapalmen ab, und erreichte man schließlich, schwitzend und keuchend, einen Gipfel, reichte der Blick in der klaren Luft weit in die Ferne. Oder, legte man den Kopf in den Nacken, in das Universum, das am Himmel in unwirklich anmutender Pracht funkelte.

      Dort oben, zwischen den Sternen, absolvierte die STARDUST in diesen Augenblicken ihren Bremsanflug auf den Mond. Pounder fragte sich, was Rhodan und seinen Männern in diesem Moment wohl durch den Kopf ging. Was ...?

      »Tatsächlich, eine beeindruckende Aussicht«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Sie sind zu beneiden, Pounder.«

      Lesly Pounder wartete einen Moment, bevor er sich langsam umdrehte. Er war nicht erschrocken. Er war es nicht mehr, seit der Wagen mit seiner Frau und seinen Kindern vor langer Zeit in Florida von einer Straße abgekommen war. Der Sumpf hatte sie verschluckt und erst nach zwei Jahren wieder freigegeben. Seitdem gab es nichts mehr, was Pounder hätte erschrecken können.

      Ein Mann saß an seinem Schreibtisch, hatte es sich lässig auf dem Drehstuhl bequem gemacht. Er war klein, beinahe ein Zwerg. Er war alt, mindestens so alt wie Pounder. Seine Haare genügten nur noch für einen weißen Haarkranz, und trotzdem hatte sein Gesicht eine jugendliche Straffheit, die unerklärlich war. Sie wirkte natürlich, hatte nichts von der künstlichen Steifheit eines Liftings, wie sie bei vielen Menschen zu beobachten war.

      »Setzen Sie sich doch, Pounder!«, forderte der Mann ihn auf und zeigte gönnerhaft auf den Besucherstuhl, als gehöre das Büro ihm, als sei nicht er der Eindringling, sondern Lesly Pounder.

      »Ich sollte die Militärpolizei rufen und Sie in hohem Bogen aus dem Fenster werfen lassen, Mercant«, sagte Pounder. »Ich bin gespannt, ob Sie dann auch noch lächeln.«

      »Ein interessantes Experiment«, entgegnete Mercant. »Vorausgesetzt, die Militärpolizei folgt Ihren Befehlen, Pounder.« Er deutete auf das Telefon, das am Rand der Tischplatte lag. »Wollen Sie einen Versuch wagen?«

      Pounder überlegte. Allan Mercant war ihm ein Rätsel. Seit einem knappen Jahr schnüffelte er in Nevada Fields herum. Er hielt jedem, der es wollte, und allen Übrigen seinen Ausweis unter die Nase: Homeland Security. Es genügte, um seinem Gegenüber, wenn nicht Angst, so wenigstens Respekt einzuflößen.

      Ansonsten tat Mercant ... nichts. Er war einfach vor Ort, tauchte an den unmöglichsten Stellen von Nevada Fields auf und gab sich für gewöhnlich als liebenswürdiger älterer Mann mit unbegrenzter Kapazität und Zeit für ein Schwätzchen.

      Was war seine Funktion? Pounder konnte es nur vermuten. Mercant musste ein Aufpasser sein. Oder er diente als Täuschung, zog mit seinem auffälligen Verhalten die Aufmerksamkeit auf sich, während die eigentlichen Agenten von Homeland Security ungestört und unerkannt ihrer Arbeit nachgingen. Pounder hatte sich schon mehr als einmal gefragt, ob sie nicht einem Betrüger aufgesessen waren. Ein Verrückter, der sie mit Andeutungen und einem perfekt gefälschten Homeland-Security-Ausweis zum Narren hielt und sich aufspielte. Aber das konnte nicht sein: Pounders Versuche, mehr über Mercant herauszufinden, waren gescheitert. Soweit es das Netz anging, existierte Mercant nicht. Und das konnte nur eines bedeuten: Mercant arbeitete tatsächlich für das mächtigste Ministerium der Vereinigten Staaten.

      Und jetzt, kurz bevor die STARDUST den Mond in einer Mission erreichte, die womöglich über das Schicksal der Menschheit entschied, hatte sich dieser Mann in seinem Büro breitgemacht.

      Pounder schöpfte tief Atem, ging zur Tür und schloss sie. Er war ein stolzer Mann. Doch in seiner Natur lag eine zweite Eigenschaft, die noch stärker war als sein Stolz: Neugierde. Pounder ließ sich im Besucherstuhl nieder. »Was wollen Sie von mir, Mercant?«

      »Mit Ihnen sprechen.«

      »Weshalb?«

      »Weil mir die gegenwärtige Lage Sorgen macht.«

      Pounder konnte ein Auflachen nicht unterdrücken. »Überlassen Sie das mir. Es sind meine Männer da oben.«

      Mercant schwieg für einen Augenblick. Er sah Pounder mit einer Ernsthaftigkeit an, die nicht zu seinem jovialen Gesicht passen wollte. Dann sagte er: »Es sind auch meine.«

      »Was bilden Sie sich ein?« Pounder beugte sich vor. »Nur weil Homeland Security glaubt, es sei nicht an Recht und Gesetze gebu...«

      »Ich spreche weder im Namen noch im Auftrag von Homeland Security«, schnitt ihm Mercant das Wort ab. »Ich bin zu Ihnen als Mensch gekommen. In der STARDUST fliegen Menschen dem Ungewissen entgegen.«

      Pounder zögerte. Mercant klang ehrlich. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Rhodan ist mein bester Mann. Die Crew der STARDUST ist so sicher, wie es nur menschenmöglich ist.«

      »Was das angeht, würde ich mich an Ihrer Stelle vor vorschnellen Schlüssen hüten.« Mercant blinzelte. »Aber dazu später mehr. Meine Sorgen gelten nicht nur den vier Menschen in der STARDUST, sie gelten der gesamten Menschheit.« Mercant beugte sich vor. »Pounder, wir stehen am Abgrund.«

      Pounder musterte sein Gegenüber. Was wollte Mercant von ihm? War er verrückt geworden? Oder war er es schon immer gewesen, und die Aura des Geheimnisvollen, mit der Mercant sich umgab, hatte ihn getäuscht? »Sie vergeuden Ihre Energien, Mercant«, sagte er. »Die Menschheit hat von ihrem Anbeginn am Rande des Abgrunds gelebt. Und wie Sie sehen, leben wir immer noch.«

      »Ja. Aber ich fürchte, wir stehen in diesem Augenblick derart nahe am Abgrund, dass ein kleiner Schubs genügt, um uns unwiderruflich stürzen zu lassen. Der geringste Auslöser genügt.«

      Pounder verstand. Zumindest glaubte er es. »Sie spielen auf die Mission der STARDUST an? Ich versichere Ihnen, Sie ...«

      Mercant schüttelte den Kopf. »Nicht die STARDUST. Ich rede von hier. Der Erde.« Er tippte mit dem Knöchel auf den Schreibtisch. »Pounder, ich weiß, dass Sie mich nicht ausstehen können. Und Sie haben gute Gründe dafür. Niemand mag Geheimdienstleute. Man kann ihnen nicht trauen. Aber, ich bitte Sie, Pounder, versuchen Sie, die Dinge für einen Augenblick anders zu sehen. Sehen Sie mich an. Ich bin ein Veteran wie Sie. Ich bin seit Jahrzehnten in meinem Fach. Ich habe vieles mitgemacht, ich habe vieles gemacht. Einiges davon hätte ich besser gelassen und für so manches werde ich eines Tages in der Hölle braten müssen,


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