Dr. Norden (ab 600) Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Jan und Chris am Tisch und tranken nun auch noch ein Glas Sekt.
»Ihr paßt wirklich gut zusammen«, sagte Chris plötzlich, »sogar die ersten drei Buchstaben von euren Vornamen sind gleich.«
»Nomen est omen«, sagte Conchita. »Wir sind füreinander bestimmt, das haben wir gleich gewußt. Es war Liebe auf den ersten Blick.«
»Ich muß zu Kim fahren und ihr alles erzählen«, sagte Jan, der mit seinen Gedanken schon ganz bei ihr auf der Insel der Hoffnung war.
»Es ist schandbar, was sie ihr angetan haben«, sagte Chris. »Ich bin froh, daß ich wenigstens dazu beitragen konnte, daß diese Bande auffliegt.«
Das hatte ihnen Kommissar Fechner noch versprochen. Es war schon alles ins Rollen gebracht worden.
»Dafür kannst du unser Trauzeuge sein«, meinte Constantin großmütig.
»Du redest schon vom Heiraten! Willst du uns nicht den Vortritt lassen, wir kennen uns schon seit Jahren und ihr erst ein paar Tage.«
»Das ist nicht ausschlaggebend, aber wir können ja eine Doppelhochzeit feiern«, meinte Constantin. »Da werden ja auch sämtliche Eltern dabei sein wollen.«
»Ich habe keine«, sagte Conchita leise.
»Jetzt bekommst du welche, die ihr Glück nicht fassen werden«, lachte Constantin. »Jetzt werde ich mal mit ihnen telefonieren.«
»Ich fahre zu Kim«, sagte Jan und erhob sich.
»Fahr vorsichtig!« rief ihm Constantin nach. »Noch eine Aufregung wäre auch für mich zuviel.«
*
Kim konnte es nicht glauben, daß Jan wieder bei ihr war und was er ihr alles zu berichten wußte.
»Dann ist der Spuk wirklich vorbei?« fragte sie bebend.
»Es war ein böser Spuk, aber jetzt blicken wir nie mehr zurück, mein Kleinchen. Es gibt auch etwas sehr Erfreuliches zu berichten. Constantin hat sich verlobt.«
»Das gibt es doch nicht! Mit wem denn?«
»Sie heißt Conchita Sanchez und ist bezaubernd. Es war Liebe auf den ersten Blick, als er in ihrem Geschäft den anderen Fisch kaufte.«
»Und schon sind sie verlobt? Ob das gutgeht?«
»Da bin ich nicht bange, sie sind wie füreinander geschaffen.«
»Und wir?« fragte sie stockend.
»Wir sind jetzt auch verlobt«, sagte er und steckte ihr einen schmalen Goldreif mit kleinen Brillanten an den Finger. »Wir brauchten halt ein bißchen mehr Mut, um unseren Weg gemeinsam zu gehen, aber ich habe immer nur dich gewollt, Kim.«
»Gefalle ich dir wieder?«
»Du bist wieder meine Kim, die ich liebe und nie mehr allein lasse.«
»Du hast mich ja nicht allein gelassen, ich bin diesen falschen Weg gegangen. Ich bereue es so sehr, Jan.«
»Jetzt ist doch alles gut.« Er küßte ihr die Tränen von den Wangen und hielt sie fest in seinen Armen, glücklich und dankbar, daß nun alle Ängste ausgestanden waren.
*
»Jetzt ist alles wieder in Butter«, sagte Daniel Norden voller Freude, als er Fee die gute Nachricht bringen konnte. »Die Übeltäter sind geschnappt, das junge Glück kann gedeihen. Wie es scheint, wird es bald eine Doppelhochzeit geben.«
»Heißt das etwa, daß Constantin endlich auch die Frau seiner Träume gefunden hat?« staunte Fee.
»Und was für eine, du wirst es nicht glauben.«
»Wie heißt sie?«
»Conchita Sanchez.«
»Diese Schönheit? Liebe Güte, ich bin sprachlos.«
»Wen kennst du eigentlich nicht?« meinte Daniel kopfschüttelnd.
»Ich habe damals doch gesagt, daß man solche Keramiken auch bei uns kaufen kann. Da habe ich ihr Geschäft gemeint. Da kann man ihm wirklich gratulieren.«
Das konnten sie bald.
Arndt und Carola Meyring waren eilends von Gran Canaria heimgekehrt. Nachdem sie sich beruhigt hatten über das, was hier alles geschehen war, gaben sie ein großes Fest für die beiden glücklichen jungen Paare. Wenn man sie ansah, konnte man alles Böse vergesssen, denn wo soviel Liebe war, konnte nur Gutes gedeihen.
Die Sommerferien standen vor der Tür und somit auch die Versetzungen und Zeugnisse. Das dämpfte auch bei den Nordens die Stimmung etwas, obgleich sich Fee deshalb keine grauen Haare wachsen ließ.
Sie mußten an diesem Tag beim Mittagessen auf die Gesellschaft des Hausherrn verzichten, da Daniel zu einer alten Patientin ins Seniorenheim gefahren war.
Es war eine ihm liebgewordene sehr alte Dame, die er schon behandelte, seit er eine eigene Praxis hatte.
Es handelte sich um die Baronin Giebingerode, die keine Angehörigen mehr hatte, die meisten von ihnen waren im Krieg umgekommen.
Er hatte immer großes Mitgefühl mit der alten Dame gehabt, die ihr Schicksal gottergeben trug und niemals klagte.
Seine Kinder hatten an diesem Tag andere Sorgen, Felix wohl die größten.
»Mami, darf ich dich mal was fragen?« stotterte Felix. Allein daran merkte Fee schon, daß ihn etwas bedrückte.
»Frag nur, so haben wir es doch immer gehalten«, erwiderte sie.
»Weißt du eigentlich, was Papi für Zeugnisnoten hatte?«
Daher wehte also der Wind!
Fee mußte ein Lächeln unterdrücken.
»Ich glaube, er war ein guter Schüler, wenn auch nicht überragend gut. Wir waren beide eigentlich nicht ehrgeizig.«
Felix atmete schon hörbar auf. »Meinst du, daß es Papi stinkt, wenn ich einen Vierer in Mathe heimbringe?«
»Stinken wird es ihm nicht, aber er wird fragen, wie ein Pfennigfuchser wie du zu einer Vier in Mathe kommt.«
»Ich weiß es ja noch nicht, aber ich habe die letzte Arbeit verhauen, das wird eine Rolle spielen.«
»Darüber hast du doch schon genug gejammert, das sollte abgehakt sein. Davon geht die Welt nicht unter.«
»Aber wenn dieser irre Komet auf die Erde fällt, kann alles hin sein, dann fragt keiner mehr nach Zeugnisnoten«, sagte sein Bruder Danny mit größter Gelassenheit. »Man soll jeden Tag genießen, als ob es der letzte sein könnte, das habe ich gerade heute irgendwo gelesen.«
»Du mußt nicht unbedingt vor Urlaubsbeginn mit solchen düsteren Prophezeiungen hausieren gehen«, sagte Fee ungehalten.
»Ist ja auch bloß so ein Gerede. Ich wollte damit nur sagen, daß Felix sich nicht wegen Zeugnisnoten aufregen muß.«
»Du hast gut lachen«, meinte Felix, »du kannst ja alles im Schlaf.«
»So ein Quatsch! Ich werde bestimmt auch ein paar Dreier bekommen, aber was nützen alle trüben Gedanken, die Zeugnisse sind bereits geschrieben.«
Danny liebte es neuerdings, sich sehr betont zu artikulieren, seit er in einer Schulaufführung eine Hauptrolle gehabt hatte. Fee verkniff sich ein Lachen und sah Anneka an.
»Und was sagt unsere Kleine?«
»Die Kleine kommt ohne Probeunterricht aufs Gymnasium«, erklärte sie triumphierend.
»Und das sagst du erst jetzt?«
»Es ist doch besser, wenn gute Nachrichten auf die schlechten folgen, dann freut man sich doppelt.«
So war Anneka schon von kleinauf, sie hatte ihre eigene Philosophie, konnte schweigend beobachten