Self-Development And The Way To Power. L.W. Rogers

Self-Development And The Way To Power - L.W. Rogers


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Workers of all Lands Unite. Der große und etwas dunkler gehaltene Kopf auf der Spitze des Monuments trägt einen dichten Bart und scheint unbekümmert in die Zukunft zu blicken. Er hatte den Mann sofort erkannt. Deshalb also. Einige Menschen starben nie. Für einen Augenblick sieht er sich im Geiste selbst als Redner vor einer Gruppe junger Leute.

      Wusstet ihr nicht, dass Karl Marx in England begraben ist? Doch, das ist er, auf dem Highgate-Friedhof in London, auf dem viele Berühmtheiten liegen.

      Diese Erkenntnis, die er früher erworbenem Wissen verdankt, nämlich die Einsicht in seinen momentanen Aufenthaltsort, obwohl er vermutlich noch nie hier war, registriert er mit einem gleichgültigen Schulterzucken. Das Wichtigste war, dass er sich gut fühlte und nicht von unangenehmen Gedanken gequält wurde. Die Schmerzen hinter den Schläfen gehörten der Vergangenheit an, waren nur eine Fata Morgana gewesen. Der Sand im Stundenglas rieselte leicht und lautlos durch die Verengung und eine ganze Wüste sorgte offenbar für Nachschub. Er geht weiter und wundert sich über den fernen Gesang, der an seine Ohren dringt. Er versucht, den monotonen Klang zu lokalisieren und entdeckt in einiger Entfernung ein frisch ausgehobenes Grab, vor dem ein Gruppe von Männern in langen Mänteln Aufstellung genommen hat. Er ahnt die dunklen Anzüge, die sich darunter verbergen. Ein weißer Sarg wird langsam in die Erde gesenkt und der Pfarrer spricht mit eintöniger Stimme ein paar Worte. So früh am Morgen? Es war noch nicht einmal zehn Uhr.

      Er nähert sich langsam und reiht sich unauffällig in die hintere Reihe des halbrunden Kreises ein. Die Männer machen ihm Platz, ohne ihn anzusehen. Nachdem man Erde auf den Sarg geworfen hat, tritt der Pfarrer ein paar Schritte zurück, und ein glatzköpfiger Mann lässt eine schneeweiße Blume in die Öffnung fallen. Danach rezitiert er einige Strophen von Thomas Hardy, die ihm bekannt sind. Eine lautet folgendermaßen:

      Love laid his sleepless head

      on a thorny rosy bed;

      and his eyes with tears were red,

      and pale his lips as the dead.

      Als am Ende noch ein Kirchenlied gesungen wird, kommt ihm alles wie eine Komödie vor, ein gespieltes Begräbnis, eine Fernsehproduktion. Nur die Kameras fehlen. Vielleicht liegt das an dem Mann, der neben ihm steht und im Gegensatz zu ihm den Text nicht beherrscht. Er hat eine bürstenartige Frisur, nicht eine Träne in den Augen und brummt unbeschwert mit. Als werde die Trauer über den Verstorbenen von einer großen Portion Erleichterung aufgewogen. Als die Töne verklingen, dreht ihm der Mann sein Gesicht zu, setzt seinen Hut auf – er ist einer der wenigen mit Kopfbedeckung – und sagt leise:

      »Jaspar war schon ein netter Kerl, doch auf Dauer ziemlich anstrengend.«

      Er nickt geflissentlich, wie ein Mitwisser, obwohl er den Toten überhaupt nicht kennt. Doch inzwischen hat er alle Hemmungen abgelegt und sich entschieden, dass ihm diese Menschen sympathisch sind. Jeder Einzelne macht einen freundlichen Eindruck, und man spürt deutlich, dass nicht alle miteinander bekannt sind. Was ihm ermöglicht, sich selbst in diesen Kreis zu integrieren, ohne aufzufallen. Bei den meisten Begräbnissen traf man schließlich auf Menschen, die man nie zuvor gesehen hatte, weil allein der Verstorbene Kontakt zu ihnen gepflegt hatte. Als könne sein Nebenmann Gedanken lesen, fährt er mit tiefer Stimme fort:

      »Kannten Sie ihn gut?«

      »Nein ... das will ich nicht gerade behaupten. Ich ...«

      »Eine lose Verbindung?«

      »Ja, so kann man es ausdrücken.« Er hat das Gefühl, sein Englisch hört sich nicht gerade perfekt an.

      »Aber Sie kommen doch noch auf einen Happen mit in den Pub?«

      »Nun ...« Dann nickt er – hungrig – und hofft, dass es sich nicht um dasselbe Lokal handelt wie gestern Abend.

      Der Mann mit dem Hut scheint auch nur wenige der anderen Männer zu kennen. Gemeinsam gehen sie einen breiten Kiesweg entlang, langsam den anderen folgend.

      »Mein Name ist Walter Webb. Aber alle nennen mich Bobby.«

      Er drückt dem Fremden die Hand. Sie fühlt sich fest und warm an, und es bereitet ihm keine Probleme, eine eigene Identität zu erfinden: »Ich heiße Gordon Bell.«

      »Sie wurden längere Zeit im Ausland eingesetzt?«

      Das muss an meinem Tonfall liegen, denkt er. Die phonetische Seite der Sprache beherrschte er wohl doch nicht so gut, wie er geglaubt hatte. »Ja, ich habe große Teile meines Lebens in anderen Teilen Europas verbracht.«

      »Jaspar ist Gott sei Dank nicht viel herumgereist«, brummt Bobby, der in seinem Alter ist. »Trotzdem haben wir fast drei Jahre gebraucht, um ihm auf die Schliche zu kommen.«

      So, wie Bobby redete, konnte es sich gut um einen jetzigen oder ehemaligen Polizisten handeln.

      Außerhalb des Friedhofs bleiben sie eine Weile auf dem Bürgersteig stehen, und erst jetzt bemerkt er, dass sich eine Frau unter ihnen befindet. Als Witwe des Verstorbenen kam sie kaum in Betracht, eher schon als Repräsentantin des Begräbnisunternehmens, denn ihr Gesicht unter den geschwungenen blonden Haaren lächelt mit professioneller Freundlichkeit, während sie auf die Armbanduhr blickt und die Straße hinaufzeigt. In Richtung des Lokals, nimmt er an. Viele folgen ihr, als sie sich in Bewegung setzt, wohingegen andere nicken und in die entgegengesetzte Richtung davoneilen. Einige steigen in ihre Wagen. Als sie ein Schild mit der Aufschrift The White Horse Inn erreichen, hat sich die Gruppe auf zwölf Männer reduziert. Was sie angeht, hatte er richtig vermutet. Sie deutet auf den Eingang und verabschiedet sich. Er weiß nicht genau, warum, doch es gibt ihm einen Stich, als sie davongeht, obwohl er sie nie zuvor gesehen hat.

      Für die Gesellschaft war ein eigener Raum reserviert, in dem einige Vierpersonentische mit weißen Decken stehen. Er folgt Walter Web, der ihn, nachdem er den Hut abgelegt und seine abstehenden Haare geglättet hat, mit zwei anderen Männern bekannt macht, die sich zu ihnen an den Tisch setzen. Auch sie in mittlerem Alter.

      »Darf ich euch Gordon Bell vorstellen«, sagt Bobby zu ihnen, »einen Kollegen von uns. Früher auf der anderen Seite des Kanals tätig, nicht wahr?«

      Er antwortet nicht, sondern gibt ihnen einfach die Hand. Der älteste, ein stattlicher, nach Knoblauch riechender Kerl, dessen Brille an einer Schnur um den Hals hängt, sagt, er heiße Frank Tipton, während der andere so nuschelt, dass er nur den Vornamen aufschnappt – Arthur. Ein seltsamer Typ mit hellblauen Augen und rostrotem Haar, dessen Jackett so unförmig aussieht, als habe er vergessen, den Kleiderbügel herauszunehmen. Sein Händedruck ist schlaff, beinahe unwillig. Vielleicht machte er sich nichts aus neuen Bekanntschaften. Dennoch ist es Arthur, der sich zuerst an ihn wendet, während ihm beim Sprechen Speicheltropfen aus dem Mundwinkel fliegen:

      »War doch eine ganz nette Zeremonie, findest du nicht, Gordon?«

      »Doch, doch.«

      »So wie Jaspar selbst: einfach, grau, diskret und effektiv.«

      »Stimmt.«

      »Effektiv vor allem für die anderen!«

      Jetzt glaubt er, den Zusammenhang zu verstehen. Anfangs hatte er vermutet, es handele sich um eine ehemalige Fußballmannschaft, doch es war wohl ein Zufall, dass sie zu elft waren. Arthurs letzte Bemerkung legte die Vermutung nahe, dass jeder auf seine Weise dazu beigetragen hatte, das Netz um einen Abtrünnigen enger zu ziehen, womöglich um einen Doppelagenten, der sie verraten hatte. Er malt sich aus, Jaspar habe für den britischen Geheimdienst gearbeitet und gleichzeitig dem Feind Informationen zugespielt. Die Bemühung um besondere Diskretion konnte auch der Grund für die frühe Stunde der Beisetzung sein.

      Eine Kellnerin erkundigt sich, was sie trinken wollen. Die Antwort erschallt beinahe im Chor: Bier! Er selbst zögert am längsten, bis Bobby ihm mitteilt, die »Firma« bezahle. Da bestellt auch er einen Pint. Eine Platte mit Käse und Salat wird gebracht, gefolgt von einer weiteren mit Sandwiches. Das Essen ist reichlich, doch ganz plötzlich hat er die unheimliche Assoziation, es handele sich um ein Komplott, und die Männer um ihn herum seien hinterhältige Gegenspieler, die alles nur arrangiert hätten, um ihn auf die Probe zu stellen. Ohne dunklen Anzug, mit seinem olivgrünen Blazer und der


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