Vegetarisch leben. Armin Risi
in Risi, Ronald Zürrer
Vegetarisch leben
IMPRESSUM
«Vegetarisch leben» erschien zum ersten Mal im August 1989 und wurde im Laufe der Jahre mit jeder Auflage immer wieder neu überarbeitet und aktualisiert. Mit einer Gesamtauflage von 458 000 gedruckten Exemplaren ist «Vegetarisch leben» heute im deutschsprachigen Raum die am weitesten verbreitete Schrift zu diesem Thema.
Um die Verbreitung dieses Buches und damit das Anliegen des Vegetarismus zu fördern, hat sich der Verlag entschieden, den Verkaufspreis besonders niedrig zu halten, und die Autoren verzichten zudem auf jegliches Honorar.
12., aktualisierte Auflage als E-Book – Januar 2019
© 2019 Govinda-Verlag GmbH, Postfach, 8462 Rheinau (Schweiz)
Alle Rechte vorbehalten.
Auszugsweises Zitieren unter Angabe der Quelle gestattet.
ISBN 978-3-905831-52-8 (E-Book)
EINLEITUNG
Für viele Menschen ist das Fleischessen etwas Selbstverständliches, etwas, worüber man sich kaum Gedanken macht. Wer aber einmal innehält und seine Ernährungsgewohnheiten hinterfragt, erkennt sehr bald, dass es keinen stichhaltigen Grund für den Konsum von Fleisch gibt, ja dass damit sogar viele Probleme und Nachteile verbunden sind.
Während noch vor vierzig, fünfzig Jahren der «Verzicht» auf Fleisch als etwas Exotisches oder sogar Anormales galt, nimmt die Anzahl der Vegetarier heute beständig zu, insbesondere unter den Jugendlichen. Früher waren es vor allem ethische und religiöse Gründe, die die Menschen bewegten, fleischlos zu leben, in jüngerer Zeit gewinnen auch die gesundheitlichen und ökologischen Gründe zunehmend an Bedeutung. Nach einer Berechnung des Vegetarierbundes Deutschlands (VEBU) werden in der Bundesrepublik im Durchschnitt jede Woche etwa 4000 Menschen zu Vegetariern. Um mit dieser Entwicklung mithalten zu können, bieten mittlerweile immer mehr nichtvegetarische Restaurants auch fleischlose Gerichte an, und die Anzahl der rein vegetarischen Restaurants nimmt konstant zu.
In Europa hat Deutschland die meisten Vegetarier (ca. 6,6 Millionen, d.h. rund 8% der Bevölkerung; bemerkenswert dabei: vier Fünftel der sich vegetarisch ernährenden Menschen sind Frauen), gefolgt von Italien (ca. 5,7 Mio., rund 10%), Großbritannien (ca. 3,6 Mio., rund 6%), Irland (6%), den Niederlanden (4,3%), Spanien (4%), Schweden, Österreich und der Schweiz (je 3-4%). In den USA leben schätzungsweise ebenfalls 3% der Bevölkerung vegetarisch (also rund 10 Mio. Menschen), und in Indien, dem «Mutterland des Vegetarismus», sind es etwa 300 Millionen Menschen (rund 30% der Bevölkerung).
Man unterscheidet zwischen vier Arten von Vegetariern:
(1) Veganer: lassen in ihrer Ernährung sämtliche tierischen Produkte (Fleisch, Fisch, Eier, Milch, Honig usw.) weg und lehnen in ihrer Lebensweise jegliche tierischen Erzeugnisse (Leder usw.) ab.
(2) Lakto-Vegetarier: essen kein Fleisch, keinen Fisch und keine Eier, jedoch Milchprodukte.
(3) Ovo-Vegetarier: essen kein Fleisch, keinen Fisch und keine Milchprodukte, jedoch Eier.
(4) Ovo-Lakto-Vegetarier: essen kein Fleisch und keinen Fisch, jedoch Milchprodukte und Eier.
Im vorliegenden Buch aus der Reihe «Grundlagenwissen im Govinda-Verlag» finden Sie eine Auswahl der wichtigsten gesundheitlichen, ökologischen und ökonomischen Argumente für eine vegetarische Ernährung ohne Fleisch und Fisch, mit kritischen Gedanken über den Konsum von Eiern und Milch. Darüber hinaus werden auch weiterführende ethische und philosophische Argumente dargelegt.
Kapitel 1
GESUNDHEITLICHE ASPEKTE
«Nichts wird die Gesundheit des Menschen und die Chancen auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.»
Fördert Fleischessen gewisse Krankheiten? Kann umgekehrt eine rein vegetarische Ernährung die Gesundheit stärken? Kann sie mithelfen, bestimmte Krankheiten zu vermeiden bzw. Heilungsprozesse zu unterstützen?
Vegetarier bejahen diese Fragen aus praktischer Erfahrung. Sie berichten von einer Verbesserung ihres Wohlbefindens, die nicht nur körperliche, sondern auch geistige und seelische Aspekte umfasst. Außerdem fühlen Menschen nach der Umstellung auf die vegetarische Ernährung eine neue Leichtigkeit sowie eine erhöhte Kreativität und Konzentrationsfähigkeit.
Wie das vorliegende Buch aufzeigt, ist der gesundheitliche Aspekt nicht das einzige und nicht einmal das wichtigste Argument für eine vegetarische Ernährung. Was die Frage der Gesundheit betrifft, so ist es hinlänglich erwiesen, dass man sich ohne Fleisch und Fisch und auch ohne Milchprodukte vollwertig ernähren kann. Es ist aber auch eine Tatsache, dass man mit einem mäßigen Fleischkonsum gesund leben kann. Wer, wie noch unsere Großeltern, höchstens ein- oder zweimal in der Woche Fleisch (mit Bio-Qualität) isst, unterliegt dadurch kaum oder nur in geringem Maße den nachfolgend aufgezählten Gesundheitsrisiken.
Dennoch wollen wir hier ausführlich auf die gesundheitsgefährdenden Aspekte des heutigen Fleischkonsums eingehen, denn medizinische Untersuchungen und Studien auf allen Kontinenten erbringen immer mehr Beweise, dass der angestiegene Fleischkonsum zu zahlreichen Krankheiten führt oder deren Entstehen zumindest unterstützt. Dies trifft vor allem auf die sogenannten Zivilisationskrankheiten zu, wie Arteriosklerose, Herz- und Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Wasserablagerungen, Stoffwechselstörungen, Übergewicht, Hautkrankheiten, Allergien, Gicht, Osteoporose, Rheuma, Diabetes und Krebs: allesamt degenerative, oft chronische Krankheiten, die bei Vegetariern erwiesenermaßen seltener auftreten als bei Fleischessern.
Hinzu kommt, dass Vegetarier erheblich weniger zu Fehlernährung, Fettleibigkeit, hohem Alkoholkonsum und Nikotinsucht neigen. Der Belastung durch Umweltschadstoffe ist ihr nachweislich stärkeres Immunsystem ebenfalls besser gewachsen.
Vor hundert Jahren waren in Europa Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Obst und gelegentlich Milch(produkte) von Weidekühen die Grundlage der menschlichen Ernährung. Damit wurden die Menschen ausreichend mit allen notwendigen Nährstoffen (Protein, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine, Mineralstoffe/Spurenelemente und Ballaststoffe) versorgt. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen Fleisch, Fisch, Geflügel und Eier in großen Mengen hinzu, zusammen mit anderen vitalstoffarmen Nahrungsmitteln (sterilisierte oder uperisierte Milch, Industrienahrung, Fast Food). So verzehren die Westeuropäer und Amerikaner heute gegenüber dem Jahr 1900 rund 33% mehr Milchprodukte, 50% mehr Rindfleisch, 72% mehr Fisch, 190% mehr Eier und 280% mehr Geflügel. Dies hat verständlicherweise erhebliche gesundheitliche Auswirkungen, was sich insbesondere an der drastischen Zunahme der erwähnten Zivilisationskrankheiten zeigt. (Nach: Dr. med. Werner Hartinger, Chirurg und ehemaliger 1. Vorsitzender der Vereinigung «Ärzte gegen Tierversuche», 1998).
Herzkrankheiten
Schon seit längerem haben Forscher den Verdacht geäußert, dass eine fleischzentrierte Ernährung die Entstehung von Arterienverkalkung und Herzkrankheiten fördert. Bereits 1961 schrieb das amerikanische Ärztejournal: «90 bis 97% der Herzkrankheiten könnten durch eine fleischlose Kost vermieden werden.» (Journal of the American Medical Association, 176/1961)
Die im Fleisch enthaltenen Proteine sind für den menschlichen Körper nur mit erheblichem Energieaufwand (und nie zu 100%) abbaubar, weil die Bausteine der Proteine, die Aminosäuren, vom tierischen Organismus entsprechend der eigenen Art zusammengefügt werden und vom menschlichen Organismus zuerst wieder aufgespalten werden müssen, was eben nie restlos möglich ist. (Für den menschlichen Körper ist es einfacher, die Aminosäuren aus Pflanzen und Früchten zu beziehen; interessanterweise essen die Menschen fast nur vegetarisch lebende Tiere!)
Bei einer Ernährung, die dem Körper zu viele Proteine zuführt, werden die nicht abgebauten Proteine, ebenso wie die Cholesterin-Fette, allmählich zu einem Problem, denn sie lagern sich an den inneren Arterienwänden ab und behindern die Blutzirkulation im Körper, weshalb das Herz bedeutend mehr arbeiten muss, um das Blut durch die engen und verhärteten Blutbahnen zu pumpen und den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Dies führt zu