Vegetarisch leben. Armin Risi
Problem, da sie B12 mit Milchprodukten aufnehmen. Veganern wird empfohlen, bestimmte Algenarten (v.a. Spirulina-, Nori- oder Afa-Algen) oder «fermentierte» Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, das heißt mit Mikroorganismen versehene Nahrung, die einem bakteriellen Prozess unterworfen wurde, so dass diese Bakterien zu Vitamin-B12-Lieferanten werden (z.B. Sauerkraut, Miso oder Tempeh).
Fazit: Der in den Industrienationen verbreitete Vitamin-B12-Mangel hat hauptsächlich mit der Denaturierung der pflanzlichen Nahrungsmittel zu tun. Deshalb bekommt der moderne Mensch sogar über das Fleisch nicht mehr genügend B12, und die Nahrungsmittelindustrie muss immer mehr tierische Produkte mit B12 anreichern.
Vitamin B12 können wir jedoch über gesunde, möglichst ungeschälte Pflanzen aus naturbelassenem Bio-Anbau, über Algenprodukte oder durch mit B12 angereicherte vegetarische Produkte (beispielsweise Sojadrinks) bekommen. Weitere wertvolle Quellen sind auch Gerstengras sowie ungewaschene Wildkräuter.
Braucht der Mensch Eier?
Eier können auch als «flüssiges Fleisch» bezeichnet werden. Im langen Darmtrakt des Menschen beginnen sie daher noch schneller zu faulen als Fleisch. Unter allen Nahrungsmitteln enthalten Eier den höchsten Anteil an Fäulnisbakterien pro Gramm, nämlich 150 bis 220 Millionen, und diese vermehren sich mit ungeheurer Geschwindigkeit. Zusätzlich zu diesen Bakterien enthält das Ei auch sehr viel Cholesterin, und in der Verdauung führen Eier, genauso wie Fleisch, zur Bildung von toxischen Schadstoffen. Eier gehören also nicht gerade zu den gesündesten und verträglichsten Nahrungsmitteln.
Wissenschaftler der Ärzteorganisation PCRM (Washington) haben im Rahmen einer Untersuchung von 57 000 Frauen und Männern festgestellt, dass diejenigen, die täglich Eier konsumierten, einem größeren Risiko ausgesetzt waren, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Das Risiko erhöhte sich bei Frauen um 77%, bei Männern um 58%.
Außerdem ist ein Ei, ob befruchtet oder unbefruchtet, von Natur aus für etwas anderes als für den menschlichen Verzehr bestimmt. Die Elemente, die im Ei enthalten sind (vor allem Protein), können, wie bereits dargelegt, leicht und auf unschädliche Weise aus rein vegetarischer Nahrung bezogen werden. Selbst Kuchen, Torten und anderes Süßgebäck lassen sich problemlos ohne die Verwendung von Eiern zubereiten.
Braucht der Mensch tierische Milch?
Der moderne Mensch neigt dazu, die Frage nach der Notwendigkeit des Milchkonsums vorbehaltlos zu bejahen. Diese Ansicht ist hauptsächlich kulturell bedingt und geht zurück auf den Einfluss der Werbung während der letzten Jahrzehnte (in den vergangenen 140 Jahren hat sich der hiesige Konsum von Milchprodukten um das 24-fache gesteigert!). Doch wie beim Fleisch ist es auch bei der Milch erwiesen, dass der Mensch sehr gut ohne sie leben kann. Millionen von Veganern weltweit, die seit ihrer Geburt oder seit ihrer Ernährungsumstellung ohne Milch(produkte) leben, zeigen mit ihrem persönlichen Beispiel, dass eine gesunde vegane Ernährung durchaus möglich ist.
«Studien mit Veganern, die weltweit, aber auch von uns durchgeführt wurden, zeigen, dass Veganer im Durchschnitt deutlich gesünder sind als die allgemeine Bevölkerung. Körpergewicht, Blutdruck, Blutfett- und Cholesterinwerte, Nierenfunktion sowie Gesundheitsstatus allgemein liegen häufiger im Normalbereich. […] Wenn alle Menschen veganisch leben würden, sähe es um die Gesundheit der Menschen, der Umwelt und der Gesellschaft besser aus. Es gilt, dieses Potential zu nutzen.» (Prof. Claus Leitzmann von der Justus-Liebig-Universität in Gießen, in einer öffentlichen Erklärung am 24. März 1994 in Bonn)
Auch für Säuglinge und Kinder ist eine ausgewogene vegane Ernährung vollständig ausreichend, ja sogar gesünder als eine Ernährung mit Tiermilch und Fleisch, solange auf eine genügende Vitamin-B12-Versorgung geachtet wird. In der angesehenen amerikanischen Fachzeitschrift für Kinderärzte, Pediatrics in Review, wurde im Jahr 2004 ein Artikel zum Thema «Vegane Ernährung für Babys, Kinder und Jugendliche» veröffentlicht, der die Forschungsergebnisse einer Studie vom Children’s National Medical Center in Washington D. C. darlegte. Zusammenfassend wurde festgehalten:
«Viele Experten kamen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass die vegane Ernährung von Babys und Kindern als sicher gelten kann, dass durch sie also weder die Nährwerteversorgung noch das Wachstum beeinträchtigt wird und dass sie zudem einige bemerkenswerte gesundheitliche Vorteile bringt.» (B. C. Moilanen: «Vegan Diets in Infants, Children, and Adolescents», in: Pediatrics in Review, 2004/25, S. 174-176)
Auch der weltberühmte Kinderarzt Dr. Benjamin Spock (1903–1998) sagt in seinem Buch Dr. Spock’s Baby and Child Care – in den USA seit Jahrzehnten ein Mega-Bestseller (die dt. Ausgabe erschien unter dem Titel Pflege und Behandlung des Säuglings) –, dass nebst der Muttermilch für Säuglinge und Kinder eine richtige vegane Ernährung ideal ist! Dasselbe bestätigte auch die weltweit größte Organisation von professionellen Nahrungs- und Ernährungsexperten, die Vereinigung der amerikanischen Ernährungswissenschaftler, in ihrem offiziellen Positionspapier: «Eine gut geplante vegane oder andere Art der vegetarischen Ernährung ist für jede Lebensphase geeignet, inklusive während der Schwangerschaft, Stillzeit, Kindheit und in der Pubertät.» (Position of the American Dietetic Association, 2003/103)
Der Mensch kann also in allen Lebensphasen sehr gut ohne tierische Milch leben. Milch ist, entgegen der von den entsprechenden Industrien gesponserten Propaganda, kein unentbehrliches Nahrungsmittel – und auch kein gesundes, ja nicht einmal ein natürliches.
Man bedenke: Der Mensch ist das einzige «Säugetier», das noch im Erwachsenenalter die Säuglingsnahrung beibehält, und dabei auch noch eine artfremde. Während eine gesunde Muttermilch, die sich dem Wachstum des Säuglings laufend perfekt anpasst, für die physische und psychische Entwicklung des Kindes von elementarer Bedeutung ist, ist artfremde Milch sehr problematisch. Eine Kuh produziert die Milch für ihr Kalb und dessen Bedürfnisse, die ganz anders sind als die des menschlichen Kindes. Ein Kalb steht von den ersten Minuten an auf seinen Beinen und wächst sehr schnell, weshalb es eine entsprechende Nahrung braucht. Ein menschliches Kleinkind erhebt sich nicht sogleich auf die Beine, sondern wächst in einem anderen Rhythmus und entwickelt dabei zuerst hauptsächlich sein Gehirn. Tiermilch jedoch ist nicht auf das Gehirnwachstum fokussiert, sondern unterstützt den zum Überleben des jungen Tieres notwendigen allgemeinen Wachstumsschub. Kaum ist das Tier etwas älter, hört es instinktiv mit dem Milchtrinken auf. Es trinkt also nicht einmal mehr die arteigene Milch!
Wegen ihrer Artfremdheit ist Tiermilch – die natürliche und erst recht die industriell verarbeitete – für den Menschen kein geeignetes Nahrungsmittel. Dies gilt um so mehr, als heute noch die vielen Mast- und Pharmastoffe hinzukommen, die den Tieren verabreicht werden und über die Milch in 5facher Konzentration – über das Fleisch in rund 14facher Konzentration – vom Menschen mit aufgenommen werden. (In nochmals erhöhter Konzentration werden diese Schadstoffe dann über die Muttermilch an das eigene Kind weitergegeben.)
Es kann also festgehalten werden, dass tierische Milch beim Menschen zu einem erhöhten Allergierisiko, zu ungewollter Antibiotikazufuhr, zu Übersäuerung, zu einem Überschuss an Cholesterin, Protein usw. beiträgt – mit all den damit verbundenen Problemen. Wie bei jeder Ernährungsform ist natürlich auch bei einer veganen Ernährung auf die gesunde Ausgewogenheit zu achten.
Abgesehen von den gesundheitlichen Bedenken gegen industrielle Milch und Milchprodukte führen Veganer noch ein weiteres beachtenswertes Argument an, das die Naturkost-Zeitschrift Schrot & Korn in ihrer Ausgabe 05/2013 folgendermaßen veranschaulicht: «Die Milch fließt nur, wenn ein Junges da ist, das auch gesäugt werden muss. Mit 21 Monaten wird die geschlechtsreife Kuh das erste Mal besamt und bringt nach 9 Monaten ein Kalb zur Welt. […] Aus den weiblichen Kälbern wählt der Bauer die künftigen Milchkühe aus. Die männlichen Kälber werden gemästet und spätestens nach 1,5 Jahren geschlachtet. Veganer weisen zu Recht darauf hin, dass der Konsum von Milch, Butter und Käse zwangsläufig Kalbsschnitzel und Rinderbraten produziert.»
Der moderne Mensch hat sich derart weit vom Verständnis des harmonischen Kreislaufs der Natur entfernt, dass heute wohl die wenigsten Kinder noch wissen, dass eine Kuh nur dann Milch gibt, wenn sie mit dieser ihren Nachwuchs zu versorgen hat. Über den menschlichen Konsum von Tiermilch wird folglich der unnatürliche Teufelskreis der industriellen Masttierhaltung indirekt weiter unterstützt.
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