Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik

Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band - Hans  Dominik


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und Uhlenkort stehen seit Menschenaltern in engen verwandtschaftlichen Beziehungen … Sie wissen …«

      »Ich weiß, Herr Uhlenkort. Wollen Sie bitte Platz nehmen. Was führt Sie zu mir?«

      Während sie ihm gegenüber Platz nahm, sah er, wie sie mit Mühe einen Schmerz zu verbergen suchte.

      »Fräulein Harlessen, ich war gestern Abend zufälligerweise Zeuge Ihres Unfalls. Ich sehe soeben, er scheint doch nicht so glücklich verlaufen zu sein, wie man mir sagte. Sie fühlen sich nicht wohl? Sie haben Schmerzen? Ich bin besorgt.«

      Die unverhohlene Teilnahme, die aus seinen Worten sprach, schien den abweisenden Zug ihrer Mienen zu mildern.

      »Dank für Ihre Teilnahme, Herr Uhlenkort. Doch das dürfte wohl kaum der Grund sein, weswegen Sie zu mir kommen.«

      »Nein … und doch ja, Fräulein Harlessen. Gewiß! Einer fremden …

      Dame gegenüber …«

      »Oh, sagen Sie nur Zirkuskünstlerin.«

      Uhlenkort richtete seinen vollen Blick auf sie. »Ich glaube nicht, Fräulein Harlessen, Ihnen den geringsten Grund gegeben zu haben …«

      »Gut, Herr Uhlenkort, gut! Also noch einmal: Was führt Sie zu mir?

      Lassen wir den Sturz beiseite.«

      »Ich komme zu Ihnen, Fräulein Harlessen, als Ihr Verwandter … oder wenn Sie wollen, als Beauftragter Ihres Oheims, des europäischen Staatspräsidenten.«

      »Ah! Man weiß auch in Hamburg von meiner Existenz? Interessant!

      Ich vermute, daß das Interesse nicht älter ist als ein halbes Jahr?«

      »Ich verstehe nicht, Fräulein Harlessen.«

      »Nun, ein halbes Jahr ist es her, daß ich Schulreiterin bin, Zirkuskünstlerin …«

      »Und?«

      »Und von da ab wird wohl das Interesse datieren?«

      »Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstehe, Fräulein Harlessen. Sie unterstellen Beweggründe … ?«

      »Oh, Herr Uhlenkort, glauben Sie nicht, daß ich, die Amerikanerin von da unten her, so ganz unvertraut mit den europäischen Sitten und Gewohnheiten bin. Mein Vater war ein Deutscher und blieb es bis zum letzten Augenblick. Er erzählte mir viel von Deutschland und vom alten Hamburg …«

      Sie wandte das Gesicht und brach ab. »Was wissen Sie von meinem Vater … und …«

      »Fräulein Harlessen! Ich sehe mit Bedauern, daß die Unterredung Sie anstrengt. Der gestrige Unfall hat Ihre Nerven stark angegriffen.«

      »Oh, meine Nerven sind in bestem Zustand, Herr Uhlenkort. Ein Sturz vom Gaul, es war nicht der erste … Er wäre schon längst vergessen, wenn …«

      Sie hob leicht die Schulter, und ein weher Zug ging um ihren Mund.

      »Fräulein Harlessen! Eine andere Frage. Hat der Arzt Sie bereits genauer untersucht?«

      »Nein! Ich sagte doch schon, daß ich den Arzt erwartete, als ich Ihre Ankunft vernahm. Doch wozu immer wieder abschweifen. Sie kommen zu mir als Verwandter, wie Sie sagen, oder etwa als Bevollmächtigter des Hauses Harlessen?«

      »Jawohl, Fräulein Harlessen! Ein ausdrücklicher Auftrag wurde mir zwar nicht gegeben. Aber ich handle im Sinne der Familie Harlessen …«

      »… der es wohl nicht angenehm ist – ich kenne, wie ich bereits sagte, die Ansichten der Alten Welt – daß eine Nichte des europäischen Staatspräsidenten als Zirkusreiterin ihr Brot verdient.«

      Uhlenkort wollte sie unterbrechen, doch sie fuhr fort: »Noch eine Frage, Herr Uhlenkort. Dann mögen Sie ungestört sprechen. Kamen Sie meinethalben nach Kapstadt? Und woher wußten Sie, daß ich hier bin?

      Ich glaubte, mich unter meinem Künstlernamen, es ist der Name unserer alten Farm, vor den Augen der Welt genügend verborgen zu haben.«

      Uhlenkort zögerte. »Ich kam nach Kapstadt, weil mich dringende Geschäfte hierher riefen. Aber ich war kurz vorher benachrichtigt worden, daß Sie hier im Zirkus aufträten.«

      »Von wem, bitte?«

      »Vom Pinkerton Office!«

      Eine leichte Röte huschte über Christies Gesicht.

      »Interessant! Und wie kamen Sie dazu?«

      »Ich will nicht weit ausholen. Ich könnte Ihnen sonst erzählen von jenen Zeiten, wo …«

      »Gut, lassen wir das, Herr Uhlenkort«, unterbrach ihn Christie. »Ich kenne jene Zeiten zur Genüge.«

      »Wenn Sie damit, Fräulein Harlessen, die Zeiten meinen, in denen sich jene unliebsamen Vorkommnisse abspielten, die zu einem Bruche Ihres Vaters mit der Familie Harlessen führten, so sind Sie gewiß auf falschem Wege. Ich meine die Jahre, die darauf folgten. Damals, als die Firma Harlessen wieder die alte geworden war. Als man vergeben … vergessen hatte. Als man alle Beziehungen in Bewegung setzte, um nach dem Verbleib Ihres Vaters zu forschen.«

      »Ist das wahr? Tat man das?«

      »Man tat es, bis man die Aussichtslosigkeit erkannt hatte.«

      Der harte Zug um Christies Lippen wurde weicher.

      »Gut, ich will es glauben. Doch wie war das mit dem Pinkerton Office?«

      »Ich kam vor einiger Zeit auf einer geschäftlichen Reise in die Kanalzone. Ein Zufall ließ mich dort den Namen Harlessen hören. Ich erfuhr von dem tragischen Tod Ihres Vaters und von Ihrer Abreise nach Milwaukee. Da mich dringende Geschäfte nach Europa zurückriefen, beauftragte ich das Pinkerton Office, weitere Nachforschungen anzustellen.«

      Er richtete seinen Blick auf das junge Mädchen, das zurückgesunken in dem Fauteuil lag. Die Augen halb geschlossen, schien sie über seine Worte nachzudenken.

      »Und welchen Zweck verfolgten Sie mit Ihrem Besuch? Nehmen wir an, der Sturz wäre gestern Abend nicht geschehen.«

      Uhlenkorts Blick glitt voll Teilnahme über die schlanke junge Gestalt.

      »Ich kam hierher, Fräulein Harlessen, um Sie zu bitten, einen Beruf, dessen Gefährlichkeit der gestrige Abend wieder bewiesen hat, aufzugeben und in die alte Heimat zurückzukehren.«

      »Heimat? Das Wort hörte ich so oft aus dem Munde meines Vaters …

      Ich verstand es nie ganz, der Begriff war mir fremd. Ich weiß nur, wie oft ihm die Tränen kamen, wenn das Wort fiel. Meine Heimat … wo ist sie? Wir zogen in den Staaten von Stadt zu Stadt, bis wir am Kanal ansässig wurden. Hamburg ist sicher nicht meine Heimat. Wie soll ich dahin zurückkehren, wo ich doch nie gewesen bin? Meine Heimat ist der Zirkus! Die Zirkuswelt …«

      Er machte eine abweisende Bewegung.

      »Fräulein Harlessen, ich kann es nicht glauben. Sie sprachen in der Erregung des Augenblicks. Ihr Gesicht, Ihre Augen – alles verrät das Harlessensche Blut. Das läßt sich nicht verleugnen. Es ist unmöglich, Fräulein Harlessen, daß Sie sich auf die Dauer in dieser Umgebung wohl fühlen können. Ich bin erstaunt, daß Sie diesen Beruf ergriffen haben. Wie kamen Sie zu diesem Entschluß?«

      »Oh, sehr einfach. Ich kam nach Milwaukee und fand von meinen Verwandten mütterlicherseits niemanden mehr vor.

      Meine Mittel waren zu Ende. Ich traf einen früheren Cowboy unserer Farm, der Zirkusreiter geworden war, schilderte ihm meine Lage und folgte seinem Rat, Zirkusreiterin zu werden. Wir gingen zum Direktor.

      Er erlaubte, daß ich ihm vorreiten durfte. Ich gefiel ihm. Das Engagement war perfekt. Sie sehen …«

      »Das war ein ebenso schneller wie energischer Entschluß, Fräulein Harlessen. Aber ich glaube, es hätten sich für Sie doch noch andere Möglichkeiten geboten, zum Beispiel …«

      Ein leichtes Lächeln huschte über das Gesicht


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