Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik

Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band - Hans  Dominik


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ich nicht überzeugt wäre, daß ich auf Ihre unbedingte Verschwiegenheit rechnen könnte, würde ich selbst das wenige, was ich weiß, für mich behalten. Um mit dem Namen anzufangen, so habe ich begründete Zweifel, ob es der seiner Eltern war. Seinen wahren Namen kennt außer ihm selbst vielleicht nur der Präsident-Diktator. Seinen Papieren nach ist er Amerikaner. Aber als ich zum erstenmal seine Bekanntschaft machte, glaubte ich bestimmt, starke Anklänge schottischen Akzents in seiner Sprache zu bemerken.«

      »Wann und wo war das?« fragte Curtis gespannt.

      »Die Gelegenheit war für Dr. Glossin nicht gerade ehrenvoll. Vor zwanzig Jahren. Während des ersten japanischen Krieges. Ich hatte einen Posten bei der politischen Polizei in San Franzisko. Kalifornien war von japanischen Spinnen überschwemmt. Die Burschen machten uns Tag und Nacht zu schaffen. Es war auch klar, daß ihre Unternehmungen von einer Stelle aus geleitet wurden. Einer meiner Beamten brachte mir den Doktor, den er unter höchst gravierenden Umständen verhaftet hatte. Aber es war ihm schlechterdings nichts zu beweisen. Hätten wir damals schon den Geheimen Rat gehabt, wäre die Sache wahrscheinlich anders verlaufen. So blieb nichts weiter übrig, als ihn laufen zu lassen. In der nach unserer Niederlage ausbrechenden Revolution soll er … ich bemerke ›soll‹ … ein Führer der Roten gewesen sein. Zu beweisen war auch hier nichts. Jedenfalls war er einer der ersten, die ihre Fahnen wechselten. Als Cyrus Stonard an der Spitze des in den Weststaaten gesammelten weißen Heeres die Revolution mit blutiger Hand niederschlug, war Dr. Glossin bereits in seiner Umgebung. Er muß dem Diktator damals wertvolle Dienste geleistet haben, denn sein Einfluß ist seitdem fast unbegrenzt.«

      MacMorland unterbrach seinen Bericht, um sich dem Ferndrucker zuzuwenden.

      »Hallo, da haben wir weitere Meldungen über R. F. c. 1. Versuchen Sie Ihren Scharfsinn, Herr Professor. Vielleicht können Sie das Rätsel lösen. Der Bericht lautet: ›R. F. c. 1 stand um sieben Uhr morgens zur Abfahrt bereit. Drei Monteure und ein Unteroffizier waren an Bord. Der Kommandant stand mit den Ingenieuren, die an der Fahrt teilnehmen sollten, dicht dabei. Zwei Minuten nach sieben erhob sich das Flugschiff ganz plötzlich. Seine Maschinen sprangen an. Es flog in geringer Höhe über einen neben dem Flugplatz liegenden Wald. Etwa fünf Kilometer weit. Man nahm auf dem Platz an, daß die Maschinen versehentlich angesprungen seien und die Monteure das Flugzeug hinter dem Wald wieder gelandet hätten. Ein Auto brachte den Kommandanten und die Ingenieure dorthin. Vom Flugzeug keine Spur. Die Monteure in schwerer Hypnose behaupten, es habe nie ein Flugzeug R. F. c. 1 gegeben. Sie sind zurzeit in ärztlicher Behandlung.‹«

      MacMorland riß den Papierstreifen ab und legte ihn vor den Professor auf den Tisch.

      »Das ist das Tollste vom Tollen. Was sagen Sie dazu?«

      Der Polizeichef lief aufgeregt hin und her. Auch Professor Curtis konnte sich der Wirkung der neuen Nachricht nicht entziehen.

      »Sie haben recht, Herr Präsident. Es ist ein tolles Stück. Aber Gott sei Dank fällt es nicht in das Ressort von Sing-Sing und geht mich daher wenigstens beruflich nichts an. Es wird Sache der Armee sein, wie sie ihren Kreuzer wiederbekommt. Lieber noch ein paar Worte über Doktor Glossin. Ich hatte schon viel von ihm gehört. Heute hab ich ihn das erstemal gesehen. Wo wohnt er? Wie lebt er? Was treibt er?«

      »Sie fragen viel mehr, als ich beantworten kann. Hier in Neuyork besitzt er ein einfach eingerichtetes Haus in der 316ten Straße. Daneben hat er sicher noch an vielen anderen Orten seine Schlupfwinkel …«

      »Ist er verheiratet?«

      »Nein. Obgleich er keineswegs ein Verächter des weiblichen Geschlechts ist. Mir ist manches darüber zu Ohren gekommen … Na, gönnen wir ihm seine Vergnügungen, wenn sie auch manchem recht sonderlich vorkommen mögen.«

      »Hat er sonst gar keine Leidenschaften?«

      »Ich weiß, daß er Diamanten sammelt. Auserlesene schöne und große Steine.«

      »Nicht übel! Aber ein bißchen kostspielig das Vergnügen. Verfügt er über so große Mittel?«

      MacMorland zuckte mit den Achseln.

      »Es entzieht sich meiner Beurteilung. Ein Mann in seiner Stellung, mit seinem Einfluß kann wohl … lieber Professor, ich habe schon viel mehr gesagt, als ich sagen durfte und wollte. Lassen wir den Doktor sein Leben führen, wie es ihm beliebt. Es ist am besten, so wenig wie möglich mit ihm zu tun zu haben. Da Sie gerade hier sind, geben Sie mir, bitte, über die Vorgänge in Sing-Sing einen kurzen Bericht für meine Akten. Wir können nachher zusammen frühstücken.«

      Wie griechischer Marmor glänzten die Mauern des Weißen Hauses zu Washington in der grellen Mittagsonne. Aber ein dunkles Geheimnis barg sich hinter den schimmernden Mauern. Lange und nachdenklich hafteten die Blicke der Vorübergehenden auf den glatten, geraden Flächen des Gebäudes. Die politische Spannung war bis zur Unerträglichkeit gestiegen. Jede Stunde konnte den Ausbruch des schon lange gefürchteten Krieges mit dem englischen Weltreich bringen. Die Entscheidung lag dort hinter den breiten Säulen und hohen Fenstern des Weißen Hauses.

      In dem Vorzimmer des Präsident-Diktators saß ein Adjutant und blickte aufmerksam auf den Zeiger der Wanduhr. Als diese mit leisem Schlag zur elften Stunde ausholte, erhob er sich und trat in das Zimmer des Präsidenten.

      »Die Herren sind versammelt, Herr Präsident.«

      Der Angeredete nickte kurz und beugte sich wieder zum Schreibtisch, wo er mit dem Ordnen verschiedener Papiere beschäftigt war. Ein Mann mittleren Alters. Eine Art militärischen Interimsrockes umschloß den hageren Oberkörper. Auf einem langen, dünnen Halse saß ein gewaltiger Schädel, dessen vollkommen haarlose Kuppel sich langsam hin und her bewegte. Aus dem schmalen, durchgeistigten Aszetengesicht blitzten ein Paar außerordentlich große Augen, über denen sich eine zu hohe und zu breite Stirn weit nach vorn wölbte.

      Das war Cyrus Stonard, der absolute Herrscher eines Volkes von dreihundert Millionen. Als er sich jetzt erhob und langsam, beinahe zögernd der Tür zuschritt, bot er äußerlich nichts von jenen Herrscherfiguren, die in der Phantasie des Volkes zu leben pflegen. Nur das geistliche Kleid fehlte, sonst hätte man ihn wohl für eine der fanatischen Mönchsgestalten aus den mittelalterlichen Glaubenskämpfen der katholischen Kirche ansehen können.

      Er durchschritt das Adjutantenzimmer und betrat einen langgestreckten Raum, dessen Mitte von einem gewaltigen, ganz mit Plänen und Karten bedeckten Tisch ausgefüllt war. In der einen Ecke des Saales standen sechs Herren in lebhaftem Gespräch. Die Staatssekretäre der Armee, der Marine, der auswärtigen Angelegenheiten und des Schatzes. Die Oberstkommandierenden des Landheeres und der Flotte. Sie verstummten beim Eintritt des Diktators. Cyrus Stonard ließ sich in den Sessel am Kopfende des Tisches nieder und winkte den anderen, Platz zu nehmen.

      »Mr. Fox, geben Sie den Herren Ihren Bericht über die auswärtige Lage.«

      Der Staatssekretär des Auswärtigen warf einen kurzen Blick auf seine Papiere.

      »Die Spannung mit England treibt automatisch zur Entladung. Seitdem Kanada sich mit uns in einem Zollverband zusammengefunden hat, sind die Herren an der Themse verschnupft. Die Bestrebungen im australischen Parlament, nach kanadischem Muster mit uns zu verhandeln, haben die schlechte Laune in Downing Street noch verschlechtert. England sieht zwei seiner größten und reichsten Kolonien auf dem Wege natürlicher Evolution zu uns kommen. In Australien geht die Entwicklung langsamer vor sich, seitdem der japanische Druck verschwunden ist. Aber auch dort ist sie unaufhaltbar, wenn es der englischen Macht nicht vorher gelingt, uns niederzuwerfen …«

      Ein spöttisches Lächeln glitt über die Züge des Flottenchefs.

      »In Asien und Südamerika stoßen unsere Handelsinteressen schwer mit den englischen zusammen. Der letzte Aufstand im Jangtsekiangtale war mit englischem Gelde inszeniert. Die afrikanische Union hält bei aller Wahrung ihrer politischen Selbständigkeit wirtschaftlich fest zu England und läßt nur englische Waren hinein. Unser letzter Versuch, einen Handelsvertrag mit der afrikanischen Union abzuschließen, ist gescheitert. Meines Erachtens treiben die Dinge einer schnellen Entscheidung entgegen. Die Entführung von R. F. c. 1 gibt einen geeigneten Anlaß. Seit zwei Stunden tobt


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