Falsches Spiel der Liebe wegen. Barbara Cartland

Falsches Spiel der Liebe wegen - Barbara Cartland


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      Aber nun wollte er sein Junggesellendasein offenbar beenden, und das war verständlich. Früher oder später brauchte er einen Sohn, der seinen Titel, sein beträchtliches Vermögen und seine ausgedehnten Ländereien erben würde.

      Roxana kannte die anderen Debütantinnen nicht, bezweifelte aber, daß auch nur eine einzige schöner sein könnte als ihre Kusine - eine typische, traditionelle ,englische Rose‘. Caroline hatte einen makellosen hellen Teint mit rosa Wangen, große blaue Augen und blonde Haare, die ein Poet mit dem ,Gold reifender Weizenfelder‘ verglichen hätte. Sie bewegte sich graziös, strahlte zumeist liebenswürdige Sanftmut aus, und es wäre übertrieben gewesen, angesichts all dieser Vorzüge auch noch außergewöhnliche Intelligenz von ihr zu verlangen.

      Bei den gemeinsamen Schulstunden hatte Roxana den Lehrstoff, den die Gouvernante beherrschte, schon nach kurzer Zeit bewältigt und sich dann selbst weitergebildet, während Caroline immer noch unterrichtet worden war.

      Als sie nach dem Tod ihrer Eltern ins herzogliche Schloß gezogen war, hatte Roxana geglaubt, den Rest ihres Daseins in einem Gefängnis verbringen und vor Verzweiflung sterben zu müssen.

      Dann entdeckte sie die große Bibliothek, die ihr Interesse weckte und ihr einen neuen Lebensinhalt bot.

      Schon als kleines Mädchen hatte sie, von ihrer Mutter angeregt, stets Neugier gezeigt und sich über alles informiert, was man über dieses oder jenes Thema erfahren konnte. Ihre Mutter hatte sie auch ihre Muttersprache Französisch gelehrt, und Roxana hatte dadurch erfahren, daß es trotz der britischen Selbstherrlichkeit noch andere Länder und Völker auf dieser Welt gab.

      „Du mußt dir ein möglichst umfangreiches Wissen aneignen, mein Liebling, auf allen Gebieten“, hatte ihre Mutter erklärt. „Je eifriger du studierst, desto eher wirst du fähig sein, die Standpunkte und Gefühle anderer Leute genauso zu verstehen wie deine eigenen.“

      Während des Krieges war es schwierig gewesen, freundschaftliche Kontakte aufrecht zu erhalten. Denn als die Engländer gegen Mamas Vaterland gekämpft hatten, war sie von vielen einstigen ,Freunden‘ und sogar von nahen Verwandten ihres Mannes gemieden worden.

      Erst viel später, nachdem Roxana ins Schloß übersiedelt war, hatte sie die Gründe erfahren - der Herzog war auf die Fähigkeiten seines jüngeren Bruders neidisch gewesen und die Herzogin auf die Schönheit ihrer Schwägerin.

      Wie es in allen großen aristokratischen Familien von England üblich war, hatte der älteste Sohn alles bekommen. Der Herzog von Bruntwick hatte den Titel geerbt, das Schloß und ein großes Landgut, während sein jüngerer Bruder nur eine kleine Rente bekommen und ständig Schulden gemacht hatte.

      Lord Leo war sehr beliebt und überall willkommen gewesen. Seine wahren Freunde hatten seine französische Frau akzeptiert. Trotzdem mußte die Situation während des Krieges - wie Roxana später erkannte - sehr schwierig für ihre Mutter gewesen sein, denn sie hatte ihren Mann abgöttisch geliebt und ihn nicht in Verlegenheit bringen wollen.

      Sie war die Tochter eines französischen Botschafters, der während des Waffenstillstands von 1802 in England gelebt hatte.

      Lord Leo hatte sie bei einer Party in London kennengelernt und wußte es sofort - sie war die Frau, die er bis dahin vergeblich gesucht hatte. Der gutaussehende Mann besaß einen Charme, dem nur wenige Menschen widerstehen konnten. Und so war es nicht erstaunlich, daß Yvette de Soisson seine Gefühle erwiderte. Trotz der Mißbilligung des Herzogs und der Herzogin von Bruntwick und trotz der Bedenken des Botschafters heirateten die beiden schon nach wenigen Monaten.

      Es wäre zu ungenau beschrieben, wenn man behaupten wollte, sie wären glücklich gewesen.

      Sie lebten wie im Paradies - bis die Feindschaft zwischen Großbritannien und Frankreich erneut aufflammte.

      Der Botschafter kehrte nach Paris zurück, und obwohl er ein wohlhabender Mann war, konnte er seiner Tochter kein Geld schicken.

      „Ich bin nur eine Belastung für dich“, hörte Roxana eines Tages ihre Mutter sagen, die nicht wußte, daß das Kind lauschte.

      „Wozu brauche ich Geld?“ hatte ihr Vater erwidert. „Solange du mir den Mond und die Sterne und ein Glück schenkst, das nicht einmal dem legendären Midas beschieden war, der alles in Gold verwandeln konnte...“

      Er hatte Yvette in die Arme genommen und sie geküßt, bis sie beide in fröhliches Gelächter ausgebrochen waren, weil es so wunderbar war, beisammen zu sein. In diesem Augenblick hatte Roxana erkannt, daß man Liebe nicht kaufen konnte - nicht mit allem Geld dieser Welt .

      Sobald sie ins Schloß kam, wurde ihr bewußt, wie sehr man sie verachtete. Kaum ein Tag verstrich, an dem die Herzogin nicht betonte, Roxana wäre ein völlig mittelloses Waisenkind und müßte ihrem Onkel ewig dankbar sein, daß er ihr Obdach gewährte und für ihren Unterhalt sorgte.

      „Extravagant, verantwortungslos und furchtbar leichtsinnig - das war dein Vater!“ pflegte die Tante immer wieder zu sagen. „Und was deine Mutter betrifft...“

      Es bedurfte keiner Worte, um klarzustellen, was sie von ihrer verstorbenen Schwägerin hielt.

      Wenn Roxana in den Spiegel blickte und ihr die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter bewußt wurde, war ihr klar, warum die Herzogin Mutter und Tochter haßte.

      Die Ehe des Herzogs war - wie in diesen Kreisen üblich - arrangiert worden, um zwei mächtige Familien auf bequemste Weise zu vereinen. Der Vater der Herzogin, der Herzog von Hull, hatte seiner Tochter eine beträchtliche Mitgift gegeben. Und nach seinem Tod hatte sie mehrere Häuser in London geerbt, deren Mieterträge ihr jährlich ein Vermögen einbrachten.

      Sie hatte dem Herzog den ersehnten Erben geschenkt und so lange intrigiert, bis er zum Oberstallmeister des Königs ernannt worden war - ein Amt, das ihn zur Zeit wenig beanspruchte, weil der Monarch im Sterben lag.

      Später brachte die Herzogin Caroline zur Welt, die glücklicherweise ihrem Vater glich und die Schönheit und Attraktivität seiner Familie geerbt hatte.

      Im Lauf der Jahrhunderte hatten viele Herzoginnen von Bruntwick durch ihre Schönheit geglänzt. Und in Roxana vereinten sich sowohl die äußeren Vorzüge ihrer englischen Ahnen als auch die Reize ihrer französischen Mutter, was ihr einen einzigartigen Zauber verlieh. Dies war der Grund, warum Tante Sophie sie von allen gesellschaftlichen Ereignissen im Schloß fern hielt.

      Obwohl Roxana ein knappes Jahr älter als Caroline war, durfte sie nur dann an den Mahlzeiten teilnehmen, wenn die Familie keine Gäste hatte. Ansonsten beschränkte sich die Gemeinsamkeit der beiden Mädchen auf die Schlafräume und das Schulzimmer.

      Zunächst konnte Roxana kaum glauben, daß ihre Tante sie wirklich so isolieren wollte. Sie dachte, die Trauer um den Vater, der ein Jahr nach ihrer Mutter gestorben war, sollte verlängert werden.

      Doch dann erklärte ihr die Herzogin unmißverständlich: „Ich habe deinen Vater nie geschätzt. Und wie du weißt, war deine Mutter eine Feindin unseres Landes, eine Fremde, die man meiner Meinung nach während des Krieges hätte einsperren müssen. Deshalb wünsche ich nicht, daß du mit Carolines Freundinnen zusammenkommst oder dich aufdrängst, wenn wir Gäste empfangen.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie boshaft hinzu: „Du kannst versuchen, dich nützlich zu machen. Kümmere dich um Carolines Kleider und schaff Ordnung in ihrem Zimmer, wenn die Dienstmädchen anderweitig beschäftigt sind. Wann immer wir nach London fahren, bleibst du natürlich hier.“

      Roxana verstand nicht, warum sie so behandelt wurde - bis ihr Nanny, Carolines alte Kinderfrau, alles erklärte.

      „Reg dich nicht so auf, mein Liebes“, sagte sie, als sie eine tränenüberströmte Roxana antraf. „Ihre Gnaden sind nur eifersüchtig - anders kann man das nicht ausdrücken.“

      „Eifersüchtig?“ fragte Roxana ungläubig.

      „Sie war immer unscheinbar, schon in ihrer Jugend. Und jetzt, mit ihren vielen Falten und Rundungen, kann sie die Tatsache, daß deine Mutter viel schöner war als sie, unmöglich übersehen.“

      „Sie war


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