Butler Parker 144 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 144 – Kriminalroman - Günter Dönges


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n> Butler Parker – 144 –

      Butler Parker war ungemein besorgt, ließ es sich allerdings nicht anmerken. Das glatte und ausdruckslose Gesicht blieb unbeweglich. Höflich und distanziert zugleich stand er seitlich hinter Lady Agatha Simpson, seiner Herrin, die gerade mit baritonaler Stimme verkündete, selbstverständlich sei sie noch durchaus in der Lage, einen Achttausender zu erstürmen.

      Lady Agatha Simpson, mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verschwägert, war eine stattliche Erscheinung, die Autorität ausstrahlte. Die große, durchaus als füllig zu bezeichnende Dame, hatte mit Sicherheit das sechzigste Lebensjahr überschritten. Sie besaß ein ausdrucksstarkes Gesicht, eine männliche Nase und ein Kinn, das Energie und Entschlossenheit verriet.

      Lady Agatha befand sich zusammen mit ihrem Butler in den altehrwürdigen Räumen eines Clubs, zu dem normalerweise weibliche Wesen keinen Zutritt haben. In ihrem Fall aber hatte man wohlweislich eine Ausnahme gemacht, denn die »alte« Dame war dafür bekannt, daß sie Hindernisse, gleich welcher Art, souverän überwand. Um ihr jedoch einen Streich zu spielen, hatten einige ältere Semester sie herausgefordert und nagelten sie nun zielstrebig auf eine Wette fest.

      »Sprachen Sie eben von einem Achttausender, Mylady?« fragte Sir Rupert, der Präsident des Clubs, in dem sich Globetrotter zu treffen pflegten, Männer, die noch Zeit und Geld hatten, um sich Abenteuerreisen zu leisten.

      »Ich sprach von einem Achttausender«, antwortete Agatha Simpson munter. Ihre grauen Augen blitzten, »Sie haben sich nicht verhört.«

      »Schafft ein Hubschrauber solch eine Höhe?« fragte ein anderes Clubmitglied ironisch.

      »Selbstverständlich werde ich auf einen Hubschrauber verzichten«, grollte Mylady augenblicklich, ich bestieg bereits das Matterhorn, junger Mann, als Sie noch gar nicht geboren waren!«

      »Ich denke, wir sollten auf eine Wette verzichten«, meinte Sir Rupert, ein zäh aussehender, drahtiger Fünfziger, listig.

      »Natürlich werde ich wetten«, antwortete die ältere Dame prompt und tappte damit in die gestellte Falle, »schneller kann eine arme Frau wie ich kein Geld verdienen.«

      Der Hinweis auf ihre Armut löste allgemeines Schmunzeln aus. Lady Agatha Simpson war immens vermögend, ihr Geiz allerdings nicht weniger bekannt.

      »Zehntausend Pfund, daß Sie einen Achttausender nie schaffen«, sagte Sir Rupert augenblicklich.

      »Papperlapapp, junger Mann«, antwortete Agatha Simpson wegwerfend, »fünfzigtausend Pfund und keinen Penny weniger, sonst interessiert diese Wette mich nicht.«

      »Abgemacht«, gab Sir Rupert klein bei, »Sie bezwingen den bewußten Achttausender noch in diesem Jahr, das ist die Bedingung.«

      »Eine Kleinigkeit für mich, nicht wahr, Mr. Parker?« Die Lady wandte sich zu ihrem Butler um.

      »Wie Mylady zu meinen belieben«, lautete Parkers ausweichende Antwort.

      »Noch in diesem Jahr«, wiederholte Lady Agatha triumphierend, »ich habe also noch vier Monate Zeit, das müßte eigentlich reichen.«

      »Das werden Sie nie schaffen«, sagte Sir Rupert, »Lady Agatha, noch können Sie die Wette kündigen.«

      »Niemals, junger Mann«, grollte die ältere Dame, »ich nehme die kleine Herausforderung selbstverständlich an. Gibt es noch weitere Herren, die sich an dieser Wette beteiligen möchten? Falls ja, dann setzen Sie sich mit Mr. Parker in Verbindung. Er wird die Einzelheiten erledigen.«

      Sie nickte hoheitsvoll und schlenderte in die große Halle, die mit Marmor verkleidet war. Sie hielt dabei ein Longdrinkglas in der Hand, aus dem sie nachhaltig getrunken hatte. Ihre Wangen waren leicht gerötet, sie machte einen animierten Eindruck.

      »Nun, Mr. Parker, was halten Sie von dieser Wette?« fragte sie leutselig, als sie mit ihrem Butler allein war. »Schneller kann ich wirklich kein Geld verdienen, nicht wahr?«

      »Mylady werden sich in den Himalaya begeben müssen«, antwortete Parker in seiner gewohnt höflichen Art.

      »Das macht doch nichts«, lautete ihre leicht gereizte Antwort.

      »Mylady werden sich einem sogenannten Konditionstraining unterziehen müssen«, zählte Josuah Parker weiter auf.

      »Unsinn«, raunzte sie, »ich bin in Hochform ... Erst vorgestern habe ich Golf gespielt und bin wenigstens eine ganze Meile gegangen.«

      »Ein Achttausender verlangt möglicherweise ein wenig mehr«, sagte der Butler gemessen.

      »Was wollen Sie mir da einreden, Mr. Parker?« Sie sah ihn streng an und runzelte die Stirn. »Ich habe erst vor einigen Tagen im Fernsehen einen Film gesehen. Ob Sie es nun glauben oder nicht, Mr. Parker, da wurde ein Bergsteiger gezeigt, der einen Achttausender sogar ohne Sauerstoffgerät erstieg, quasi mit der linken Hand. Ich werde mich doch von solch einem Jüngling nicht beschämen lassen!«

      »Myladys Wünsche werden meiner Wenigkeit selbstverständlich stets Befehl sein und bleiben«, erklärte Josuah Parker und deutete eine knappe Verbeugung an.

      »Sehr schön.« Sie nickte wohlwollend. »Sie, Mr. Parker, werden mich bei diesem Gipfelsturm natürlich begleiten.«

      »Meine Wenigkeit erlaubte sich, Mylady, dies bereits zu erahnen«, gab der Butler höflich zurück. Auch jetzt blieb sein Gesicht glatt und ausdruckslos wie das eines professionellen Spielers. Ein Butler Parker war eben durch nichts zu erschüttern.

      *

      »Du lieber Gott«, meinte Mike Rander am anderen Morgen. Parker hatte dem Anwalt den Morgenkaffee im altehrwürdigen Fachwerkhaus der Lady Simpson serviert und ihm einen knapp gefaßten Bericht von den Ereignissen im Club gegeben, »selbstverständlich wird Mylady nie einen solchen Berg schaffen.«

      »Auch hinsichtlich meiner bescheidenen Wenigkeit gibt es erhebliche Bedenken«, antwortete Parker gemessen, »Mylady scheint sich ein wenig zu überschätzen.«

      »Wie konnte es nur zu dieser Wette kommen?« Der etwa vierzigjährige Rander, groß, schlank und durchaus an einen bekannten James-Bond-Darsteller erinnernd, verwaltete neben seiner Praxis als Anwalt das Vermögen der älteren Dame, die er schon seit Jahren gut kannte.

      »Mylady befand sich möglicherweise in einem Zustand der Euphorie«, versuchte der Butler die verrückte Wette zu erklären, »zudem wurde Mylady geschickt herausgefordert.«

      »Dieser Sir Rupert ist eben ein gerissener Fuchs«, meinte Rander, »er hat sie voll ins Messer laufen lassen, Parker.«

      »Dem möchte und kann meine Wenigkeit nicht widersprechen, Sir.«

      Das Verhältnis zwischen Josuah Parker und Mike Rander war ausgezeichnet. In früheren Jahren hatten die beiden, von Grund auf verschiedenen Männer, gemeinsam viele Abenteuer überstanden, und zwar zu einer Zeit, als Parker noch Mike Randers Butler gewesen war.

      »Man müßte mal mit Sir Rupert reden«, meinte Rander nachdenklich, »man müßte ihn dazu bringen, daß er auf diese verrückte Wette verzichtet.«

      »Sir Rupert dürfte nur höchst ungern auf diesen sicheren Wettgewinn verzichten wollen.«

      »Das fürchte ich allerdings auch. So leicht läßt sich kein Geld verdienen wie hier.«

      »Mylady könnte sich theoretisch geschlagen geben und die fünfzigtausend Pfund zahlen, bevor weitere Wetten angeboten werden.«

      »Freiwillig wird Lady Simpson nie zahlen«, erwiderte der Anwalt und winkte ab, »aber wie, zum Teufel, können wir die Achttausender vor Mylady bewahren?«

      »Man könnte in Mylady eine gewisse Allergie Bergen gegenüber auslösen, Sir.«

      »Und wie stellen Sie sich das vor? Haben Sie eine Idee?«

      »Mylady wird freiwillig kaum ein sogenanntes Konditionstraining durchführen, aber im Zusammenhang mit einem Kriminalfall würde Mylady sich selbstverständlich jeder Anstrengung unterziehen.«

      »Haben Sie denn einen passenden Kriminalfall auf Lager, der dazu noch in den Bergen spielt?« Parker nickte andeutungsweise. »Vor einigen Tagen brachte eine große Tageszeitung einen


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