Butler Parker 144 – Kriminalroman. Günter Dönges
Oder sind Sie etwa anderer Meinung?«
»Keineswegs und mitnichten, Mylady.«
»Sie, Mr. Parker, hätten sich ja längst verlaufen.«
»Mit letzter Sicherheit, Mylady.«
»Haben Sie überhaupt eine Ahnung, wo wir sind?«
»Meine Wenigkeit muß gestehen, jede Übersicht verloren zu haben.«
»Ja, was haben Sie denn die ganze Zeit über getan?« grollte sie sofort, »Sie sind mir so ganz einfach nachgelaufen?«
»Meine Wenigkeit vertraute sich Myladys Führung an.«
»Und wo ist Ihrer Ansicht nach der Bergsee?« Sie sah ihn hoffnungsfrohlistig an und erwartete einen Hinweis.
»Meine Wenigkeit wäre ohne Myladys pfadfinderische Kenntnisse rettungslos verloren.«
»Wissen Sie denn wenigstens, wo Westen ist?«
»Meine Wenigkeit muß erneut zutiefst bedauern.«
»Suchen Sie an einem beliebigen Baumstamm nach Moosen und Flechten, dort ist dann immer Westen«, erklärte sie und ging auf einen dicken Baumstamm zu, der dummerweise glatt und sauber war.
»So ist es in der Regel«, korrigierte sie sich, »es geht eben nichts über britische Bäume, Mr. Parker. Diese hier halten sich nicht an die Spielregeln. Nun denn, weiter! Sie werden überrascht sein, wohin ich Sie führen werde.«
Ihre Fülle brach eine weitere Schneise durch das Unterholz. Die ältere Dame arbeitete sich weiter hangaufwärts und ... blieb dann plötzlich wie angewurzelt stehen.
Mylady haben eine Entdeckung gemacht?« erkundigte sich der Butler.
»Der Gebirgshof«, sagte sie und bemühte sich, die Überraschung in ihrer Stimme zu überdecken.
»Mylady meinen jenen Hof, in dem Mylady Quartier bezogen haben?«
»Natürlich«, sagte sie und nickte. Dann wandte sie sich zu ihrem Butler um und sah ihn triumphierend an, »zielgenau, Mr. Parker. Das soll mir erst mal einer nachmachen.«
»In der Tat, Mylady.«
»Ohne Kompaß habe ich Sie zum Haus zurückgeführt«, redete sie munter weiter, »und das in extrem schwierigem Gelände.«
»Mylady sind und bleiben bewunderungswürdig.«
»Ich hatte von Anfang an nämlich nicht die Absicht, diesen Berggeist aufzuspüren«, schwindelte sie, »man soll immer das tun, Mr. Parker, was man von einem eben nicht erwartet. Das ist eine subtile Art der Taktik.«
»Mylady sehen in meiner Wenigkeit einen gelehrigen Schüler.« Parker fiel es nicht schwer, ernst zu bleiben. Er war trainiert, was das betraf. Ihn vermochte nichts zu erschüttern, wenn es um Mylady ging.
*
»Das hier dürfte also die Bannmeile sein«, sagte Rander. Er und Kathy Porter hatten den Ringweg erreicht, der um den Bergsee führte. Der Wanderweg kreuzte diesen Ringweg und führte weiter hinunter zu einem langen Steg, der vor einem Bootshaus endete.
»Haben Sie eben diesen eigenartigen Dunst mitbekommen?« fragte Kathy.
»Sah nach künstlichem Nebel aus«, erwiderte der Anwalt, »man will eindeutig abschrecken und macht sich die Sache verdammt einfach.«
»Ob Lady Simpson und Mr. Parker bereits im Gebirgshof sind?«
»Ich denke schon, der Zeit nach müßte man sich bereits eingerichtet haben, Kathy. Kommen Sie, sehen wir uns das Bootshaus mal an.«
»Was halten Sie von diesem Fuchsgesicht?«
»Der Bursche ist uns eindeutig nachgeschickt worden. Man will herausfinden, wer wir wirklich sind und was wir planen.«
»Dann dürften wir beobachtet werden.«
»Natürlich, Kathy. Irgendwo im Unterholz hockt der Berggeist und nimmt Maß.« Rander setzte sich in Bewegung und schritt zum Bootssteg hinunter. Er prüfte die Bohlen, über die man zum Bootshaus ging.
»Sieht solide aus«, sagte er, »muß aber nicht sein.«
»Achtung!« rief Kathy Porter fast unmittelbar darauf. Sie hatte hinter und über sich im Hang ein Geräusch gehört, als seien Zweige brutal zur Seite gerissen worden. Die junge Dame brachte sich sofort hinter einem Baumstamm in Deckung, und Mike Rander, der herumgewirbelt war, sah einen länglichen Gegenstand, der mit viel Fahrt direkt auf ihn zukam.
Er wich dem Gegenstand geschickt aus und blickte dann überrascht auf eine Art überdimensional große Lanze, die ins Wasser zischte und dann federnd im Ufergeröll stecken blieb.
»Der Berggeist«, sagte er trocken, »das nenne ich prompte Bedienung.«
Rander suchte mit Blicken den Hang ab, konnte dort aber keine Bewegung feststellen. Er hielt Ausschau nach Kathy, doch die war erstaunlicherweise nicht mehr zu sehen. Sie hatte ihre Deckung verlassen und war im dichten Unterholz des Steilhanges untergetaucht.
Mike Rander betrat den Bootssteg und konnte von hier aus nach der mächtigen Lanze greifen. Er wollte mit den Fingern bereits den unterarmdicken Schaft umfassen, als eine innere Stimme ihn davor warnte. Man konnte ja schließlich nicht wissen, ob das nur oberflächlich entrindete Holz nicht präpariert war. Er beugte sich vor, um besser sehen zu können und entdeckte einen rötlichen Belag auf dem frisch geschälten Holz. Rander holte sein Ziertuch aus dem Blazer und benutzte es als Handschuh. Erst dann griff er zu und zog die schwere Lanze aus dem seichten Ufergrund. Er mußte sich gehörig anstrengen, um das zu schaffen. Die Lanze war mit erstaunlich großer Wucht geschleudert worden und hatte sich tief in den Untergrund gebohrt.
Die Lanzenspitze bestand aus einer Art Faustkeil aus Stein, war scharf geschliffen und spitz wie eine Nadel. Diese steinerne Lanzenspitze war vorn in das Schaftholz eingeklemmt worden und mit Bast umwickelt.
Rander trug das schwere Gerät ans Ufer zurück und faltete dann das Ziertuch sorgfältig zusammen. Danach ließ er es wieder in der oberen Tasche seines Blazers verschwinden.
Als er sich aufrichtete, hörte er Hundegebell. Wenig später erschienen zwei Männer in weitem Umhängen und mit geschulterten Gewehren. Ein langohriger Jagdhund hatte den Anwalt natürlich längst ausgemacht und jagte auf Rander zu. Das Tier machte einen sehr aggressiven Eindruck.
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