Leni Behrendt Box 1 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Box 1 – Liebesroman - Leni Behrendt


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– und?«

      »Ich mag nicht.«

      »Tu’s doch, Doro«, redete die Schwiegermutter ihr eifrig zu – und da umzuckte ein bitteres Lächeln den jungroten Mund.

      »Gib dir keine Mühe, Mama – ich bleibe hier – selbst als unerwünschte Gattin und Schwiegertochter.«

      Sie sprang auf, ging davon – und Bertram sagte hart:

      »Jetzt ist Schluß, Sitta muß aus dem Haus. Doro ist ein uns anvertrautes Gut, und das müssen wir schützen. Sitta kommt in ein Sanatorium, dafür werde ich sorgen. Wenn wir die Kosten dafür tragen, haben wir unserer Menschenpflicht vollauf genügt, will ich meinen. Denn uns alle von der unverschämten Kranken tyrannisieren lassen, die uns noch nicht einmal etwas angeht, das kann und darf ich als Familienvorstand nicht dulden.«

      *

      Es herrschte tiefe Stille im Schloß, die Stille der Nacht. Die Bewohner lagen im festen Schlaf, bis auf einige, die diesen Schlaf nicht finden konnten.

      Dazu gehörte erst einmal die kranke Sitta, der das Herz arg zu schaffen machte.

      »Ich werde den Arzt herrufen, mein Liebling«, tröstete die geängstigte Mutter. »Der gibt dir eine Spritze.«

      »Ich will keine Spritze, ich will Edzard!« wurde sie mit schriller Stimme unterbrochen. »Nur er kann mir helfen. Wenn er bei mir ist, wird das dumme Herz gut und still.«

      »Sittalein, mein süßes Kind – bedenke doch, es ist Nacht!«

      »Und wenn es tausendmal Nacht ist!« schrillte die Stimme wieder dazwischen. »Er soll kommen – und mein Herz in seine beiden guten Hände nehmen.«

      Ja, was sollte die gepeinigte Mutter da machen? Sagte sie nein, gab es bei der Tochter einen der Herzanfälle, welche die Frau unsagbar fürchtete. Also schlich sie wie ein Dieb durch das Schloß, bis sie vor der Schlafzimmertür des jungen Grafen stand. Zaghaft klopfte sie, und schon meldete sich eine sonore Männerstimme: »Ja – was gibt’s?«

      »Edzard, komm doch bitte an die Tür…«

      Er tat’s und sah dann in ein angstverzerrtes Gesicht. Ein Mutterantlitz, in dem sich die Zeichen des Martyriums ausprägten.

      »Verzeih, daß ich dich im Schlaf störte – Sitta ist so unruhig, sie verlangt nach dir…«

      »Ist gut, Tante Freda, ich komme. Ich zieh mich nur rasch an.«

      »Gott wird es dir lohnen, du guter Junge.«

      Das alles hörte Doro mit an, die trotz der leise geführten Unterhaltung erwachte. Sie drückte das Gesicht in die Kissen, zog die Daunendecke über den Kopf, wie ein Mensch das tut, der nichts mehr hören will.

      Am nächsten Morgen regnete es. Kein Wunder, denn es war ja April. Als Doro verspätet das Frühstückszimmer betrat, fand sie nur noch die Schwiegermutter darin vor. Die beiden Herren waren schon gegangen, und Sitta nahm ihr Frühstück sowieso im Bett ein, von der Mutter aufs beste betreut.

      »Guten Morgen, mein Kind«, grüßte die Gräfin herzlich. »Hast du gut geschlafen?«

      »Bist du denn nicht wach geworden, als Freda unseren Edzard zu der unruhigen Sitta holte?«

      »Doch – aber ich schlief danach gleich wieder ein. Geht es Sitta denn schlechter als sonst?«

      »Eigentlich nicht.«

      »Und warum muße Edzard denn Nachtwache bei ihr halten? Der hat doch nach der anstrengenden Tagesarbeit den Schlaf wahrlich verdient.«

      »Ach, Kind, danach fragt doch eine egoistische Kranke nicht.«

      »Haben wir etwa hier ein Krankenhaus – und ist Edzard ein Krankenpfleger?«

      »Doro – bitte!«

      »Na schön – die Dummen werden eben nie alle.«

      Damit häufte sie delikate Pastete auf den Toast und ließ es sich gut schmecken.

      Wenn man nur klug werden könnte aus der kleinen Sphinx – dachte die Gräfin bekümmert. Wenn man sie schon zu haben glaubt, entgleitet sie einem immer wieder.

      Da es auch am Abend noch regnete, saß man im Wohnzimmer nach dem Abendessen zusammen. Es war drückend schwül in dem weiten Raum, weil Sittas wegen Fenster und Türen geschlossen bleiben mußten. Die Kranke ruhte, durch Kissen gestützt, im Sessel, nebenan saß der junge Graf und hielt ihre Hand. Ein Bild, an das man nun schon gewöhnt war und das eher lächerlich als rührend wirkte. Die geplagte Mutter der anmaßenden Kranken hockte wie ein Häuflein Unglück da und schlief, was sie stets tat, sofern ihr eine Atempause vergönnt war. Gräfin Linda hatte den Kopf in die Hand gestützt und sah bekümmert vor sich hin, während der Gatte ein Gesicht machte, das davor warnte, ihn zu reizen.

      Und Doro? Die saß da wie ein Mensch, der sich langweilt, aus Höflichkeit aber verharren muß. Tief im Sessel zurückgelehnt, die Arme über die Seitenlehnen gestreckt, die Beine übereinandergeschlagen, so wippte sie mit dem Fuß zum Takt der Musik, die gedämpft aus dem Rundfunk klang. Ab und zu pfiff sie sogar leise mit, was ihr einen bösen Blick Sittas eintrug. Doch sie ließ sich nicht beirren, pfiff ruhig weiter und machte dabei ein Gesicht, das so etwas wie Schadenfreude ausdrückte. Jedenfalls war es alles andere als gemütlich, zumal keiner sprach, und der Anblick, den die Kranke bot, gewiß nicht vergnüglich stimmte. Und ihr Gebaren dem Grafen gegenüber wirkte direkt abstoßend.

      Und plötzlich geschah etwas. Und zwar, als aus dem Rundfunk ein Lied ertönte, das die andern wohl kaum beachteten – nur Doro gab es einen Stich durch und durch. Der Fuß wippte nicht mehr, die gespitzten Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln.

      Wie lange war es her, da sie diese Weise zum letztenmal hörte, sie vergnügt mitsummte und genießerisch den vierten Windbeutel dazu aß? Noch nicht einmal ganz ein Jahr. Da dachte sie es sich so einfach, ihr Herz zu hüten.

      Und ich wußte, es ist vergeblich, sein Herz zu hüten – resignierte die Männerstimme.

      Doro sah auf, mitten in die Augen des Gatten hinein, aus denen es ihr wie ein heißer blauer Strahl entgegenblitzte.

      Da sprang sie so jäh auf, daß die andern erschraken, wünschte kurz gute Nacht und war dann verschwunden.

      »Oh, wie hab ich mich erschreckt«, klagte Sitta wehleidig. »Doro ist aber auch zu rücksichtslos und vor allen Dingen schlecht erzogen.«

      »Gehen wir schlafen«, sagte der Senior und sprang auf. »Du auch, Edzard, der du dir schon die vorige Nacht um die Ohren schlagen mußtest.«

      »Onkel Bertram, diese Sprache vertrage ich nicht!« kreischte Sitta. Man sah direkt, wie dem Mann langsam das Blut in die Schläfen stieg, wie er die Hände zu Fäusten ballte – doch er blieb ruhig.

      »Ja, wenn du diese Sprache nicht vertragen kannst, dann mußt du eben in ein Sanatorium, wohin du ja überhaupt gehörst!«

      »Onkel Bertram, du bist herzlos!«

      »O ja, so herzlos, daß ich sogar für dich die Sanatoriumskosten tragen werde, die du mich eigentlich gar nichts angehst.«

      »Bertram – bitte!« flehte die Gattin – da gab er sich einen Ruck, drehte sich kurz um und ging hinaus.

      »Mein Kind – o mein süßes Kind – es stirbt!« schrie jetzt die Mutter verzweifelt. »Ach, wie seid ihr doch alle grausam!«

      O ja, so grausam war man, daß man sich die vier Tage, bis Sitta ins Sanatorium kam, ohne Widerrede von ihr tyrannisieren ließ, die es aus lauter Bosheit jetzt ganz besonders arg trieb. Und so grausam war der junge Graf, daß er die Tyrannin sogar ins Sanatorium geleitete.

      *

      Nachdem die Kranke fort war, atmete man in Rautenau wie von schwerer Last befreit auf. Endlich konnte man es sich jetzt wieder gemütlich machen, ohne die Befürchtung zu hegen, durch irgend etwas das Mißfallen der anmaßenden Sitta zu erregen.

      »Ach


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