Der Kollektivismus und die soziale Monarchie. Josef von Neupauer
um es wieder in die Arterien zu treiben. Die spezielle Aufgabe des Verwaltungsbeamten setzt nicht die Einseitigkeit eines Fachmenschen voraus, sondern einen Überblick über das Ganze, die Aufeinanderbeziehung aller Teile, die Bewertung aller Leistungen und aller Güter, die ununterbrochene Evidenthaltung aller wirtschaftlichen Faktoren und aller Produkte. Der Verwaltungskörper hat auch alljährlich (?) dem Volke einen Vorschlag über den Volkshaushalt und Gesetzesvorlagen zu machen, welche die Gegenstände seines Berufes betreffen. Dieser Volkshaushalt hat aber mit Geldsummen nichts zu tun, sondern mit Arbeitskräften und materiellen Gütern, welche in Anspruch genommen werden, um gewisse Mengen von Gütern herzustellen oder gewisse Dienste zu leisten.
Jemehr jemand zum Fachmann herangebildet und geeignet ist, umsoweniger meistens taugt er zu allgemeinen Aufgaben zusammenfassender Natur; universelle Köpfe, das heißt philosophische Talente, die auch philosophisch geschult sind, werden dem Verwaltungsdienste zuzuweisen sein und da sie alles zu vergleichen, alles abzuwägen und jeden an seine Stelle zu bringen haben, wird ihnen auch überall innerhalb ihrer streng territorial abgegrenzten Kompetenz jeder dienstlich untergeordnet sein. Dienstliche Unterordnung braucht aber Kameradschaftlichkeit außer Dienst nicht auszuschließen.
Doch muß ich bemerken, daß ich glaube, es könne der Verwaltungsbeamte außer der obersten allgemeinen Leitung seines Gebietes auch die oberste Leitung für einzelne Produktionszweige eines weiteren Sprengels besorgen, wenn er außer der allgemeinen Schulung für den Verwaltungsdienst auch Fachkenntnisse für ein besonderes Produktionsgebiet erworben hätte. Der eigentliche Verwaltungsdienst beansprucht nämlich schwerlich die ganze Zeit des Verwaltungsbeamten, denn, wenn sich die Verteilungsgrundsätze einmal eingelebt haben und es sich nur um Überwachung und Verbesserung handelt, wird die im bloßen Verwaltungsdienste zu leistende Arbeit selbst für einen einzigen Beamten in einer Gemeinde von tausend Köpfen nicht erheblich sein. Und doch ersetzt dieser eine Beamte die Tätigkeit der Richter, politischen und Finanzbeamten, und überdies die der Kaufleute und wenn irgendwelche richterlichen Geschäfte, insbesondere eine Strafjustiz noch fortdauern müßten, so würden keine eigentlichen Strafbehörden eingesetzt, sondern eine Art von Volksjustiz geübt werden, wie die Schöffen und Geschworenen und zwar ohne fachjuristische Leitung.
Um also die erforderliche Einheit in die Verwaltung zu bringen, wird der Verwaltungsbeamte niedersten Ranges Vorstand einer Gemeinde und ihres Territoriums oder eines städtischen Quartiers werden und zwar derart, daß alle Menschen und Sachen auf diesem Territorium ihm unterstehen und ihm die oberste Leitung aller Arbeit und die oberste Verteilung aller Genüsse und Güter auf diesem Gebiete zusteht. In jeder Ansiedlung und in jedem städtischen Quartier regiert ein solcher Beamter. Die weitere Gliederung des Verwaltungsdienstes baut sich nun so auf, daß etwa 20 Gemeinden unter einem Bezirksbeamten, etwa 20 Bezirke unter einem Kreisbeamten, etwa 10 Kreise unter einem Provinzialbeamten stehen und die Provinzialbeamten der Zentralregierung direkt untergeordnet sind.
Es ist sorgfältig zu erwägen, welche Verteilungsgeschäfte den Verwaltungsbeamten innerhalb ihrer örtlichen Kompetenz persönlich zuzuweisen und welche von ihren Organen unter ihrer Oberleitung und Mitverantwortung zu besorgen sind.
Daß nun diese Verteilungsgeschäfte keineswegs eine ganze Tagesarbeit eines Beamten in Anspruch nehmen, ist leicht zu zeigen, wenn man die Zahl von 1000 Köpfen als Grundlage der Berechnung annimmt. Es ist im Auge zu behalten, daß der Beamte nach den natürlichen Verhältnissen des Kollektivismus mit allen Gliedern seiner Gemeinde lebt, jeden persönlich kennt, auch zahlreiche Interessen mit ihnen gemein hat.
Dieser Beamte hat auf Grund der Berichte des Arztes und nach anderen Daten die Geburten, Trauungen und Sterbefälle in Evidenz zu halten, allerdings mit der genauesten Angabe der näheren Umstände. So sollen Geburten und Sterbefälle mit Angabe von Stunde, Minute und Sekunde verzeichnet werden, soweit sie bekannt sind oder in Fällen unvorhergesehener Ereignisse abgeschätzt werden können. Alle Geburten und Sterbefälle zusammen werden 30-36 im Jahre kaum übersteigen und wenn sie selbst die doppelte Zahl erreichen, fiele nur ein solches Ereignis in fünf Tagen. Die Verfügungen über die dienstlichen Veränderungen innerhalb der Gemeinde und die an den Bezirksbeamten zu erstattenden Anträge in Fällen einer Versetzung außerhalb der Gemeinde oder der Besetzung einer Stelle durch gemeindefremde Personen stehen dem Verwaltungsbeamten zu, aber wenn jeder Einzelne 10 solche Veränderungen, Versetzungen und Beförderungen in seinem Leben zu erwarten hätte, eine Ziffer, die ohnehin hoch gegriffen ist, so würden bei 550 in regelmäßigen Arbeitsalter stehenden Gemeindegenossen im Jahre 120 solche Veränderungen vorfallen oder 10 im Monate. Beurlaubungen kämen täglich zwei zur Behandlung. Disziplinäre und friedensrichterliche Erkenntnisse höchstens zwei oder drei in der Woche. Außerdem hat der Beamte von Zeit zu Zeit jede Betriebsstelle, Fabrik, Schule, Spital usw. zu inspizieren und dafür zu sorgen, daß täglich der erforderliche Güteraustausch zwischen Gemeinde und Bezirk richtig abgewickelt wird. Dabei sind aber immer andere mitverantwortliche Personen beteiligt und die Beispiele im Abschnitte über die Statistik VI, 8, e, insbesondere die Tabelle über Milchproduktion und Verteilung zeigen klar, daß es sich da immer um beinahe automatisch sich vollziehende Bewegungen handelt, die dem Beamten mehr Aufsicht, als Arbeit zur Aufgabe machen.
Die Angaben über die tägliche Arbeitsleistung des Einzelnen und über den Verbrauch der Gemeinde im Tage empfängt der Beamte von den unteren Organen und er wird für deren Richtigkeit und genaue Buchung zu sorgen haben, wobei die Summierung und die Ermittelung von Verhältniszahlen, sofern sie von der vorgesetzten Behörde gefordert werden, von Lehrern, hauswirtschaftlichen Personen, Schulkindern, hauptsächlich aber auch vom Volksbeamten, der ja auch als Gehilfe gedacht wird, unter gegenseitiger Kontrolle besorgt werden können.
Alle diese Arbeit ist, soweit sie der Gemeindebeamte persönlich leisten muß, gering.
In einem Staate von 45 Millionen Einwohnern würde der ganze Verwaltungsbeamtenstab mit Inbegriff der hierarchisch übergeordneten Beamten 50-60,000 Köpfe und wenn, nach den unten entwickelten Vorschlägen, neben jedem Staatsbeamten ein gewählter Volksbeamter als Gehilfe und Kontrollorgan säße, 100-120,000 Köpfe betragen, nur ein kleiner Bruchteil des Handelspersonals, das eine gleich zahlreiche Bevölkerung heute beschäftigt. Der Beamte hätte überdies den regelmäßigen Versammlungen der Beamten des Bezirks unter dem Vorsitze des Bezirksbeamten beizuwohnen und einen geselligen Verkehr mit den Gemeindegenossen einerseits und am Sitze des Bezirks- und des Kreisbeamten mit Gleichgestellten und höher gestellten Personen andererseits zu unterhalten.
Man merke, daß die statistische Arbeit, wenn sie gehörig veröffentlicht wird, das Volk in die Lage setzt, Fortschritt und Rückschritt auf allen Gebieten der Produktion und Verteilung zu verfolgen und daß diese Arbeit es möglich macht, die Krankheits- und Sterbestatistik von Tag zu Tag mit Genauigkeit festzustellen, und das Durchschnittsalter auf Minuten zu ermitteln und wie das gemacht wird, wird in dem Abschnitte über Statistik VI, 8, genau aufgezeigt werden.
Freilich hat der Verwaltungsbeamte auch eine Verteilungsarbeit zu besorgen bezüglich der Instrumente und Apparate, welche zum Inventar seines Bezirkes gehören und bezüglich der Benützung der Gesellschaftsräume zu besonderen Zwecken. So kann es vorkommen, daß die Benutzung der musikalischen Instrumente von so vielen Personen beansprucht wird, daß der Vorrat nicht reicht, oder daß sich viele Gesellschaften in der Gemeinde bilden, welche Räume für ihre Übungen und Verhandlungen beanspruchen und daß die Gesellschaften sich wechselseitig im Wege stehen. Ordnung zu schaffen, ist Aufgabe des Verwaltungsbeamten.
Mit Rücksicht auf diese Natur des Verwaltungsdienstes, die zwar ein scharfes Auge und richtiges Urteil voraussetzt, aber wenig Arbeit verursacht, scheint es nun, daß dem Beamten außer dieser leitenden Tätigkeit noch irgend welche andere Arbeit aufgebürdet werden sollte und darum scheint es zweckmäßig, daß mit der Ausbildung im Verwaltungsdienste auch anderer Fachunterricht verbunden werden sollte, damit jeder der Gemeindeverwaltungsbeamten noch einen Produktionszweig für den ganzen Bezirk solle überwachen können. Das gilt besonders für solche Aufgaben, die ihrer Natur nach zusammenfassend für größere Territorien zu lösen sind, so Straßen- und Wasserbau, Forstwesen, Kulturtechnik, die Abfassung von landwirtschaftlichen