ABENTEUER LASS NACH. Scott Meyer
leid, wir verzichten. Vielen Dank.«
Der alte Mann sah sie verschmitzt und abschätzend an, ein wenig länger als nötig gewesen wäre. Schließlich sagte er: »Ich sehe euch an, dass ihr Männer voll Heldenmut seid. Welcher unter euch wird seine Gefährten bei diesem Abenteuer anführen?«
Jimmy antwortete: »Niemand unter uns, weil wir es nicht tun werden. Ich meine, tut mir leid, Jungs, ich spreche ja nicht für alle, aber das ist der Eindruck, den ich habe. Wir werden das definitiv nicht machen, oder?«
Die anderen Männer nickten, dann warteten sie ab, wie die Reaktion des alten Mannes darauf ausfallen würde. Er betrachtete die Gruppe weiter, als versuchte er, sich ein Urteil über ihre Verwegenheit zu bilden. Einen langen Augenblick später wiederholte er: »Ich sehe euch an, dass ihr Männer voll Heldenmut seid. Welcher unter euch wird seine Gefährten bei diesem Abenteuer anführen?«
»Wir sagten doch, dass wir es gar nicht tun werden«, erwiderte Philip. Er wandte sich an die anderen. »Nun gut, nachdem das geklärt wäre, kümmern wir uns darum, nach Hause zu kommen.«
Jimmy wandte ein: »Tja, das wird schwierig, nachdem wir ohne unsere Stäbe und Hüte hertransportiert wurden.«
Es stimmte. Philip, Tyler, Gary und Jeff hatten sich einen entspannten Abend gemacht, ihre Hüte abgesetzt und ihre Stäbe weggelegt. Jimmy war offensichtlich früh schlafen gegangen und hatte bereits im Bett gelegen, als es ihn fortgezogen hatte. Soweit Jimmy wusste, war alles, was er gesagt hatte, korrekt gewesen. Deshalb war es ihm ein Rätsel, warum die anderen Männer so amüsiert dreinschauten.
»Was? Was ist so lustig?«, wollte er wissen.
Jeff erklärte es ihm: »Du bist der Einzige, der noch einen Hut und einen Stab braucht, um zaubern zu können. Wir haben diese kleine Schwachstelle behoben, nachdem du uns wieder reingelegt hattest.«
»Und warum wurde ich nicht miteinbezogen?«, fragte Jimmy.
»Weil du vielleicht wieder versuchen wirst, uns reinzulegen«, erwiderte Philip.
Jimmy war angefressen, was aber nicht lange anhielt. Denn der alte Mann unterbrach ihre Unterhaltung: »Ich sehe euch an, dass ihr Männer voll Heldenmut seid. Welcher unter euch wird seine Gefährten bei diesem Abenteuer anführen?«
Die Zauberer drehten sich langsam um und sahen ihn an. Er stand immer noch an derselben Stelle, seine Arme in derselben Position. Der Arm, der die Laterne hochhielt, zeigte keinerlei Anzeichen von Ermüdung. Der Mann stand einfach nur da, bewegte den Kopf leicht, als wollte er die Zauberer eingehender studieren. Die hatten sich jedoch kein bisschen verändert, seit er vor mehreren Minuten begonnen hatte sie zu betrachten.
Tyler meinte: »Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht echt ist.«
Jeff ergänzte: »Ja. Der kommt aus dem Computer. Recht ausgeklügeltes Bumpmapping, aber selbst bei diesen Lichtverhältnissen kann man die Polygone erkennen, wenn man genau hinschaut.«
»Sieht aus, als steckte er in einer Schleife fest«, murmelte Philip.
»Ja«, gab Jimmy ihm recht. »Ich glaube, er wartet auf eine Antwort. Etwas, das er erkennt.«
Ein Stein, nur etwas kleiner als ein Baseball, flog in schwerem Bogen durch die Luft und prallte vom Kopf des alten Mannes ab. Der Stein fiel mit einem dumpfen Schlag zu Boden, der alte Mann aber blieb reglos stehen, als wäre er von einem Tischtennisball getroffen worden.
Die Zauberer drehten sich alle nach Gary um, der sich seinen Wurfarm massierte. Er erklärte: »Ich wollte sehen, ob er das als Antwort erkennt.«
Philip sagte: »Das lasse ich durchgehen. Also gut, Jungs, was haltet ihr davon, wenn wir von hier verschwinden? Alle Hände zusammen.« Philip streckte seine Hand vor. Tyler, Jeff und Gary legten ihre Hände auf die von Philip, um Körperkontakt herzustellen, damit sein Spruch sie mitbeförderte. Sie sahen Jimmy an, als ob es sie erboste, dass er sie warten ließ. Jimmy legte seine Hand oben auf den Stapel. Philip und Tyler blickten zu Jimmy, als ob es sie ärgern würde, ihn berühren zu müssen.
Philip sprach: »Prenu min hejme«, was ihm ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Nicht nur, weil dies der Spruch war, der ihn von hier wegbringen würde, sondern auch, weil es Esperanto für »Bring mich heim« und als solches eine Anspielung auf »Take me home« von Phil Collins war.
Philips Lächeln verschwand, als sie sich nirgendwo hinbewegten. Er probierte seinen Spruch noch einmal; dann probierten die anderen Zauberer ihre Sprüche. Es wurde versucht, zu fliegen und aus dem Nichts Essen oder Gold zu erschaffen. Nichts funktionierte. Sie hatten keine Kräfte. Urplötzlich wirkten die steilen Klippen um sie herum viel bedrohlicher; die schmale Brücke, deren anderes Ende einigermaßen Sicherheit versprach, wirkte noch instabiler; und der künstliche alte Mann, der sie schweigend musterte, wirkte sehr viel unheilverkündender.
»Ich sehe euch an, dass ihr Männer voll Heldenmut seid. Welcher unter euch wird seine Gefährten bei diesem Abenteuer anführen?«
Gary sah Philip an und fragte: »Was sollen wir tun?«
Die Zauberer blickten nun zu Philip, der einen Augenblick nachdachte. Dann sagte er: »Na ja, wir haben zwei Möglichkeiten. Wir können Initiative zeigen, ihm den Input geben, den er verlangt und sehen, wohin uns das führt. Oder wir bleiben untätig. Wir tun nichts, was er als Input auslegen könnte. Wir warten einfach hier und sehen, was passiert. Vielleicht fällt uns in der Zwischenzeit etwas ein. Ihr kennt mich alle. Ich denke, ihr wisst, wozu ich tendiere.«
Die Zauberer ließen sich nieder und richteten sich auf ausgedehntes Warten ein.
Kapitel 4
Gwen saß an ihrer Nähmaschine. Immer, wenn sie Streit mit Martin hatte, versuchte sie sich mit Arbeit abzulenken. In letzter Zeit hatte sie viel Arbeit erledigen können.
Sie hielt es für ihre Arbeit, Kleidung zu entwerfen und herzustellen, obwohl niemand sie dafür bezahlte. Das war auch nicht nötig. Sie war eine Zauberin, oder Schamanin, wie sie bei ihr zuhause in Atlantis genannt wurden. Ihr standen unbegrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung, sodass sie es nicht nötig hatte, Geld zu verdienen. Sie maß den Erfolg ihrer Bemühungen daran, wie viele ihrer Mitschamaninnen von ihr gefertigte Kleider haben wollten, und gemessen daran, war sie tatsächlich ziemlich erfolgreich.
Sie stellte eine Naht fertig, dann hielt sie den Stoff gegen das Licht, um ihr Werk zu begutachten. Die Naht war sauber und gerade, auch wenn das in diesem Fall nicht wirklich entscheidend war. Der Stoff, den sie gerade verarbeitete, war derart wild gemustert, dass kleinere Fertigungsfehler gar nicht aufgefallen wären. Sie betrachtete das Muster und runzelte die Stirn. Die Kleidungsstücke, die sie herstellte, wenn sie und Martin Streit miteinander hatten, waren immer ziemlich gewagt und schrill. Dies war ein Ausdruck ihrer Niedergeschlagenheit. Wenn sie besserer Laune war, tendierte ihr Geschmack stilistisch mehr in Richtung Grufti-Schick.
Sie nahm sich das nächste Stück Stoff und setzte gerade zu einer neuen Naht an, als es an der Tür läutete. Die Falten auf ihrer Stirn wurden noch tiefer. Es war kurz vor zehn Uhr abends und die einzige Person, die zu solch später Stunde vor ihrer Tür stehen würde, war vermutlich Martin. Was bedeutete, dass er gekommen war, um sich mit ihr zu versöhnen. Das war gut, aber ihr Streit lag erst drei Stunden zurück. Sie war noch nicht ganz bereit, sich wieder zu versöhnen. Sie legte ihre Näharbeit beiseite und ging zur Tür.
Sie öffnete sie, und wenig überraschend stand Martin da.
Er begrüßte sie: »Gwen, wir müssen reden.«
Gwen entgegnete: »Ich will gerade nicht reden.« Sie schaute verdutzt, als sie bemerkte, dass Martin nicht alleine war. »Du hast Roy mitgebracht.«
Roy stand ein paar Meter hinter Martin im Dunklen, seine Queuebrücke in der Hand. Er trug seinen hellbraunen Trenchcoat, der ihm als Zaubererrobe diente, und seinen langen, spitzen Zaubererhut, den er mit der Krempe eines grauen Filzhutes versehen hatte. Darin sah er aus wie die Film noir-Version des Sandmännchens. Er würde überall deplatziert wirken. Aber hier, neben Martin, mit silberglänzendem