Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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wenn ein Bürger der Willkür der Behörden des Gastlandes ausgesetzt wird? Miriam ist kein Einzelfall.«

      Daniel war nun doch müde, und alle Probleme wurden weggeschoben. Er brauchte seine Nachtruhe, denn auch der morgige Tag konnte wieder unerwartete Ereignisse bringen, wenngleich er es wahrhaftig nicht wünschte.

      *

      Jonas Henneke rief früh in der Praxis an und fragte, wann Dr. Norden für ihn zu sprechen sei. Da Loni der Name Henneke nicht bekannt war, fragte sie den Chef.

      »Wie sieht es denn im Wartezimmer aus?«, fragte Daniel.

      »Es geht«, meinte Loni.

      »Dann soll er gegen elf Uhr kommen«, sagte Daniel, der gerade eine Brandwunde verbinden musste.

      Jonas passte das sehr gut. »Dann fahre ich euch ins Einkaufszentrum, und später können wir uns dann zum Essen treffen. Tante Hanne hat dann Ruhe für die Vorbereitungen für heute Abend. Sagen wir gegen ein Uhr im Ratskeller. Sie werden München nicht wiedererkennen, Miriam.«

      So war es. Wie hatte sich die Innenstadt verändert! Wie ungefährdet vom Verkehr konnte man sich in der Fußgängerzone bewegen. Miriam genoss es genauso wie Carry. Ans Kaufen dachte sie gar nicht, so viel gab es zu schauen, aber endlich erregte dann doch ein Schaufenster Carrys ganze Aufmerksamkeit.

      »Oh, dieses Kleid müsste dir gut stehen, Miriam«, sagte sie. »Ist das schick. Bitte, kaufe es.«

      Der Preis war auch entsprechend, und Miriam hatte nicht die Absicht, es zu kaufen, mochte es auch noch so hübsch sein.

      »Wir werden jetzt erst mal an dich denken«, sagte sie ablenkend. »Die Zeit verrinnt.«

      »Ach, für mich finden wir sowieso nichts. Mir passen nur Kindergrößen.«

      »Das wollen wir doch mal sehen«, meinte Miriam. »Die ganz jungen Damen halten auch auf die schlanke Linie und wir finden bestimmt etwas Hübsches.«

      »Aber mir würde es viel mehr Freude machen, wenn du dir dieses Kleid kaufen würdest«, sagte Carry eigensinnig.

      »Und mir, wenn wir hübsche Sachen für dich finden, Carry«, sagte Miriam energisch. »Da drüben ist eine Boutique. Da schauen wir uns etwas an.«

      Direkt widersprechen wollte Carry nicht, aber sie sagte: »Ich weiß schon, warum du das Kleid nicht nehmen willst. Es ist dir zu teuer. Aber Papi hat gesagt, dass wir uns kaufen sollen, was uns gefällt.«

      »Es gibt auch hübsche Sachen, die nicht so teuer sind, Carry.«

      Carry überlegte. Sie wollte nicht so direkt fragen, ob Miriam sparsam hatte leben müssen. Sie musste sich etwas ausdenken, dass Miriam doch noch zu diesem hübschen Kleid kam.

      Geschmack hatte Carry, das musste man ihr lassen. Einen sehr eigenwilligen Geschmack zwar, aber sie erstanden dann ein paar ganz reizende Sachen für sie, in denen sie nicht gar so dünn aussah. Zartknochig war sie sowieso, aber Miriam dachte für sich, dass nicht so sehr ihre Krankheit an dieser Magerkeit schuld wäre, wie der Kummer, den sie so lange in sich hineingeschluckt hatte. Es schien, als hätte sie jetzt schon ein bisschen zugenommen.

      »Es ist gleich ein Uhr, Carry«, mahnte sie, damit Carry sie nicht nochmals zu jenem Geschäft zog, in dem sie das hübsche Kleid gesehen hatte. Aber Carry machte keine Anstalten, und Miriam atmete auf. Irgendwie ist sie halt doch wie die anderen jungen Mädchen, ging es ihr durch den Sinn. Jetzt freut sie sich doch über ihre Einkäufe. Freuen konnte sich Carry wirklich noch richtig. In ihren Augen blitzte es schelmisch, als sie den Ratskeller betraten.

      »Ich muss dann gleich mal verschwinden«, sagte sie Miriam. »Schauen wir schnell mal, welcher Tisch für uns reserviert ist.«

      Es war einer, der versteckt in einer Nische lag, und Jonas war noch nicht da. »Bin gleich zurück«, sagte Carry und entschwand, bevor Miriam ihr noch gute Ermahnungen mitgeben konnte, sich in dem großen Gewölbe nicht zu verlaufen. Nachrennen wollte sie ihr auch nicht. Schließlich sollte Carry sich nicht bevormundet fühlen.

      Aber Carry lief zur Straße, und da direkt in die Arme ihres Vaters.

      »Nanu, wieso rennst du hier herum? Wo ist Miriam?«, fragte er erschrocken.

      »Außerdem sollst du nicht hetzen, Carry.«

      Atemlos flüsterte sie ihm was ins Ohr, als könnte jemand mithören.

      »Na, wenn du meinst«, sagte Jonas darauf. »Probieren kann ich es ja mal.«

      »Fein, Papi, vielen Dank«, und sie küsste ihn auf die Wange. Er ging über den Platz, und sie ging zurück in das Lokal.

      »Bin schon wieder da«, sagte sie fröhlich. »Na, was gibt es hier denn Gutes?«

      Richtig übermütig war sie. Miriam konnte nur staunen.

      »Wir werden doch warten, bis dein Vater kommt«, sagte Miriam.

      »Aber aussuchen können wir doch schon. Schau mal, was für leckere Sachen. Papi kommt bestimmt bald, und der weiß meistens gleich, was er will. Mit Spaghetti hat er es jedenfalls nicht.«

      Lange brauchten sie auf Jonas nicht zu warten. Die beiden hatten sich gerade entschieden, als er sich zu ihnen an den Tisch setzte.

      »Bitte um Entschuldigung, aber es hat doch etwas länger gedauert.« Er blinzelte Carry zu und nickte verstohlen.

      »Ist Dr. Norden Ihnen sympathisch?«, fragte Miriam.

      »Sehr. Wir haben uns sehr gut unterhalten.« Sie gaben ihre Bestellung auf, und dann konnten sie sich noch unterhalten, bis das Essen kam.

      »Ein prachtvolles Mannsbild ist dieser Jonas Henneke«, sagte Daniel zu Fee, nachdem er mit Heißhunger seine Suppe gegessen hatte. »Er scheint auch für Miriam viel übrig zu haben. Hat in den wärmsten Tönen von ihr gesprochen, und er wird auch alle seine Verbindungen spielen lassen, damit sie voll rehabilitiert wird.«

      »Sie hat ihm ihre Geschichte erzählt? Dann muss sie aber viel Vertrauen zu ihm haben.«

      »Das er auch verdient. Man findet unter diesen Geldbaronen selten einen, der so schlicht und natürlich ist und so wenig von sich hermacht.«

      »Aber Geld würde bei der Operation keine Rolle spielen?«

      »Nein, bestimmt nicht. Er würde sein ganzes Vermögen für Carry opfern und noch einmal anfangen.«

      »Ob er dann mit Semmelbrot einverstanden ist?«, fragte Fee.

      »Ist schon geklärt, mein Schatz. Miriam hat Benten abgelehnt, das gibt den Ausschlag. Er ist von mir aus auch gleich zu Semmelbrot gefahren. Wir sind heute Abend bei ihm eingeladen.«

      »Das kommt aber plötzlich«, sagte Fee. »Kann der Herr Doktor denn über den Abend verfügen?«

      »Ist ja halb dienstlich«, meinte Daniel lächelnd. »Ich soll mir die kleine Carry auch mal anschauen, Miriam hat mich wohl hochgelobt.«

      »Das verdienst du ja auch«, sagte Fee zärtlich. »Außerdem sind zwei Ärzte immer besser als einer in solcher Sache. Oder auch drei, denn Miriam wollen wir nicht vergessen.«

      »Sagen wir vier, oder hast du schon vergessen, dass du auch Ärztin bist?«, fragte Daniel neckend.

      »Manchmal vergesse ich es wirklich. Meine Familie hält mich in Atem. Es ist gut, dass wir Lenni haben, da können wir mal unbesorgt ein paar Stunden ausgehen. Sie ist rührend mit Danny.«

      »Ohne dass du eifersüchtig wirst?«

      »Sie ist zu geschickt, als dass solche Gedanken aufkommen könnten, Daniel. Eine bessere Nachfolgerin konnte unser gutes Lenchen gar nicht schicken.«

      Immer wenn sie an Lenchen dachte, füllten sich ihre Augen mit Tränen. Und unwillkürlich mussten sie dann beide auch an jenen Tag denken, als sie von Lenchens Beerdigung kamen und Daniel die schwarzgekleidete Frau am Bahnübergang zurückgerissen hatte, bevor der Zug sie erfassen konnte. Eine verzweifelte Frau, die ihren Mann und ihre Mutter zur gleichen


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