Butler Parker Jubiläumsbox 8 – Kriminalroman. Günter Dönges
einigen Sekunden entschloß sich Lommers, wieder zurück in seine Wohnung zu gehen. Parker vergrößerte seine Wartepause, da er damit rechnen mußte, daß sich Lommers einsatzbereit hinter der Tür aufhielt. Und wirklich, plötzlich wurde die Wohnungstür aufgestoßen.
Lommers hatte versucht, irgendeinen Menschen auf dem Treppenabsatz zu überraschen.
Er schimpfte wieder ausgiebig, als er feststellen mußte, daß seine Bemühungen fruchtlos blieben.
Wahrend er nun wieder die Tür schloß, hastete der Butler nach oben und klingelte.
Gary Lommers, gereizt und wütend, vergaß seine sonst so geübte Vorsicht, rannte zur Tür, drückte sie auf und lief bis zum Treppengeländer. Jetzt vergaß er allerdings, einen Blick hinter die Tür zu werfen, wo sich der Butler inzwischen aufgebaut hatte.
Als Lommers vom Treppengeländer zurückkam, war diese Stelle aber leer.
Josuah Parker hatte sich die Freiheit genommen, die Wohnung bereits ohne Einladung zu betreten. Ihm ging es darum, einen ungefärbten Blick von der Einrichtung zu gewinnen.
Er stand übrigens in einem Raum, der als Werkstatt eingerichtet war. Und er sah dem heranschnaufenden Lommers entgegen, der ihn erst jetzt entdeckte, einen Wutschrei ausstieß und dann blitzschnell in seine Hosentasche langte.
*
Mike Rander hatte die Treppe erreicht und schickte sich an, nach unten zu gehen. Zu seiner Überraschung hatte sich bisher noch nichts getan. Sollte er sich vielleicht doch in dem Mann an der Tür getäuscht haben? Hatte ihm die Phantasie einen Streich gespielt?
Nein, von erhitzter Phantasie konnte wirklich keine Rede sein, wie Mike Rander Sekunden später feststellen konnte. Die drei Männer am Fuß der Treppe, die ihm den Weg versperrten, ihn aufmerksam und wachsam ansahen und Waffen in den Händen trugen, die waren harte Realität.
Mike Rander blieb selbstverständlich erst einmal stehen.
Das taten die drei Männer allerdings nicht. Sie rückten langsam vor, erklommen Stufe für Stufe und trieben den Anwalt wieder zurück nach oben, wo die Billardtische standen.
Und diese Tische waren jetzt leer...
Kein einziger Spieler trieb sich in dieser Etage noch herum. Sie hatten wahrscheinlich alle schleunigst das Feld geräumt.
An der Tür, hinter der der Mann verschwunden war, hatten sich zwei stämmige Männer aufgebaut, die ebenfalls Revolver in den Händen hielten. Mike Rander hätte unter diesen Umständen noch nicht einmal Zeit gehabt, nach seinem Revolver zu greifen.
Also fügte er sich erst einmal in sein Schicksal und schritt gefaßt der geöffneten Tür zu. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was ihn erwartete. Wenn er nur einigermaßen Glück hatte, würde man versuchen, Informationen aus ihm herauszuprügeln. Hatte er hingegen aber Pech - und damit war zu rechnen, dann würde er die kommende halbe Stunde nicht mehr überleben.
Er stand in einem kleinen Gesellschaftszimmer, in dem noch der Zigarettenrauch hing. Hinter ihm hatten sich zwei Männer aufgebaut. Einer davon war jener Mann von der Tür, der auf den Anwalt aufmerksam geworden war. Mike Rander ging vorsichtig auf einen Stuhl zu und ließ sich darauf nieder.
Eine ihm gegenüberliegende Tür öffnete sich.
Und nun zwinkerte Mike Rander unwillkürlich mit den Augen, denn die Gesichter der beiden eintretenden Männer waren ihm durchaus vertraut, obwohl er sie nur von Bildern her kannte. Das also waren die beiden Gangster Buck und Louis.
Wie sehr der Butler ihnen mitgespielt hatte, war ihnen noch deutlich abzulesen. Ihre schlechte Laune mußte auch noch in einem engen Zusammenhang mit dieser Begegnung stehen. Sie schnauzten nämlich Rander an und empfahlen ihm, er solle möglichst schnell die Beine in die Hand nehmen und in das nächste Zimmer traben.
Mike Rander hütete sich, den Helden zu spielen. Er war hoffnungslos unterlegen und nicht versessen darauf, sich einfach zusammenschlagen zu lassen.
Nun stand er nur noch zusammen mit Buck und Louis in einem kleineren Zimmer, das ebenfalls noch eine zweite Tür aufwies.
»Los, setz dich, du verdammter Schnüffler«, knurrte Louis und deutete auf einen Sessel. Gehorsam ließ sich Mike Rander darin nieder. Der Gangster Buck war inzwischen vor ein Tischchen getreten, auf dem ein Telefon stand. Er wählte eine Nummer, die nur ein Hausanschluß sein konnte, wie Mike Rander sofort feststellte.
»Haben ihn hier im »kleinen Zimmer«, Chef«, sagte Buck. »Ja, alles abgesichert. Keine Maus kann durch... Sie können kommen.«
»Darf man sich eine Zigarette anstecken?« erkundigte sich Rander bei Louis.
»Halte nur den Rand«, knurrte der Gangster gereizt. »Warte erst mal ab, was der Chef sagen wird...!«
»Wer ist das...?«
»Geht dich einen Dreck an!«
Mike Rander hob erwartungsvoll den Kopf, als die Tür aufgedrückt wurde. Ein fast klein zu nennender Mann erschien, dessen Gesicht einen seltsam fahlen Ausdruck zeigte. Dieser Mann schritt auf Rander zu und baute sich vor ihm auf.
»Wer hat Sie hierher gewiesen?« fragte er mit heiler Stimme, die ein wenig schrill klang. »Woher wußten Sie, daß Louis und Buck hier zu finden sind?«
»Sie vergessen, daß ich Anwalt bin«, antwortete Mike Rander. »Louis und Buck sind mir bekannt... Und das Lokal...? Nun, das hat doch bereits seine Tradition. Ich habe es halt auf einen Versuch ankommen lassen. Sie sehen, es hat sich gelohnt, Hanson...!«
»Aha, das wissen Sie bereits auch?« fragte der kleine Dicke.
»Und was haben Sie hier gewollt?« fragte Hanson weiter.
»Ich wollte Kontakt mit Buck und Louis aufnehmen...!«
»Wollen Sie jetzt noch behaupten, Sie hätten ein Geschäft vorzuschlagen?« fragte Hanson und lachte laut auf. »Jeder weiß doch, daß Sie keine krummen Touren reiten.«
»Vielen Dank für das Kompliment«, sagte Rander. »Selbstverständlich werde ich Ihnen die Wahrheit sagen. Mein Butler und ich bemühen uns, den Mörder Calbots und Ortners zu finden.«
»Für die Polizei...?«
»Falls ja, dann wäre die wohl statt meiner gekommen, oder glauben Sie nicht, Hanson?« gab Mike Rander geschickt zurück. »Parker und ich arbeiten gern allein.«
»Ist mir inzwischen bekannt geworden. Die Polizei war bei Ihnen?«
»Das ließ sich schließlich nicht vermeiden, Hanson. Mein Butler war Augenzeuge des Mordes an Ortner. Dann hatte er noch obendrein das Pech, den erstochenen Calbot zu finden. Ich nehme an, die Polizei wird noch häufiger zu uns kommen.«
»Nicht mehr zu Ihnen, Rander!«
»Darf ich daraus meine Schlüsse ziehen?«
»Das sollen Sie sogar! Ich hasse es, wenn man sich um meine Dinge kümmert. Sie sind auf dem besten Weg, mir ein gutes Geschäft zu verderben. Das' kann ich unmöglich zulassen. Ich habe mich also entschlossen, Sie zu verderben.«
»Wie geistreich ausgedruckt!« sagte Mike Rander ironisch.
»Lassen Sie das lieber sein«, sagte Hanson. »Hören Sie sich an, ob es nicht vielleicht doch noch eine Chance für Sie geben wird...!«
»Gut, ich lasse mich in der Hinsicht gern überraschen.«
»Einzelheiten interessieren Sie nicht«, schickte Hanson voraus, »soviel sei aber gesagt, ich besitze Unterlagen, die ich sehr gut verkaufen kann. Leider sind sie nicht ganz vollständig, was den Preis drücken wird. Falls Sie die Ergänzung zu diesen Unterlagen besitzen, sollten Sie sie mir geben. Vielleicht können Sie damit Ihr bedrohtes Leben eintauschen.«
»Und welche Garantien hätte ich?«
»Eigentlich keine. Aber ich habe vor, die Staaten nach diesem Coup ein für allemal zu verlassen. Sie können mir also nicht mehr gefährlich