Dies Meer hat keine Ufer. Отсутствует

Dies Meer hat keine Ufer - Отсутствует


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klassischer Sufis

       Klassisches Sufi-Vokabular

       Tasawwuf und takalluf

       Literaturverzeichnis

       Kontakt zum Verlag

      Vorbemerkung

      In der Goldenen Ära des Sufismus, zwischen 800 und 1300, scheinen zwischen Ägypten und Pakistan merkwürdige Scheiche, komische Derwische, Sufi-Heilige in einer Kopfzahl herumgelaufen zu sein wie im antiken Griechenland Wanderphilosophen, Vorsokratiker, Kyniker, im Vorderen Orient Gnostiker oder im christlichen Mittelalter Ketzer, Flagellanten und Wiedertäufer. Recht verschiedene Persönlichkeiten – Denktypen, Theologen, Asketen, bisweilen auch Spaßvögel – frönten allesamt der Neigung, sich in die vorgegebene Religion ihres jeweiligen Landes unmäßig engagiert hineinzuleben und auf dem Weg zu Gott in Verzückungszustände zu verfallen. Alle fanden ungefähr dieselbe Wahrheit, mit kleinen charakterbedingten Unterschieden. Wer von seinen Erkenntnissen nichts aufschrieb, hinterließ Sprüche, Antworten, Bruchstücke aus Lehrgebäuden, Verse, Weisheiten, auch biographische Fragmente, Episoden und Anekdoten.

      Bisherige Sufismus-Darstellungen malen oft ein romantisch idealisiertes, allzu frommes oder biederes, mit christlichen Begriffen überlastetes, sprachlich ungenügendes, esoterisch verwässertes Sufi-Bild. In dieser neuen Kompilation werden erstmals gewisse Verstiegenheiten, abstruser Humor, Sexus, Obszönitäten, orientalische Grausamkeit nicht unter den Perserteppich gekehrt. Geboten wird ein vielstimmiges Panorama und Stimmenkonzert, das Widersprüche und Wahnwitz weder glättet noch überbetont. So entsteht mit diesem Sammelbecken und Delta sufischer Weisheiten und Unweisheiten ein durchaus neues Gesamtbild muslimischer und auch anderer Mystik, nach Themengruppen sortiert, und pro Kapitel chronologisch geordnet, ausgegraben aus vergriffenen, abgelegenen Quellen, vergleichbaren Übersetzungen zusammengetragen, teils neu übersetzt bis nachgedichtet, manches erstmals auf Deutsch, mit einem genaueren Blick auf den Beispiel-Sufi Bayezid al-Bastami, den »König der Mystiker«. Inklusive am Schluss ein Sufi-Glossarium, Zusatzmaterialien, Liste klassischer Scheiche zwecks Weiterstudium, Bibliographie sowie als eine Art Nachwort ein umfassend ausholender Traktat über islamische Mystik im Gesamtbild anderer und jeder Mystik.

      Ulrich Holbein im August 2009

      Berge gehen wie Wolken dahin

      Prophetenworte als Keimzellen späterer Mystik und Dichtkunst

      Und du siehst die Berge, die du für unbeweglich hältst, wie Wolken dahingehen.

      Sure 27

      Und wir zwangen die Berge und Vögel, uns mit David zu preisen.

      Sure 21, 80

      Hätten wir diesen Koran auf einen Berg herabkommen lassen, hättest du ihn aus Furcht vor Allah demütig zusammensinken und sich spalten gesehen.

      Sure 59, 22

      An diesem Tage wollen wir die Himmel zusammenrollen, so wie man ein beschriebenes Pergament zusammenrollt.

      Sure 21, 106

      – und die Menschen werden dir trunken scheinen, obgleich sie nicht berauscht sind.

      Sure 22, 4

      Diese Welt ist ein Zauberer und wir sind die Händler, die ihr die gemessenen Mondstrahlen abkaufen.

      Hadith

      Ana wa Aliyun min nurin wahidin (Ich und Ali bestehen aus einem einzigen Licht)

      Hadith

      Der Hass der Fledermäuse beweist, dass ich die Sonne bin.

      Hadith

      Die Absicht des Gläubigen ist besser als das Werk.

      Von Sufis gern zitiertes Prophetenwort

      Wenn Allah einen Menschen liebt, schaden ihm seine Sünden nicht.

      Prophetenwort, auf das die Sufis sich stürzten und das sie in Umlauf brachten

      Der Prophet hat gesagt: »Gar mancher Zerzauste, Staubbedeckte, mit zwei Fetzen Bekleidete, würde er Allah beschwören, so erfüllte Allah seinen Schwur. Al-Bara’ ist einer von ihnen.«

      Sarradsch in seinem Kapitel »Widerlegung derer, die behaupten, die Sufis seien unwissende Leute und es gebe für die sufische Wissenschaft keinen Beweis aus dem heiligen Buch und der Überlieferung«, Kapitel 7 seines Werks »Kitab al-luma«

      Wer mich im Traum sieht, sieht mich tatsächlich; denn der Teufel nimmt nicht meine Gestalt an.

      Allah schuf die Engel, damit die Vernunft auf ihnen reite.

      Ich habe Stunden, wo mich weder ein Engel fasst noch ein Cherub.

      Wir haben den äußeren Feind besiegt, aber in uns wohnt ein viel schlimmerer Feind.

      Die Tinte des Gelehrten ist heiliger als das Blut des Märtyrers.

      Wenn ihr wüsstet, was ich weiß, ihr würdet viel weinen und wenig lachen.

      Weint, und wenn ihr nicht weint, dann verhaltet euch wie Weinende.

      Wer immer von euch Isa ibn Maryam (Jesus, den Sohn der Maria) trifft, soll ihm meine Grüße ausrichten.

      Hadith

      Schmähe nicht den Gockelhahn, denn er ruft dich zum Gebet!

      Allah hat mir befohlen, den Schnurrbart zu stutzen und den Bart wachsen zu lassen.

      Ein einziges kaschisch (Ziehen) Allahs kommt dem Streben von Menschen und Dschinnen gleich.

      Gott gibt nicht das Diesseits, damit es zum Jenseits führe, er will nicht das Jenseits geben, damit es zum Diesseits führe.

      Die zahlreichsten unter den Paradiesbewohnern sind die Narren.

      Der Glaube des Menschen erreicht sein volles Maß erst dann, wenn man ihn für verrückt erklärt.

      Prophetenwort, das Abu Sa’id auf sich bezog

      Die Menschen schlafen, und wenn sie sterben, erwachen sie.

      Vertraue auf Allah, aber binde zuerst dein Kamel fest.

      Weisheit aus verrückten Mündern

      Orientalische Sprichwörter

      Die Wurzeln erzählen den Zweigen nicht, was sie denken.

      Wenn das Huhn getrunken hat, blickt es auf zu seinem Gott.

      Wer ein Kamel bewirtet, muss eine hohe Haustür haben.

      Spiel nicht Laute vor einem brünstigen Kamel!

      Ein Narr trägt sein Herz auf der Zunge, ein Weiser seinen Mund im Herzen.

      Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.

      Der Weise wird nicht satt an schönen Sprüchen.

      Ich staune: Das Wort eines Weisen aus dem Mund eines Verrückten!

      Eine Maus trat zum Islam über – weder vermehrte sie die Zahl der Musulmanen, noch verringerte sie die Zahl der Christen.

      Ein Hund und ein Grindkopf sind eine schöne Gesellschaft zu einer gesegneten Pilgerfahrt.

      Zuviel Flattern zerbricht die Flügel.

      Ein Blinder sagt zu einem Blinden: »Ein schwarzer Tag, an dem wir zusammengetroffen sind.«

      Die Dunkelheit ist angenehmer als die Blindheit.

      Wenn


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