Im grünen Tann. Arthur Achleitner

Im grünen Tann - Arthur Achleitner


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       Arthur Achleitner

      Im grünen Tann

      Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2020

       [email protected]

      EAN 4064066118907

      Inhaltsverzeichnis

       Cover

       Titelblatt

       Text

      Muetti läßt Thrinele nun beim Kranken und verkündet dem Ätti die frohe Kunde. „Wirsch sehe, Ätti, 's Maidli bringt uns den Michel durch und machet ihn wieder gesund!“

      „Gott geb' 's!“ Und damit erteilt Ätti seine Zustimmung, Thrinele bleibt im Hause des Biberhannes.

      In später Nachtstunde kommt die Kräuterkäthi angehumpelt, doch Thrinele versichert, all' das Nötige von heilsamen Kräutern schon selber mitgebracht zu haben, und Michel habe auch schon den ersten Trank eingenommen. Ätti entlohnt die alte Käthi und überläßt die gesamte Pflege vertrauensvoll dem Thrinele, die still und doch geschäftig ihres Amtes waltet, dankbar und überglücklich, hoffnungsfreudig. Und Michel selbst ist wieder völlig bei Sinnen; wohl schmerzt die tiefe Stichwunde, doch scheint nichts Edles verletzt. Der Kräuterumschlag kühlt, und wohlig schmeckt der von Thrinele bereitete Trank. Über Thrineles Anwesenheit hocherfreut, möchte Michel gern sein Entzücken äußern, doch Maidlis kleine Händchen drücken den Patienten sanft und doch bestimmt wieder nieder, und das Reden wird Michel ganz und gar verboten. Sobald der Bueb noch ein Wörtchen spricht, werde Thrinele ihn verlassen und heimkehren. Diese Drohung wirkt, doch Michel liegt mit leuchtenden Augen im Bette, und seine Blicke verfolgen jede der zierlichen Bewegungen des heißgeliebten Maidli. Ab und zu kommt Muetti wohl nachsehen, und die ist überglücklich über die Besserung in Michels Zustand.

      * * * * *

      So winterstarr und still es ist am toten Bühl, so lebhaft geht es zu im Wirtshaus zum „dürren Ast“, wo eines Morgens die Amtsbüttel erschienen sind, um den Jobbeli zu holen. Ihnen hätte Streitpeter sicher einen warmen und eisernen Empfang aus seiner Flinte bereitet, wenn er nicht eben mit dem Accisor beschäftigt gewesen wäre, der die seit der Brennzeit fällige Branntweinsteuer einforderte und sehr energisch wurde, als Peter scheinheilig hoch und teuer sich verschwor, überhaupt nicht Schnaps gebraut zu haben. Beide stritten heiß und schwer, und Peter verweigerte rundweg jegliche Abgabe unter Androhung scharfen Papierprotestes. Doch der Accisor lachte darüber und spottete über den „Streitpeter“, den man demnächst Mores lehren werde. Der Hohn in dieser Ankündigung machte Peter stutzig, und unwillkürlich ruhiger werdend fragte er, was man denn just mit ihm vorhabe.

      Spöttisch lächelnd deutete der Beamte an, daß die Regierung auf

       Landeskosten den Streitpeter als Oppositionstypus in das

       Wachsfigurenkabinet aufnehmen werde.

      Peter stutzt, er versteht den Ausspruch nicht zu deuten und bittet sanfter, als es sonst seine Art ist, um eine Erklärung.

      Sein Gesicht in ernste Falten legend, sagt der Accisor: „Du kommst ins Wachskabinet als Müsterle für alle Wäldler, wie man sich um Haus und Hof und um den Kopf bringt aus starren Eigensinn und Prozeßwut!“

      „Sell isch' mein Sach'!“ brüllt Peter, dem ein Licht im Hirnkasten aufgeht. „Und unsere Füsi werden euch flinke Bine mache!“

      „Ah! So plant ihr, Rebellen! Nun, auch dafür kann man helfen!“

      Derweil nun beide streiten, sind die Büttel ins Haus eingedrungen, und der gesuchte Jobbeli lief ihnen sozusagen in die Hände, als er, durch das Geräusch der in den Angeln quietschenden Thüre angelockt, nachsehen kam, wer als Gast vielleicht einen Trunk verlange. „Bisch du der Jobbeli?“ fragte der eine der Büttel, und wie der Bube bejahte, war er auch gefaßt und hatte die Hände auf den Rücken gebunden. Wohl zeterte Jobbeli und schrie nach dem Ätti, doch die Büttel drängten den Burschen hinaus und machten ihm durch kräftige Püffe flinke Beine. Auf das Geschrei hin kam Peter wohl nach vorne, doch war die Stube wie der Flur schon leer, und vor das Haus tretend, sah Peter gerade noch, wie sein Bueb in Gesellschaft zweier Bewaffneter in den Waldpfad einbog. Ein Wutschrei gellte durch das Haus. Überrumpelt! Zu spät gekommen! Der Bueb fortgeschleppt trotz schußfertig gehaltener Flinte! Peter ist völlig rasend! Er packt das Gewehr und stürmt hinaus. Doch kehrt er bald wieder um. Die Büttel haben zu viel Vorsprung, und daheim schnüffelt derweil der Accisor alles aus! Das wäre noch gefährlicher. Peter läuft ins Haus zurück, die Flinte schußbereit haltend, und fordert den Beamten auf, nunmehr schleunigst abzuziehen. Die Lage wird kritisch, doch der Accisor läßt sich nicht einschüchtern; er verlangt unter Androhung schwerer Strafe Bezahlung der Branntweinaccise. Peter brüllt vor Zorn und backt an. Jetzt weicht der Beamte und rettet sich durch eiligste Flucht. Peter aber drückt ab, donnernd kracht der Schuß, der ins Gesäß geschossene Accisor macht einen Luftsprung und stürzt vorne über in den glitzernden tiefen Schnee.

      Der Schuß alarmiert die Hochschürer, die bewaffnet herübereilen zum Ast-Wirtshause und vom Peter wissen wollen, ob es nunmehr losgehe gegen die Regierung. Höhnisch deutet Peter hinüber, wo der niedergeschossene Accisor liegt. Die Salpeterer stimmen ein Freudengeheul an; ist doch um einen Feind weniger. Der Wirt stachelt sie auf durch die weitere Mitteilung, daß die Büttel seinen Jobbeli fortgeschleppt hätten. Jetzt gelte es, scharf vorzugehen! Wer Waffen habe, solle sich ihm anschließen; er wolle nach Säckingen und seinen Bueben befreien. In jedem Walddorf solle geworben werden, auf daß die Schar der Salpeterer immer größer werde. Den Accisor aber solle man, wenn er auch bereits tot sei, zum mahnenden Exempel hängen, am Bühlkreuz aufhängen, damit die Regierung weiß, was ihren Leuten blüht im Hauensteiner freien Wald!

      „Mer hängenem!“ (Wir hängen ihn) brüllen die fanatischen Hochschürer und drängen ins Freie. Vor dem Hause warten sie, bis Peter die Thür abgeschlossen hat; dann brechen sie auf, johlend und gröhlend, und folgen der Accisorfährte im Schnee. Was ist das? Dort, wo der Mann offenbar gestürzt ist, deuten die Blutstropfen auf schwere Verletzung, der Schrothagel hat sein Ziel erreicht, der Schnee ist niedergedrückt und rot gefärbt, aber der Accisor ist nicht mehr da, verschwunden. Eine Rotfährte zieht hinab den Bühl: der Tote ist flüchtig gegangen. Abergläubisch bleiben einige der Salpeterer zurück; der Zug gegen den Tod dünkt ihnen unheimlich. Vergeblich hetzt Peter und stachelt sie auf. Sie gehen nicht weiter; Peter habe gesagt, der Accisor sei tot, mausetot geschossen, das Blut im Schnee deutet es richtig, und trotzdem ist der Tote verschwunden. Also geht die Sache nicht mit rechten Dingen zu, es hat der Leibhaftige seine Hand im Spiel, der Teufel hilft der Regierung! Die Hochschürer kehren um und laufen wie von Hunden gejagt heim. Nur Peter bleibt stehen, die feigen Kerle verfluchend, unschlüssig, was er nun beginnen solle. Allein kann er Jobbeli nicht befreien. Aber er kann zu Ägidi gehen und von ihm Beistand erbitten. Also stapft Peter über Rißwihl gen Kuchelbach.

      * * * * *

      Im Wald ist's schwarz geworden: verschwunden der glitzernde, leuchtende Schnee von Hang und Tann, schwarz der ungeheure dichte Forst, dunkelbraun die Wiesen und Matten, schmutziggelb drängen die Bergwasser durch die Schluchten und Thaler. Über die Schneewaldberge bläst der Föhn, und warmer Regen rieselt hernieder, stetig, ausdauernd, schneeverzehrend. Die Kälte hat sich über Nacht gebrochen, es taut allerorten trotz Winterszeit; die engen Dorfgassen gleichen großen Pfützen, die langen Eiszapfen an den Dachrinnen beginnen zu tropfen und fallen dann knisternd in sich zusammen. Verschwunden der Schnee von den Strohdächern, in sich zerfallen die weißen Hauben auf den Steigrohren der Brunnen. Überall sickerndes Schmelzwasser, ein Tröpfeln, ein Träufeln und Spritzen, wenn der Regen in langen Strichen auf die Gassen und Pfützen schlägt und Wasserfäulchen aufzieht. Auch im Wald zischt und brodelt es; das warme Himmelsnaß schlägt klatschend hernieder von Ort zu Ort, die schneeige


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