Fürstenkrone Staffel 8 – Adelsroman. Maria Czigler Bianca

Fürstenkrone Staffel 8 – Adelsroman - Maria Czigler Bianca


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nenne ich fast ein Wunder.« Gerhard lachte sie an. »Contessa, darf ich Sie zu einem kleinen Spaziergang durch Anacapri einladen? Vielleicht eine Tasse Tee unter Palmen mit mir zu trinken, oder wenn es Ihnen beliebt, ein Glas Champagner?«

      Der Graf nahm ihre Hand und zog sie formvollendet an die Lippen.

      Silvias Blick ruhte auf dem blonden Lockenkopf, der sich über ihre Hand beugte. Ein undefinierbares Lächeln lag auf ihrem reizvollen Gesicht.

      Marco ist unbezahlbar, dachte sie. Er hatte recht. Der Junge ist nicht nur ein Graf, sondern auch ein rechter Kindskopf. Es wird ein leichtes für mich sein, ihn in Flammen stehen zu lassen.

      »Ich weiß nicht, Graf …« Die Contessa zierte sich. »Ich kenne Sie doch nicht …«

      »Oh, diesem Fehler können wir abhelfen.« Gerhard reichte ihr den Arm und lachte sie an. »Haben Sie Vertrauen zu mir, Contessa, ich werde Sie sicher nicht enttäuschen.«

      »Nur, wenn Sie mir erlauben, dass ich Sie bald meiner Familie vorstelle. Dass heißt, meinem Cousin, denn mehr ist von meiner Familie nicht übriggeblieben.«

      Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, traurig senkte sie den Kopf.

      »Bitte, denken Sie jetzt an nichts anderes als daran, dass die Sonne scheint und ich Sie ein bisschen verwöhnen möchte«, sagte Gerhard beschwörend. »Vergessen Sie alles, was Sie traurig macht, bitte …«

      »Sie haben ja so recht.« Die Contessa seufzte und ging an seiner Seite aus dem Modegeschäft. »Das rede ich mir auch immer ein, doch es gibt stets wieder Augenblicke, da holt mich die Vergangenheit ein.«

      »Wenn Sie wollen, erzählen Sie mir alles. Ich bin ein guter Zuhörer«, sagte Gerhard, und ein Blick in ihre nachtdunklen Samtaugen jagte heiße und kalte Schauer über seine Haut. »Vielleicht darf ich Sie öfter sehen? Bitte, sagen Sie nicht nein, Contessa, Sie brechen mir sonst das Herz.«

      »Das kann ich nicht verantworten.« Zum ersten Male kam ein helles Lachen über ihre Lippen, und Gerhards Herz schlug hart und dumpf an die Rippen. Wenn sie die schneeweißen Zähne zeigte, war sie noch schöner. Gerhard konnte es kaum erwarten, die Contessa in die Arme zu nehmen.

      Die oder keine – das glaubte er jetzt zu wissen. Vergessen waren Ulrike und das gute innige Gefühl, das er für sie empfunden hatte.

      Gerhard von Permont lernte zum ersten Male in seinem Leben die Leidenschaft kennen, dieses verzehrende Feuer, das alle Bedenken vernichtete, das den Verstand ins Abseits drängte und nur dem Gefühl freien Raum ließ.

      »Dann sagen Sie ja?« Gerhard blieb unwillkürlich stehen und schaute sie verliebt an. »Von heute an werden Sie kaum noch freie Zeit haben, Contessa.« Es sollte scherzend klingen, doch ein Unterton in seinen Worten zeugte von seinem ausgeprägten Besitzdenken.

      »Das wird sich noch herausstellen, Graf«, bemerkte die Contessa de Mirandola zurückhaltend. »Unterschätzen Sie mich nicht. Ich gebe mich niemals mit Halbheiten zufrieden.«

      »Ich auch nicht«, erwiderte er und ging weiter. »Wieder eine Gemeinsamkeit, Contessa.«

      Graf Gerhard von Permont merkte nicht, dass er von einem dunklen Augenpaar beobachtet wurde, dass ihnen ein Mann folgte, der mit der Entwicklung der Dinge sehr zufrieden war.

      *

      Nur zwei Fenster des Palazzo an der Via di Porta waren erleuchtet. Manchmal bewegte sich ein Schatten hinter den feinen Stores.

      Der Palazzo Garibaldi war eines der schönsten Häuser an der Via di Porto, und wer es sich leisten konnte, ihn als Feriendomizil zu mieten, gehörte einer gehobeneren Gesellschaftsschicht an, zumindest musste er über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, denn die Miete des Palazzo konnte durchaus mit den Kosten eines Luxushotels verglichen werden.

      Drei Menschen hielten sich in dem Raum auf, der von der Besitzerin als Florentinerzimmer bezeichnet wurde.

      Silvia de Mirandola und Maria Santos saßen sich in Plüschsesseln gegenüber, während Marco di Rivera unruhig hin und her ging.

      »Wir dürfen keinen Fehler machen«, sagte er nachdenklich und blieb vor den Frauen stehen.

      »Du wiederholst dich«, bemerkte Silvia gelangweilt. »Wenn du uns nichts anderes zu sagen hast, dann schlage ich vor, wir ziehen uns in unsere Zimmer zurück. Ich bin müde und möchte schlafen.«

      »Du bist immer nur müde«, spottete der große dunkelhaarige Mann und beugte sich leicht vor. Wütend starrte er die jüngere der beiden Frauen an. »Begreifst du denn nicht, was uns da über den Weg gelaufen ist? Nein?«

      »Doch, aber warum diese Hektik? Der Graf ist über beide Ohren in mich verliebt. Genügt das denn nicht? Ich glaube, lieber Marco, ich bin Frau genug, um zu wissen, wie man einen Mann hält«, entgegnete Silvia wütend.

      Hätte Gerhard von Permont sie in diesem Augenblick sehen können – er wäre mehr als erstaunt gewesen. Silvia de Mirandola, die sich ihm gegenüber als Contessa ausgegeben hatte, benahm sich nicht im geringsten wie eine Dame.

      Sie hatte die Füße hochgelegt und lagerte sie auf einem kleineren Sessel. In der linken Hand hielt sie ein Whiskyglas, in der rechten eine Zigarette, an der sie heftig zog.

      Silvias dunkle Augen waren keineswegs mehr sanft. Sie funkelten wie die Lichter eine Raubtieres, und die üppigen Lippen waren jetzt schmal.

      »Streitet euch nicht, das bringt uns nicht weiter«, mischte sich nun Maria Santos, die Älteste des Trios, ein. »Wir haben gefunden, was wir suchten. Silvia ist klug genug, um die Gans, die goldene Eier legt, nicht zu verscheuchen.«

      Maria lachte laut auf. »Wichtig ist jetzt, dass wir mit dem Grafen nach Deutschland zurückkommen. Den Palazzo kann ich kaum noch bezahlen, und auch das Geld für weitere Reisen wird knapp. Also, Silvia, streng dich an.«

      Die jüngere nickte und leerte das Glas in einem Zug. Sie reichte es Marco, der es kommentarlos füllte.

      »Wird er alles glauben?«, fragte Maria Santos nachdenklich. Es hörte sich an, als stellte sie die Frage an sich selbst.

      »Warum nicht? In Neapel und Umgebung wimmelt es von verarmten Adeligen.« Marco lachte. »Warum sollte Silvia nicht eine von ihnen sein? Unsere Papiere sind so gut gefälscht, dass nicht mal die Zollbeamten bei unserer letzten Reise etwas merkten.«

      »Und bis zum Trauschein lassen wir es gar nicht kommen«, bemerkte Maria und lachte meckernd.

      Sie war eine Frau Mitte vierzig, die älter aussah. Im allgemeinen wurde sie als Silvias Kinderfrau ausgegeben, an der die Contessa angeblich mit abgöttischer Liebe hing.

      »Und wie lange habe ich Zeit?«, fragte Silvia und stand auf. Besprechungen dieser Art langweilten sie entsetzlich.

      »Vierzehn Tage.« Jetzt klang Marias Stimme hart. »Keinen Tag länger. Bis dahin musst du eine Einladung nach Deutschland erreicht haben. Alles andere läuft dann so wie besprochen.«

      »Ich werde es schon schaffen«, sagte Silvia leichthin und schob die Hand unter Marcos Arm. »Hier drinnen ist es furchtbar stickig, Liebling. Gehen wir ein bisschen hinaus?«

      »Wenn du mich so anschaust, kann ich dir fast nichts abschlagen«, erwiderte er leise, wandte sich an Maria und sagte in einer Art, die keinen Widerspruch duldete: »Wir brauchen frische Luft. Morgen sehen wir uns wieder.«

      Ohne sich weiter um Maria Santos zu kümmern, führte Marco die rassige Schöne hinaus. Sie gingen ein paar Stufen hinab, durchquerten den großen Salon und gelangten von hier aus auf die Terrasse.

      Eine kleine Treppe führte in den Innenhof hinab, in dessen Mitte Wasserspiele plätscherten.

      Mondstrahlen tanzten auf den Fontänen, der Jasmin verströmte einen betäubenden Duft.

      Und über diesem herrlichen Fleckchen Erde spannte sich ein samtener Himmel. Tausend und abertausend helle Lichtpunkte glänzen aus der schweigenden Dunkelheit des Alls, Zikaden zirpten ihr gleichtönendes uraltes Lied, Glühwürmchen trugen ihre Laternen durch


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