ISLAND RED. Matt Serafini

ISLAND RED - Matt Serafini


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in das Wasser hinein, erst bis zu den Hüften, doch kurz danach so tief, dass sie darin eintauchen konnte.

      Dieses Mal gönnte ihr Kurt keinerlei Vorsprung. Er verschwand schnell unter der Oberfläche und streckte sich nach ihr aus. Im Meer, das schwarz wie Onyx war, verschmolzen die dunklen, formlosen Schatten miteinander und trieben gemeinsam dahin wie gemalte Silhouetten.

      Die beiden tauchten gemeinsam wieder auf und stießen in einem Kuss zusammen, der ewig hätte andauern dürfen. Sie konnten einfach nicht voneinander ablassen, weshalb sich ihre Zungen weiter umspielten, selbst wenn sie zwischendurch die Mundwinkel verziehen mussten, um Luft holen zu können. Kurt flüsterte ihr jetzt ins Ohr, wie sehr er sie liebe. Sie reagierte darauf, indem sie ihre Beine um ihn schlang.

      Kein Erwidern seiner gestandenen Hingabe, sondern nur eine Einladung zur Vereinigung.

      »Lass es mich spüren.« Ihr Tonfall klang fordernd, was beinahe schon genügte, um ihn sofort zum Höhepunkt zu treiben, als er einen ihrer Oberschenkel streifte.

      Ihre Haut schmeckte salzig, aber es war Kelly und somit das Beste, was seine Geschmacksknospen je gekostet hatten.

      Er glitt jetzt langsam in sie hinein, woraufhin Kelly ihren Körper anspannte. Ihr Stöhnen durchbrach die nächtliche Stille und sie kratzte seinen Rücken so sehr, dass er zu bluten anfing.

      Aber das war ihm vollkommen egal.

      Im Wasser zu vögeln war allerdings schwieriger, als er gedacht hatte. Als er die Beine auf und nieder bewegte, hatte er das Gefühl, ein Radfahrer auf dem Weg bergauf zu sein, der einfach nicht abflachen wollte, und bei jedem Hüftschwung ihrerseits, um seinen Stößen entgegenzukommen, tauchten die beiden unter. Wieder an die Oberfläche zu gelangen, brachte sie automatisch aus dem Rhythmus. Er bedauerte es nun, sich nicht einfach mit ihr in den Schlamm gelegt zu haben, aber das hätte er ihr natürlich auf keinen Fall gesagt. Kellys Haut zu fühlen, während sie sich an ihn klammerte, begeisterte ihn, und ihr Stöhnen die ganze Nacht lang anzuhören war ihm ein pures Vergnügen.

      Als sich Kelly abermals zurück an die Luft kämpfte, die nur hier in Florida so riechen konnte, fiel ein orangerotes Licht auf ihren Körper. Kurt hatte es auch bemerkt, so wie er sie anschaute.

      Plötzlich leuchtete außer dem Mond noch etwas anderes auf sie. Das Meer ringsherum sah plötzlich aus wie beim Sonnenaufgang, aber so lange waren sie doch noch gar nicht draußen gewesen, oder doch?

      Die zwei sahen einander kurz verwirrt an, bevor Kelly schließlich zum Himmel hinaufschaute, als sei dort eine Erklärung zu finden. Die sternenklare Finsternis war zerrissen worden wie ein Schleier und ein Feuerball sauste am Firmament entlang.

      Erst jetzt wurde Kurt bewusst, wie weit sie hinausgetrieben waren. Der Uferdamm sah aus wie eine Flugzeuglandebahn aus einer Entfernung von zwanzigtausend Fuß. Ehe er vorschlagen konnte, zurückzuschwimmen, schrie Kelly panisch: »Er kommt genau auf uns zu!«

      Das stimmte tatsächlich. Die Kugel wurde immer größer, bis sie schließlich den gesamten Himmel über den beiden auszufüllen schien. Die Hitze des herabstürzenden Gesteins strahlte auf ihre Gesichter ab, als Kurt erkannte, dass der Meteor sie tatsächlich treffen würde. Er näherte schnell und zum Ausweichen blieb keine Zeit mehr. Kaum, dass er mit einem gewaltigen Rauschen auf die Oberfläche schlug, stieg eine Stoßwelle empor.

      Sie wurden haushoch aus dem Meer herausgehoben und dann wie Marionetten gegen den Stein geworfen, sodass ihre Körper wie Schinkenspeck in einer Pfanne verbrannten.

      Kelly schrie zuerst, doch ihre Schreie erstarben abrupt. Ihr Kopf fiel in den Nacken und vor lauter Qual riss sie ihre Augen weit auf. Während der Meteor sank, war sie bereits unter der Oberfläche verschwunden. Ihre gerade noch goldbraune Haut erinnerte nun eher an ein Stück verkohltes Fleisch.

      Nachdem Kurt wieder im Meer gelandet war, tat selbst das Planschen weh. Als er sich nach Kelly ausstreckte, sah er nur noch ihren fassungslosen Blick. Im Mondlicht erkannte er, dass sein Arm schlimmer verletzt worden sein könnte. Er war so schwer verbrannt wie Kelly, seine Haut schälte sich ab und das Gewebe wirkte wie geschmolzen.

      In gleicher Weise, wie der Meteor untergegangen war, drohte nun auch Kurt, in Ohnmacht zu versinken.

      Die bewegte See trug Kelly zurück in seine Richtung und sie versuchte, nach ihm zu greifen und zu schreien, doch ihre Luftröhre war verbrannt, und Blut strömte über ihre schwarz gewordenen Wangen, als weine sie bitterliche rote Tränen.

      Schließlich tauchte sie nicht mehr aus den dunklen Wassermassen auf. Fort war sie – und somit auch Kurts letzter Eindruck von ihr, bevor ihm seine schwere Verwundung ebenfalls das Bewusstsein raubte. Ihm wurde schwarz vor Augen, während das Meer ihn nach unten in ein kaltes Grab zog.

      ***

      Der Schlangenhai schraubte sich aus der Tiefe empor und bewegte sich durch das Wasser, das heller als gewohnt war. Er besaß zwar keinen Farbsinn, doch sein großer brauner Leib glitt durch eine warme blaue Umgebung, die ihm angenehmer vorkam als die pechschwarze Finsternis, in der er sonst die meiste Zeit seines Lebens herumstreifte.

      Einige Tage zuvor hatte ihn eine zufällige Begegnung in Richtung Oberfläche gelockt. Er war eine Weile um die Insel herum geschwommen, um sich auf Geräusche vom Land einzustellen, die seine Sinne gereizt hatten.

      Auf rhythmische Vibrationen von Musik sprach er besonders gut an. Die Bassfrequenzen eines Schlagzeuges hallten weit über den Atlantik und pflanzten sich als kräuselnde Wellen unter Wasser fort. Diese hatten den Hai neugierig gemacht, also war er hinaufgeschwommen, um die Ursache zu finden, hatte sie aber enttäuschenderweise nicht finden können. Brummende Bootsmotoren, die das Meer aufwühlten, hatten ihn schließlich verärgert, nicht zuletzt deshalb, weil er die enervierenden Rümpfe nicht ohne Weiteres aufbrechen konnte.

      Davon einmal abgesehen, erinnerte ihn dies aber wieder daran, warum er tiefere Gewässer vorzog. Der Lebensraum dort war seines Empfindens nach von jeher stimmig gewesen. Beute zu finden stellte kein Problem dar. Am häufigsten tötete er Kalmare, weil diese wehrlos und oftmals verletzt waren. Manchmal brauchte er nur abzuwarten, bis sie sich ausgezehrt hatten und einfach nur noch dahintrieben. Im Gegensatz zu den meisten Haien besaß er die Fähigkeit, sich im Dunkeln zurechtzufinden, selbst in Tiefen zwischen hundertfünfzig und sechshundert Fuß. Wenn er sich anpirschte, blieben die anderen Meerestiere immer vollkommen ahnungslos und ruhig, bis es zu spät für sie war.

      Er konnte sein biegsames Maul so weit aufsperren, dass er seine Beute in einem Stück verschlingen konnte. Er kaute mit dreispitzigen Zähnen, die in fünfundzwanzig Reihen angeordnet waren, um ihr Fleisch zu zerteilen, und trieb sie nicht selten in die Enge, sodass eine Flucht unmöglich wurde. Dies gereichte ihm zum Vorteil, weil er nicht so kraftvoll zubeißen konnte, wie andere Spezies, obwohl er der Größte seiner Art war. Eine zwanzig Fuß lange und fast zweitausendfünfhundert Pfund schwere Laune der Natur.

      Er hatte jetzt die Spur eines größeren Tintenfisches aufgenommen, aber dann plötzlich das Interesse an dieser potenziellen Beute verloren, weil er von Erschütterungen des Wassers abgelenkt wurde, die durch die Finsternis bis in seine vertieften Hörkanäle gedrungen waren.

      Nicht, dass er zum ersten Mal einen Menschen gesehen hätte, doch geschmeckt hatte er bis dahin noch keinen. Naturgemäß war er ihnen gegenüber misstrauisch und mied sie, wenn er auf sie stieß, was allerdings auch nur selten vorkam. Dieses Mal jedoch zog ihn irgendetwas zu dem Beinpaar hin, das über ihm hektisch um sich trat, um nicht unterzugehen.

      Sein Instinkt sagte ihm, lieber das Weite zu suchen, doch er war momentan nicht geneigt, darauf zu hören.

      Als wie aus dem Nichts ein breites Wellenband herunterströmte, schwamm er dem Ursprung entgegen. Wasser rauschte durch seine Nasenlöcher und damit auch der Geruch von Menschenblut.

      Er neigte sich zur Seite und drehte seinen Kopf in Richtung Oberfläche, wobei er ein anhaltendes Platschen in der Ferne wahrnahm, während sich das Blut noch weiter ausbreitete. Schnell bewegte er sich auf die unregelmäßigen Wirbel zu. Die Meeresräuber aus der Umgebung spürten das Gleiche. Möglicherweise erwogen auch sie vorübergehend, der Ursache auf den Grund zu gehen,


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