Mami Staffel 7 – Familienroman. Lisa Simon

Mami Staffel 7 – Familienroman - Lisa Simon


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man denn auf gerichtlichem Wege etwas tun? Ich arbeite in einer Anwaltskanzlei, und ich könnte meinen Chef beauftragen, meine Interessen zu vertreten.«

      »Frau Kamrath, ich sagte Ihnen doch schon, daß gesetzlich diese Adoption vollkommen in Ordnung ist. Überlegen Sie doch mal: Ein Kind ist kein Spielzeug, das man in die Ecke legt, wenn man keine Lust mehr darauf hat – und es jederzeit wieder hervorkramen kann. Ein Kind sollte seine festen Bezugspersonen haben und nicht nach Lust und Laune seine Eltern wechseln. Daher sind die Gesetze im bezug auf Adoption so streng.«

      »Aber ich würde mein Kind niemals wieder fortgeben«, sagte Ni-cole leise. »Er ist doch erst ein paar Wochen alt, da kann er sich noch gar nicht an die anderen Leute gewöhnt haben! Noch einmal würde ich diesen Fehler nicht begehen, das verspreche ich.«

      Frau Becker schüttelte langsam den Kopf. »Ich kann Ihnen nur raten, daß Sie den Jungen vergessen. Etwas anderes wird Ihnen nicht übrigbleiben…«

      Mit tränenblinden Augen wankte Nicole aus dem grauen, tristen Gebäude. Kein Mensch konnte ihr dabei helfen, den Irrtum rückgängig zu machen. Wie sollte es bloß weitergehen?

      *

      Die nächsten Wochen verflogen wie im Fluge, waren gespickt mit Überstunden, die Nicole freiwillig übernahm. Sie ertrug den Gedanken nicht, abends allein zu Hause zu sitzen und an den Kleinen zu denken. Die Maurer waren inzwischen fertig mit ihrer Arbeit und hatten eine Menge Schutt hinterlassen. Jetzt werkelten die Maler in den Räumen herum, und in den nächsten Tagen sollte die neue Auslegeware kommen.

      Dr. Kleiber ließ Nicole freie Hand bei der Auswahl der Tapeten, Gardinen und Büromöbel.

      »Sie wissen doch besser als ich, wie man ein Büro einrichtet«, waren seine Worte gewesen, und das hatte Nicole richtig stolz gemacht, dabei vergaß sie sogar für einen Moment ihren Kummer.

      Dr. Thomas Benedikt hatte sich bei der Belegschaft bereits eine Woche zuvor vorgestellt und sich seine neuen Räumlichkeiten angesehen. Die Kolleginnen hielten Nicole für einen Glückspilz, bei so einem tollen Mann, wie sie betonten, arbeiten zu dürfen. Doch Nicole fand ihren zukünftigen Chef zwar sympathisch, aber mehr auch nicht. Es verlangte sie nicht danach, Dr. Benedikt schöne Augen zu machen. Für sie war die Welt grau und öde ohne ihr Kind.

      »Er soll geschieden sein und mit seiner Tochter zusammenleben«, raunte Gabi den anderen in der Pause zu. Wieder gab es Nicole einen Stich – wie jedesmal, wenn jemand über Kinder sprach. Wäre sie nicht so dumm gewesen, hätte sie mitreden können, wenn es um den Nachwuchs ging.

      Dann war endlich der große Tag gekommen! Das neue Büro sah hell und elegant, jedoch nicht zu pompös aus. Nicole freute sich über das Lob der Mitarbeiter.

      Dann ging man zur Tagesordnung über. Dr. Thomas Benedikt verschwand hinter der dicken gepolsterten Tür in sein Büro, und Nicole nahm die ersten Anrufe für ihren neuen Chef entgegen.

      Während einer Verschnaufpause lehnte sich die junge Frau zurück und sah sich um. Sie war am Ziel ihrer beruflichen Träume angekommen – aber freuen konnte sie sich nicht darüber. Zu hoch war der Preis gewesen, den sie dafür bezahlen mußte. Nein, selbst die bestdotierte Stellung konnte kein Kinderlachen ersetzen!

      Der Arbeitstag endete so unruhig, wie er begonnen hatte. Kurz vor Feierabend streikte der Computer an Nicoles Arbeitsplatz, und sie saß noch längst davor, als alle anderen Lichter in der Kanzlei Kleiber/Sondermann/Benedikt verloschen waren. Doch die zusätzliche Arbeit machte Nicole nichts aus. Zu Hause erwartete sie doch nur diese erdrückende Stille, die ständigen Gedanken an ihren kleinen Sohn, ihn niemals in den Armen halten zu dürfen…

      *

      »Frau Kamrath, kommen Sie bitte einen Moment zu mir!« tönte es aus der Sprechanlage.

      Sofort sprang Nicole auf und griff nach Stenoblock und Bleistift. Ihr neuer Chef hielt sie ganz schön in Atem, doch das war Nicole nur recht.

      Dr. Benedikt bat seine Sekretärin, Platz zu nehmen und hob abwehrend die Hände, als diese ihren Block bereithielt. »Nein, nein. Ich möchte Ihnen jetzt nichts diktieren, sondern gern ein paar private Worte mit Ihnen wechseln.«

      Als er Nicoles fragenden Blick sah, sagte er: »Es geht mich nichts an, und wenn Sie nicht wollen, brauchen Sie auch nicht zu antworten.«

      »Sind Sie etwa mit meiner Arbeit nicht zufrieden?« fragte Nicole erschrocken.

      »Ganz im Gegenteil, Sie sind eine hervorragende Kraft. Mir ist jedoch aufgefallen, daß Sie oft in Gedanken versunken dasitzen und zu grübeln scheinen. Wenn Sie sich unbeobachtet fühlen, sehen Sie so traurig aus. Kann ich Ihnen vielleicht helfen bei Ihrem Pro-

      blem?«

      »Ich fürchte, bei meinem Problem kann mir niemand helfen«, erwiderte sie erstaunt. Daß Dr. Benedikt sie heimlich beobachtete, hatte sie nicht gewußt.

      »Möchten Sie darüber reden?« fragte Thomas Benedikt sanft.

      Dann erzählte Nicole alles von ihrer Beziehung zu Rainer und ihrem eigenen oberflächlichen und egoistischen Denken.

      »Mir ist klar, daß ich keine

      Chance habe, mein Baby zu bekommen; und das macht mich so unsagbar traurig.«

      Thomas sah sie ernst an. »Wenn die Adoption tatsächlich rechtskräftig ist, kann man da wirklich nichts machen, da hat die Dame vom Jugendamt schon recht.«

      »Gibt es denn keine Ausnahmesituationen? Ich würde alles dafür tun, wenn ich den Kleinen zu mir nehmen könnte.«

      Thomas Benedikt erhob sich. »Ich fürchte, da läßt sich juristisch nichts machen. Die Dinge liegen leider so, daß Sie Ihr Kind verloren haben.«

      Auch Nicole stand auf und senkte den Blick, damit ihr Chef nicht die Tränen sehen konnte, die ihr in die Augen geschossen waren. Dr. Benedikt sollte bloß nicht sehen, daß wie weinte!

      Doch der sah es, ging aber dar-über hinweg. »Wenn Sie Lust und nichts Besseres vorhaben, würde ich Sie gern heute abend zum Essen einladen – als Entschädigung für die viele Arbeit.«

      Nicole war so überrascht, daß ihre Tränen so rasch versiegten, wie sie gekommen waren. Sie nickte nur stumm, sprechen konnte sie nicht vor Erstaunen.

      Den Kolleginnen sagte Nicole nichts von der Einladung, sie wären wahrscheinlich vor Neid geplatzt und hätten möglicherweise hinter ihrem Rücken getuschelt.

      *

      Der Abend verlief überraschend angenehm in der gepflegten Atmo-sphäre eines guten Restaurants. Das Essen war vorzüglich, und der Wein schmeckte köstlich. Nach kurzer Zeit schon hatte Nicole ihre Hemmungen ihrem Chef gegenüber verloren. Sie unterhielten sich wie zwei alte Bekannte.

      Im Laufe des Abends kam Thomas jedoch noch einmal auf die Adoption zurück. »Die wirklich einzige Möglichkeit, das Kind zu bekommen, ist, daß die Adoptiveltern selbst von der Adoption zurücktreten – aber das passiert praktisch nie.«

      »Hm, und Sie meinen, daß ein Gerichtsprozeß nichts bringt?«

      »Absolut nicht. Es würde Sie nur Geld und Nerven kosten, und im Endeffekt wären Sie um eine Enttäuschung reicher.«

      »Ich glaube, ich würde auch kein Kind zurückgeben, das ich adoptiert hätte«, sagte Nicole nachdenklich. »Ich möchte natürlich auch nicht, daß mein Sohn seinen neuen Eltern entrissen wird, aber ich dachte immer, als leibliche Mutter hat man mehr Rechte.«

      »Leider nicht. Lassen Sie uns das Thema wechseln, Sie haben schon wieder so einen traurigen Gesichtsausdruck.«

      Nicole lächelte zaghaft. »Schon gut, ich will Ihnen bestimmt nicht Ihre gute Laune verderben.«

      »Das können Sie gar nicht! Schlagen Sie doch einfach ein Thema vor, über das wir reden können.«

      »Erzählen Sie mir von Ihrem Kind«, sagte Nicole und wunderte sich, daß sie von sich aus auf dieses Thema kam. »Sie haben eine kleine Tochter, nicht wahr?«

      »Ja,


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