Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


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wieder darüber hatte sprechen können. Im Nachhinein war sie ihr auch nicht böse darüber. Aber eines ließ ihr keine Ruhe; ihr Vater, Tobias, war tot, doch vielleicht lebten noch Verwandte von ihm.

      Und was war mit dem Hof, auf dem ihre Mutter geboren und aufgewachsen war? Gab es dort noch jemanden aus ihrer Familie?

      Für die hübsche Arzthelferin war eines ganz klar, wenn sie Antworten auf diese Fragen haben wollte, dann mußte sie dorthin!

      »Wie heißt der Ort, aus dem Mutter stammt?« fragte sie.

      Heinrich Brinkmann, der ahnte, was der Grund dieser Frage war, riet ihr nicht ab.

      »Du willst dorthin fahren, net wahr?«

      Er nickte nachdrücklich.

      »Ich denk’, das mußt du auch tun. Man muß wissen, woher man kommt, wo seine Wurzeln sind. Der Ort heißt St. Johann. Er liegt im Wachnertal. Aber mehr kann ich dir darüber auch net sagen.«

      »Ich werd’ schon herausfinden, wie ich dahin komm’«, antwortete sie. »Gleich morgen werd’ ich in der Praxis fragen, wann ich Urlaub bekommen kann.«

      Carla machte ein nachdenkliches Gesicht.

      »An wen wende ich mich denn am besten, wenn ich erst einmal dort bin?« überlegte sie laut.

      »Tja, an das Einwohnermeldeamt vielleicht. Falls es so etwas da gibt. Auf jeden Fall würd’ ich im Rathaus nachfragen. Und beim Pfarrer. Wenn sich sonst nix findet, im Kirchenarchiv gibt’s bestimmt irgendwelche Unterlagen; Taufen, Hochzeiten und Sterbefälle werden in der Regel ins Kirchenbuch eingetragen.«

      »Das ist eine gute Idee«, pflichtete Carla ihm bei.

      Jetzt, nachdem sie mehr wußte – auch wenn es immer noch wenig genug war – merkte sie, wie hungrig sie war. Sie saßen noch sehr lange beim Abendessen und sprachen über die alten Zeiten. Im Laufe der Unterhaltung wurde der jungen Frau immer bewußter, wie dankbar sie Kurt Brinkmann sein mußte, daß er sich damals um ihre Mutter und sie gekümmert hatte.

      Ja, er war ein wunderbarer Vater gewesen, und er hatte seiner kleinen Familie all die Liebe gegeben, zu der er fähig gewesen war.

      »Das Grab meines richtigen Vaters, weißt du, wo es ist?« fragte sie, bevor sie sich verabschiedete.

      Heinrich Brinkmann nickte.

      »Tobias liegt auf einem Friedhof in St. Johann«, berichtete er. »Bis zu ihrem Tode hat deine Mutter es pflegen lassen, sie ist aber nie wieder dort gewesen.«

      »Warum hast du es mir net von selbst erzählt?« wollte Carla wissen.

      Ihr Onkel überhörte den leichten Vorwurf, der in ihrer Stimme mitschwang.

      »Es war der Wunsch deiner Mutter, zu ihren Lebzeiten über die ganze Angelegenheit Stillschweigen zu bewahren«, erwiderte er. »Leider hab’ ich sie net mehr fragen können, ob du eines Tags vielleicht doch eingeweiht werden sollst. Daß sie dich durch einen Brief informieren wird, hab’ ich net geahnt. Ich hab’ einfach nur ihren Wunsch respektieren wollen. Verstehst du?«

      Carla nickte gerührt.

      »Natürlich, Onkel Heinrich«, sagte sie und strich ihm über die Wange. »Entschuldige…«

      »Schon gut, mein Madl.« Er schüttelte den Kopf. »Ich wünsch’ dir viel Glück bei der Suche nach deinen Wurzeln, und wenn ich könnt’, dann würd’ ich sogar mitfahren nach St. Johann.«

      Er hob bedauernd die Schultern.

      »Aber ich kann meine Rosen net allein lassen.«

      Carla gab ihm einen Abschiedskuß.

      »Ich werd’ dir alles erzählen, wenn ich wieder zurück bin«, versprach sie.

      Sie stieg in ihr Auto und fuhr nach Hause. Unterwegs überlegte sie, wie sie am besten vorgehen sollte. Erst einmal Urlaub beantragen. Dr. Westhoff würde ihr bestimmt keine Steine in den Weg legen, wenn er erfuhr, worum es ging. Seit drei Jahren arbeitete die Vierundzwanzigjährige in der Praxis und kam bestens mit dem Chef und den Kolleginnen aus.

      Dann mußte sie herausfinden, wo dieses St. Johann lag, außerdem brauchte sie für die Zeit ihres Aufenthalts dort eine Unterkunft.

      Himmel, gab es da viel zu überlegen!

      Sie würde sich eine Liste machen müssen, damit sie nicht die Hälfte vergaß. Und zwar am besten gleich, denn noch war sie voller Eifer und Energie.

      Obwohl sie die letzte Nacht kaum geschlafen hatte, fühlte Carla sich ausgesprochen munter. Sie saß bis spät in die Nacht in ihrem Wohnzimmer und schrieb auf, woran sie alles denken mußte; der Computer und das Internet waren ihr dabei eine große Hilfe.

      St. Johann, das hatte sie schnell herausgefunden, lag an der Grenze zu Österreich. Mit dem Auto konnte sie die Strecke in ein paar Stunden schaffen. Mehr Probleme machte da die Frage der Unterkunft. Sie hatte noch am Abend, nachdem sie über das Internet die Pensionen herausgesucht hatte, bei verschiedenen Ferienunterkünften angerufen und nachgefragt. Die Auskünfte waren indes alles andere als ermutigend gewesen. Überall hieß es, man sei ausgebucht. Ihre einzige Hoffnung war im Moment nur noch eine Pension, in der sich niemand gemeldet hatte. Sie konnte also nur noch abwarten, ob sie morgen mehr Glück hatte. Notfalls würde sie auch in ihrem Auto schlafen.

      Sehr viel später als sonst ging sie dann schlafen. Aber bevor sie ins Land der Träume hinüberglitt, kreisten ihre Gedanken ständig um drei Personen: Kurt Brinkmann, ihre Mutter und Tobias Starnmoser.

      Vergeblich hatte sie noch einmal alles durchgesehen, in der Hoffnung, vielleicht ein Foto ihres richtigen Vaters zu finden. Wahrscheinlich, so vermutete sie, hatte ihre Mutter alles verbrannt, was sie an die Vergangenheit hätte erinnern können. Alles, was sie fand, und das ihr bestätigte, daß sie sich das alles nicht nur einbildete, war die Heiratsurkunde, in der stand, daß Frau Brigitte Starnmoser, geb. Hornbacher, und Herr Kurt Brinkmann die Ehe geschlossen hatten. Als Geburtsort ihrer Mutter war St. Johann angegeben.

      Jetzt war sie gespannt darauf, ihn kennenzulernen.

      *

      Ria Stubler begrüßte die junge Frau mit einem herzlichen Lächeln.

      »Herzlich willkommen. Ich hoff’, Sie werden sich bei mir wohl fühlen. Hatten S’ eine gute Fahrt?«

      »Vielen Dank, ja«, nickte Carla. »Ich freu’ mich, daß es mit dem Zimmer noch geklappt hat.«

      »Da hatten S’ wirklich Glück. Ich hab’ Ihnen ja schon am Telefon gesagt, daß es um diese Jahreszeit immer eng ist. Aber gerad’, als Sie angerufen haben, hatte ein Gast seine Reservierung storniert. So, jetzt kommen S’ aber erstmal, ich zeig’ Ihnen das Zimmer.«

      Die Pensionswirtin nahm einen Schlüssel vom Brett und ging voran. Das Zimmer lag im ersten Stock. Es war einfach, aber gemütlich eingerichtet. Es gab sogar Telefon und ein Fernsehgerät. Durch eine hohe Glastür gelangte man auf den Balkon hinaus, von dem aus man einen phantastischen Blick auf die Berge hatte.

      »Sehr schön«, sagte die Arzthelferin.

      »Frühstück ist von sieben bis zehn Uhr«, erklärte Ria. »Falls Sie mal eine Bergtour planen, sagen S’ mir am Abend vorher Bescheid, dann richt’ ich Ihnen etwas her, und eine Brotzeit für unterwegs bekommen S’ auch.«

      Sie nickte Carla zu und schloß die Tür hinter sich.

      Die Arzthelferin nahm die Reisetasche und begann, ihre Sachen auszupacken und in den Kleiderschrank zu räumen. Das Zimmer gefiel ihr wirklich, vor allem die Holzmöbel, die mit bunter Bauernmalerei verziert waren. Nachdem die Tasche leer war, verstaute Carla sie auf dem Schrank und setzte sich in einen der beiden Sessel, die am Fenster standen.

      Da bin ich also, dachte sie.

      Wie sie vermutet hatte, gab es seitens ihres Chefs keine Einwände gegen den Urlaub. Ihre Bitte kam zwar etwas kurzfristig, aber nachdem Dr. Westhoff gehört hatte, worum es ging, stimmte er zu. Am selben Tag rief sie in der Pension an und fragte


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