Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох


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      »Aus seinem eigenen Munde.«

      »Seltsam.« Die Zarin versank in Nachdenken. »Ich finde es pikant,« murmelte sie, mehr im Selbstgespräche vor sich hin, als zu ihrem Günstling gewendet, »zu wissen, daß, wo alles schmeichelt und huldigt und um meine Gunst wirbt, es einen giebt, einen einzigen Menschen, der mir mißfallen will.«

      »Das habe ich nicht gesagt,« nahm Korsakow das Wort, »ich vermute, daß Du Lanskoi so gleichgültig bist, daß er sich ebensowenig die Mühe geben würde, Dein Mißfallen zu erregen, als Deine Gunst zu erringen.«

      »Wie ungalant, mir das zu sagen,« rief Katharina strenge und verweisend, »Du kannst doch den gemeinen Menschen nie verbergen, ich begreife oft nicht, daß ich einen so rohen und geistlosen Gecken, wie Du bist, um mich dulde.«

      »Ich spreche aber, wie ich denke.«

      »Das ist es eben, und Du denkst gemein.«

      »Und Du bist eitel wie ein junges Mädchen,« lachte Korsakow laut auf, wobei er zwei Reihen sehr großer weißer Zähne zeigte.

      »Sprechen wir von Lanskoi,« sagte die Kaiserin, welche sich die Miene gab, seine neue Roheit zu überhören, »wie urteilt er also über mich?«

      »Er findet, daß Du dick wirst, und er liebt die dicken Frauen nicht,« erwiderte der ehemalige Sergeant.

      »Das beweist nur, daß er klug ist,« rief Katharina mit einem spöttischen Zucken der Mundwinkel, »die Branischa war ihm ohne Zweifel eine süße Last, ich an ihrer Stelle hätte ihn erdrückt.«

      Korsakow brüllte wie ein Stier vor Vergnügen über den Scherz der Kaiserin und stampfte mit den Füßen gleich einem Muschik beim Tanze.

      Katharina würdigte ihn weiter keines Wortes, wies seinen Arm zurück, als er ihr vor dem Winterpalaste beim Aussteigen helfen wollte, und ließ ihn an dem Tage nicht mehr vor. Bei der nächsten Cour gab sie der Gräfin Branischa einen Wink und zog sich mit ihr, vertraulich und ungezwungen, wie sie es liebte und an ihrem Hofe zum Gesetze erhoben hatte, in die Ecke eines Sofas zurück.

      »Nun, haben Sie sich von dem Schreck erholt?« begann Katharina.

      »Ich bin gar nicht erschrocken, Majestät,« erwiderte die Gräfin Branisch, »und ich glaube, daß in diesem Falle –«

      »Keine unserer Damen erschrocken wäre,« fiel die Zarin lustig ein, »es war in der That ein angenehmer Fall. Wie hieß doch gleich der junge Offizier, den Sie in dieser Weise beehrten.«

      »Es war der junge Lanskoi.«

      »Sie lieben ihn?«

      »Gewiß, Majestät,« sagte die Branischa treuherzig, »aber er liebt mich nicht.«

      »O! er scheint also die Frauen überhaupt zu hassen,« sagte die Zarin, die immer mehr ins Feuer geriet.

      »Vergeben, Majestät, nur mich.«

      »Trösten Sie sich, liebe Branischa,« ergriff Katharina lebhaft das Wort, »er urteilt auch über mich in einer Weise, die mich beleidigen könnte, wenn sie mich nicht ergötzen würde. Dieser junge Offizier hat meine Aufmerksamkeit erregt. Ich will ihn sprechen, über mich urteilen hören, ohne daß er ahnt, daß ich es bin, die ihm naht. Sie werden mir dabei behilflich sein, meine Kleine.«

      »O! welche Auszeichnung« – die Gräfin fieberte vor Zorn.

      »Ich habe bereits meinen Plan,« fuhr Katharina fort, »werde Ihnen denselben aber erst eine Stunde vor der Ausführung mitteilen, bis dahin leben Sie wohl und trösten Sie sich damit, daß ich Ihr Schicksal teile, er mag uns beide nicht, der schöne Lanskoi.«

      Kurze Zeit nach der Unterredung der beiden Frauen fand bei dem Grafen Panin ein Maskenball statt. Lanskoi, der sich bisher den Hofkreisen ganz ferne gehalten hatte, erhielt gleichfalls eine Einladung zu demselben und sprach der Gräfin Branischa gegenüber seine Verwunderung darüber aus.

      »Ich muß wohl erscheinen?« meinte er und sah dabei recht unglücklich aus.

      »Gewiß müssen Sie da sein,« gab die schöne Branischa boshaft zur Antwort, »Sie haben da die beste Gelegenheit, sich Ihrem Ideal zu nähern.«

      »Wie?«

      O! Die Naivetät kleidet Sie allerliebst,« spottete die Gräfin. »Sollten Sie wirklich nicht wissen, daß bei solchen Gelegenheiten die Kaiserin in Maske erscheint und unerkannt die ersten Fäden ihrer Liebesintriguen knüpft?«

      »Katharina wird da sein? Wissen Sie das gewiß?«

      »Sie wird sogar in meiner Begleitung erscheinen.«

      »O, Sie machen mich zum Glücklichsten der Sterblichen,« rief Lanskoi, »und wie werde ich Sie erkennen?«

      »Ich werde Sie auf den Fuß treten.«

      Wirklich erschien Lanskoi auf dem Balle des Grafen Panin, und zwar in einem sich knapp anschmiegenden Kostüme von blauem Atlas, das sein jugendschönes Gesicht und seine herrlichen Formen in das glänzendste Licht setzte. Er war noch nicht zweimal durch den Saal gegangen, als sich ihm zwei weibliche Masken näherten, beide in schwarzem Samt gekleidet, die eine groß und üppig, die zweite von schlanker Zierlichkeit. Sie begrüßten ihn, und die letztere berührte seinen Fuß mit der Spitze des ihren.

      »Ist es wahr, was die Chronik von Dir sagt,« begann die majestätische, indem sie nachlässig seinen Arm nahm und ihn in eines der kleinen mit Weinen gefüllten Apartements führte, welche den Saal umgaben, »bist Du wirklich ein Weiberfeind?«

      »Ich weiß nicht, wodurch ich diesen üblen Ruf verdiene,« entgegnete Lanskoi, er bebte unter der Berührung der angebeteten Frau, deren Arm mit süßer Wucht auf dem seinen lastete.

      »Man behauptet, daß Du Dich von einer unserer reizendsten Damen lieben läßt, ohne ihre Leidenschaft zu erwidern.«

      »Ganz richtig.«

      »Daß Dir sogar die Kaiserin gleichgültig ist.«

      »Ebenso richtig, aber dies würde mich nicht hindern, eine andere Frau zu lieben, wenn sie nach meinem Geschmack wäre.«

      »Die Branischa ist also nicht nach Deinem Geschmack?«

      »Nein.«

      »Und Katharina.«

      »Läßt mich gleichgültig,« gab Lanskoi zur Antwort, während alle seine Sinne in Aufruhr waren und er ihr am liebsten gleich vor aller Welt zu Füßen gestürzt wäre, »so gleichgültig, daß ich gar nicht fassen kann, weshalb alle Welt sie anbetet und Frauen sogar in Verzückung über ihre Schönheit geraten.«

      »Du findest sie also nicht schön?«

      »Im Gegenteil, ich finde, daß sie die Liebesgöttin selbst ist«, brach Lanskoi los, »daß es schon namenlose Lust bereiten müßte, der Schemel ihrer Füße zu sein, daß –«

      »Nun, warum fährst Du nicht fort?«

      Lanskoi hatte sich indessen wieder gefaßt, »daß sie die vollkommenste Frau wäre,« schloß er »aber sie besitzt kein Herz, sie kann nicht lieben, und das läßt sie in meinen Augen reizlos erscheinen; wenn ich nur anbeten will, kann ich vor der marmornen Liebesgöttin knien, sie wird ihre eisig kalten Arme niemals öffnen, um mich zu umschlingen, und Katharina –«

      »Versuch es doch, ob sie Marmor bleibt, ich glaube, Du könntest ihr gefallen.«

      »Das fürchte ich eben so sehr,« fiel Lanskoi ein, »sie würde vielleicht die Opferflamme meines jungen Herzens als ein Zimmerfeuerwerk benutzen, um sich damit die Zeit zu vertreiben, aber Liebe für Liebe, Leidenschaft für Leidenschaft zu geben, ist sie so wenig fähig, wie der Eiskranz auf der Newa Blüten treiben kann.«

      »Und wenn Du Dich irren solltest, wenn das Eis dieses Herzens sich in einen Blumengarten verwandeln könnte, sobald es der Sonnenblick der Liebe berührt? Katharina ist noch nie geliebt worden.«

      »Weißt Du das so gewiß, Du Rätselhafte?«


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