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antworten Sie.«

      Die Fürstin zögerte noch immer.

      »Lieben Sie mich noch?« fragte Koltoff immer heftiger.

      »Ich weiß es nicht,« erwiderte die Fürstin, die Achseln zuckend.

      »Nun, vielleicht wissen Sie, ob Sie jenen Herrn lieben?« schrie Koltoff.

      »Ich weiß es eben so wenig,« sagte die Fürstin. »Jedenfalls scheine ich hier überflüssig zu sein,« sprach Koltoff und nahm seinen Hut. In demselben Augenblick sprang die Kokette auf und hielt ihn zurück. »Sie dürfen nicht gehen,« sprach sie ebenso stolz als dringend, »ich verbiete es Ihnen.«

      Koltoff stieß ein grobes bäuerisches Gelächter aus und ging, er war auf das Äußerste gebracht, da – er war eben im Begriffe, die Thür hinter sich zu schließen – geschah, was er am wenigsten erwartet, die Fürstin brach in Weinen aus, sank zu Boden und bekam Krämpfe. Koltoff eilte ihr zur Hülfe, er war von neuem gefangen.

      Der Monat, welchen sich Lapinski zu seiner Verheiratung ausbedungen, war längst verflossen, aber Koltoff schien es nicht zu bemerken, er dachte nicht im Entferntesten mehr daran, sich zu erschießen. Er kam täglich wie zuvor zu der Fürstin, war täglich nahe daran, vor Wut und Eifersucht zu ersticken, nahm jedesmal seinen Hut, um für immer zu gehen, und blieb jedesmal von der schönen Kokette im neuen Netze gefangen.

      Er wäre nie in seinem Leben zu einem Ende gekommen, wenn nicht Lapinski, sein treuer Kamerad, neuerdings interveniert hätte.

      »Es ist klar, daß die Fürstin Dich liebt,« sagte dieser eines Tages zu Koltoff, der ihm seine Leiden klagte, »denn liebte Sie dich nicht, so hätte sie längst den Polen genommen und Dich gehen lassen, denn Du bist wahrhaftig weder so liebenswürdig, noch so geistreich, wie Du Dir einbildest, trotz Deinem Werke ›Der Mensch und die Natur‹; es kann also nicht bloß der Reiz Deiner Unterhaltung sein, der Dich ihr so wert macht, daß sie sofort Krämpfe bekommt, wenn Du an das Desertieren denkst. Sie liebt Dich, also benutze Dein Heidenglück, dringe auf eine Entscheidung von ihrer Seite, und wenn sie, wie ich erwarte, Dich abweist, bleibe einmal wirklich aus, sei ein Mann, trotze nur eine Woche ihren Thränen, ihren Krämpfen, ihren Bitten, ihren Briefen, und sie ist Dein.«

      Koltoff ging noch an demselben Abend an die Ausführung dessen, was ihm sein Freund so klar entwickelt hatte. Er nahm eine gewisse ernste, ja, würdevolle Miene an und blieb anfangs so einsilbig, daß die Fürstin ihren Anbeter herzlich langweilig fand, und als nicht einmal das wärmste Lob, das sie dem Polen spendete, ihn aus seiner Ruhe brachte, begann die schöne Frau zu gähnen und endlich mit ihrem Affen zu spielen.

      »Dies muß ein Ende nehmen,« begann der Kapitän ziemlich rauh.

      »Was muß ein Ende nehmen?« erwiderte die Fürstin, welche mit Vergnügen Leben in die Situation kommen sah.

      »Das Spiel, das Sie treiben,« sagte Koltoff.

      »Wer will mir verbieten, mit meinem Affen zu spielen?« antwortete Lubina boshaft.

      »Also Ihr Affe bin ich.« schrie Koltoff auf.

      »Wer spricht denn von Ihnen?« unterbrach ihn die Fürstin mit einem kühlen Lächeln.

      »Von wem sprechen wir denn?«

      »Von meinem Affen, diesem reizenden Tierchen hier,« entgegnete Lubina, indem sie dasselbe zärtlich an ihre Brust schloß.

      »Ich aber spreche von mir,« begann Koltoff von neuem, »von Ihnen, von uns.«

      »Ach! thun Sie das,« lispelte Lubina, »ich höre Sie so gern sprechen.«

      »Sie haben mir erlaubt, um Ihre Gunst, um Ihre Hand zu werben,« fuhr der Kapitän fort; »ich bin heute gekommen, um mir eine Entscheidung über mein Schicksal zu holen, und ich werde nicht gehen, ohne dieselbe von Ihnen empfangen zu haben.«

      »Aber bedenken Sie doch, Kapitän, was die Leute sagen würden, wenn Sie sich bei mir einlogierten,« erwiderte Lubina spöttisch.

      »Sie wollen mir also keine entscheidende Antwort geben?«

      »Nein!,« erwiderte die Fürstin, »aber wenn Sie fortfahren, so zu schreien und zu poltern, werde ich mich erinnern, daß ich Ihr Vorgesetzter bin.«

      »Auch das noch!« stammelte Koltoff, dem der Zorn den Atem benahm. »Wissen Sie, daß Sie eine Kokette sind, eine herzlose Kokette?«

      »Möglich,« erwiderte Lubina und begann zu lachen.

      »Verspotten Sie mich nur,« schrie der Kapitän außer sich, »Sie sind doch mein und kein Mensch soll Sie mir entreißen!« Zugleich stürzte er auf seinen schönen Vorgesetzten los und schloß ihn in seine Arme. Die Fürstin schrie um Hülfe, während Koltoff sie mit Küssen bedeckte, aber es kam ihr niemand zu Hülfe, als der kleine Affe, welcher seine Herrin in Gefahr sah, Koltoff auf den Rücken sprang und ihn so lange biß und kratzte, bis der wahnsinnige Anbeter die Fürstin losließ und auf ihren Befreier, blutend, den Degen in der Hand, Jagd machte.

      Aber jetzt kam Lubina ihrem Liebling zu Hülfe.

      Mit voller Majestät trat sie dem Wütenden entgegen. »Herr Kapitän,« rief sie mit Kommandoton. »Ich befehle Ihnen, sofort Ihren Degen einzustecken,« Und als Koltoff, wenn auch sichtlich betroffen, nicht gleich Folge leistete, fuhr sie, mit dem Fuße stampfend, im Zorne fort:. »Wissen Sie, was Sie begehen? Das ist Insubordination. Ich sende Sie hiermit auf die Wache!«

      Koltoff wollte sich entschuldigen.

      »Kein Wort!« rief der schöne Major. »Geben Sie mir Ihren Degen …«

      Koltoff übergab der Geliebten seinen Degen, verneigte sich und ging.

      Nachdem Koltoff volle vierundzwanzig Stunden auf der Wache gewesen, erhielt er seinen Degen zurück. Die Fürstin begleitete diesen Akt mit keinerlei Kundgebung von ihrer Seite; sie saß in ihrem Boudoir und lachte mehr als je und erwartete ihren Anbeter sofort nach seiner Freilassung als reuigen Sünder vor sich zu sehen.

      Aber er kam nicht.

      Es verging ein Tag. es vergingen zwei, eine Woche, Koltoff kam nicht. Der Major vom Regiment Simbirsk und der Kapitän vom Regimente Tobolsk trotzten miteinander, wie ein paar unartige Kinder. Koltoff schweifte zu Fuß und zu Pferde ruhelos in der wüsten Landschaft von Petersburg umher, er schlief nicht, er aß nicht, er fühlte sich im höchsten Grade unglücklich; aber er hatte sich geschworen, nie und nimmer den ersten Schritt zur Aussöhnung mit der Fürstin zu thun, und er blieb fest. Lubina Mentschikoff quälte ihre Kammerfrauen, ihre Soldaten, ihren Affen, ihre Hunde, vor allem sich selbst; aber sie war zu stolz, einzugestehen, daß sie zu weit gegangen war, daß sie mit Koltoff ein kokettes Spiel getrieben, und vor allem zu stolz, einzugestehen, daß sie ihn liebe; und das fühlte sie jetzt beinahe zu ihrer Beschämung täglich mehr; sie entbehrte ihn, sie sehnte sich nach ihm, sie weinte vor Zorn in ihre Kissen, aber sie brachte es doch nicht über sich, ihm zuerst die Hand zur Versöhnung zu bieten, so gern sie auch die seinige ergriffen hätte.

      Da geschah es, daß eines Tages den Offizieren des Regiments Tobolsk bei der Wachtparade von ihrem Obersten Frau von Mellin ein neuer Kamerad vorgestellt wurde, der Lieutenant Sophia von Narischkin.

      Dieser neugeschaffene Lieutenant war eines der reizendsten Mädchen der damaligen russischen Aristokratie. Auf dem Lande, in der idyllischen Umgebung eines russischen Dörfchens, in den patriarchalischen Sitten russischer Landedelleute aufgewachsen, war Sophia von Narischkin, wie viele Frauen und Mädchen jener Tage, von der Erscheinung Katharina’s geblendet, durch eine abenteuerliche Phantasie dem Kreise ihrer Familie, der engen weiblichen Sphäre entrückt, zur Amazone geworden, aber zu gleicher Zeit das unschuldige, gute, ehrbare Landmädchen geblieben, das mit aristokratischem Anstand und angeborenem Mutterwitz eine edle Einfalt der Gesinnung verband, welche damals an dem Hofe von Petersburg nicht weniger selten war, als an jenem von Versailles.

      Man ist nie mehr geneigt, sich zu verlieben, als wenn man von einer Geliebten beleidigt, getäuscht oder verlassen worden ist

      Koltoff sah in sich ein Spielzeug, das die schöne Lubina zu ihrem Zeitvertreibe


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