Butler Parker 116 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 116 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Taschen waren sorgfältig leergeräumt worden.

      »Wo bleiben Sie denn, Kindchen?« grollte sie, als die streng aussehende Sekretärin vor der Nische erschien und den Geschäftsführer nachdrücklich zur Seite drängte.

      »Sie... Sie haben mich erkannt, Mylady?« fragte Kathy Porter verdutzt.

      »Natürlich, Kindchen«, gab Agatha Simpson zurück. »Was machen wir jetzt mit diesem Subjekt? Ich bin fest davon überzeugt, daß er mich umbringen wollte.«

      *

      »Wenn man Sie mal braucht, sind Sie natürlich nicht da, Mr. Parker«, grollte Lady Simpson und ließ sich auf dem Rücksitz des seltsamen Wagens nieder.

      »Wie Mylady meinen«, gab Josuah Parker höflich und gemessen zurück, ohne sich aus seiner sprichwörtlichen Ruhe und Gelassenheit bringen zu lassen. Er startete den Wagen und besorgte das mit der Kühnheit eines Rallyefahrers. Mit Vollgas und einem gekonnten Slalom fädelte er sich in den herrschenden Verkehr ein. Das wütende oder auch entsetzte Hupen einiger Verkehrsteilnehmer überhörte er ebenso diskret wie das schrille Quietschen von Bremsen. Stocksteif, als habe er einen Ladestock verschluckt, saß er am Steuer.

      Schon rein äußerlich glich er einem Butler, wie er eigentlich nur noch in einschlägigen Filmen oder Fernsehserien zu finden ist. Er trug einen schwarzen Zweireiher, schwarze Hosen, ein Hemd mit einem Eckkragen und einen schwarzen Binder. Auf seinem Kopf thronte eine schwarze Melone.

      »Man wollte mich umbringen«, beschwerte sich Agatha Simpson.

      »Sie sehen mich überrascht, Mylady«, erwiderte Josuah Parker, ohne jedoch Bestürzung zu zeigen. Er nahm noch nicht mal andeutungsweise den Kopf herum.

      »Man wollte mich vergiften«, steigerte die Detektivin anklagend.

      »Das zeugt nicht von Lebensart, Mylady, wenn ich mir diese Bemerkung gestatten darf.«

      »Mehr haben Sie dazu wohl nicht zu sagen?« Wie Donnergrollen klang die Stimme der älteren Dame.

      »Ich bedauere ungemein, daß Mylady mir meine Entrüstung nicht ansehen kann«, antwortete der Butler. »Gilt die befohlene Fahrt zum Hospital möglicherweise dem erwähnten Attentäter?«

      »Beeilen Sie sich gefälligst«, reagierte Lady Agatha barsch. »Sie kriechen ja wieder mal wie eine Schnecke, Mr. Parker. Dieser Lümmel darf uns nicht entwischen.«

      Lady Simpson untertrieb in gewohnter Manier. Parker fuhr wirklich nicht wie eine Schnecke. Genau das Gegenteil war der Fall. Er steuerte sein hochbeiniges Monstrum in fast schon halsbrecherischem Tempo durch den Verkehr. Der Butler beschämte mehr als zwei Dutzend Londoner Taxifahrer, was schon einiges heißen wollte. Er schlug sie nach Längen und ließ ihnen überhaupt keine Chance.

      Parker kam allerdings zustatten, daß sein privater Wagen tatsächlich einem normalen Taxi aufs Haar glich. Es handelte sich bei diesem hochbeinigen Monstrum um ein ausgedientes Modell, das nach seinen privaten Vorstellungen und Wünschen umgestaltet worden war. Dieses Taxi war zu einem Rennwagen und gleichzeitig zu einer Trickkiste auf Rädern geworden.

      Noch vor dem Einsteigen hatte die ältere Dame das Ziel genannt. Parker war also bekannt, welches Hospital er anzusteuern hatte. .Der Weg bis dorthin war recht kompliziert, da die City durchquert werden mußte. Doch Parker meisterte auch diese Aufgabe. Auf der Strecke blieben allerdings einige Fahrer zurück, die am Straßenrand hielten und entgeistert schluchzten. Sie waren Parkers Fahrstil nicht gewachsen.

      »Wann haben Sie eigentlich gemerkt, Mylady, daß dieser seriöse Herr gefährlich ist?« schaltete Kathy Porter sich in die Unterhaltung ein. Sie wollte sich ablenken und nicht weiter auf den Verkehr achten, der angesichts von Parkers Tempo deutlich zu ruhen schien.

      »Das ist schnell erklärt, Kindchen«, erwiderte Lady Simpson. »Als dieses Subjekt mit mir flirtete, wurde ich vorsichtig.«

      »Aber wieso denn, Mylady?«

      »Ich bin schließlich kein taufrisches Mädchen mehr«, sagte die ältere Dame grimmig. »Von Ihnen, Mr. Parker, möchte ich dazu keinen Kommentar hören.«

      »Wie Mylady wünschen«, ließ der Butler sich vernehmen. Er bluffte gerade einen Möbeltransporter, dessen Fahrer sich die Vorfahrt erzwingen wollte. Der Mann am Steuer dieses großen Wagens war ein gewiefter Stadtfahrer, den so leicht nichts aus der Fassung brachte. Er hielt auf Parkers Monstrum zu und rechnete fest mit einer Vollbremsung.

      Parker dachte nicht im Traum daran, sich diesem Manöver anzupassen. Er wich keinen Zentimeter von seiner Bahn ab und schien das Fahrerhaus des Transporters anzuvisieren.

      Um das Maß aber vollzumachen, wandte der Butler sich in diesen äußerst kritischen Sekunden sogar noch bewußt zu Lady Simpson um und lüftete dazu seine schwarze Melone.

      Das alles bekam der Möbeltransportfahrer genau mit. Panik schoß in ihm hoch. Er trat voll aufs Bremspedal und steckte auf. Er riß das Steuer herum und ließ das hochbeinige Monstrum an sich vorbeipreschen. Dann beugte er sich über das Lenkrad und schluchzte trocken auf. So etwas war ihm in seiner ganzen Fahrpraxis noch nicht passiert. Er hörte nicht auf die stockenden, aber immerhin tröstenden Worte seines Beifahrers, und überhörte das wütende Hupen jener Autos hinter ihm, deren Weiterfahrt er blockierte. Er wußte nur, daß er den Beruf wechseln würde.

      Agatha Simpson bemerkte, was sich gerade zugetragen hatte. Im Gegensatz zu Kathy Porter, die leichte Nervosität zeigte, war sie in etwa mit ihrem Butler zufrieden.

      »Schon besser«, sagte sie und nickte grimmig. »Sie sind immerhin eine etwas schnelle Schnecke geworden, Mr. Parker. Sie sehen, man muß sich nur etwas Mühe geben.«

      »Wie Mylady wünschen«, antwortete Josuah Parker gemessen. »Falls es gewünscht wird, läßt sich das Tempo noch ein wenig steigern.«

      »Wir wollen ja nicht gleich übertreiben«, erwiderte Agatha Simpson hastig. Mit einiger Verspätung war ihr bewußt geworden, auf welchen Bluff Butler Parker sich da eingelassen hatte. Sie wollte ihr Schicksal nicht unnötig herausfordern.

      Parker war jedoch in Schwung gekommen.

      Er drückte noch ein wenig mehr auf das Tempo und erreichte das Hospital in wahrer Rekordzeit. Als er ausstieg und die hintere Wagentür für Lady Simpson öffnete, sah sie ihn voller Überraschung an und zeigte eine Leidensmiene.

      »Warum wählen Sie nicht Gift oder irgendeine Schußwaffe, wenn Sie mich schon umbringen wollen?« fragte sie dann mit leiser Stimme.

      »Mylady fühlen sich unwohl?« Parker wunderte sich diskret.

      »Das war schon keine Autofahrt mehr, sondern ein Tiefflug«, beschwerte sich die ältere Dame.

      »Mylady schmeicheln meiner bescheidenen Wenigkeit.«

      »Ich brauche einen Kreislauf...«

      » .. .beschleunigen Mylady?« erkundigte sich Parker, sie unterbrechend.

      »Ich brauche einen Kreislaufdämpfer«, korrigierte die Detektivin ihn. Sie gestattete ihrem Butler, ihr aus dem Wagen zu helfen. Sie stand ein wenig unsicher auf den Beinen und hakte sich dann bei ihrer Gesellschafterin ein.

      »Für die Rückfahrt werde ich das Steuer übernehmen«, erklärte sie dann nachdrücklich. »Ich werde Ihnen zeigen, wie diszipliniert man fahren kann.«

      Daraufhin stieg eine leichte Röte des Schreckens in Parkers Gesicht. Auch Kathy Porter knickte ein wenig in den Knien ein. Sie wie auch Parker wußten aus Erfahrung nur zu genau, was da auf sie zukam. Lady Simpson war nämlich, um es höflich und sehr vorsichtig auszudrücken, eine mehr als beherzte Fahrerin, die souverän die gültigen Verkehrsregeln mißachtete, falls sie sich an sie überhaupt noch erinnerte.

      *

      Norman Lower war schon während der Fahrt zum Hospital wieder zu sich gekommen, hatte aber nichts unternommen.

      Der Berufskiller wußte nur zu genau, daß er im Moment nichts unternehmen konnte. Er wunderte sich, daß er in einem Krankenwagen lag, angeschnallt auf einer Trage. Und er wunderte


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