Der exzellente Butler Parker 8 – Kriminalroman. Günter Dönges
gehen davon aus, daß es den beiden Herren in erster Linie keineswegs um das Geld ging?«
»Richtig, Mister Parker.« Sie nickte nachdrücklich. »Soviel Geld läßt man nicht grundlos herumliegen.«
»Falls Mylady einverstanden sind, könnte man den Tascheninhalt der drei Herren kontrollieren.«
»Ich bestehe sogar darauf«, meinte sie. »Ich weiß bereits jetzt, daß Sie Schußwaffen finden werden, Mister Parker. Ich habe es hier mit drei gefährlichen Gangstern zu tun.«
Butler Parker machte sich daran, die Männer zu durchsuchen.
*
»Und Sie fanden Waffen?« fragte Mike Rander etwa eine Stunde später. Der Anwalt, der das immense Vermögen der Lady Simpson verwaltete, war zusammen mit Kathy Porter im Haus der älteren Dame erschienen. Man saß in der großen Wohnhalle vor dem mächtigen Kamin, und Lady Agatha hatte gerade eine dramatische Schilderung des Zwischenfalls gegeben.
»Mister Parker behauptet, nichts entdeckt zu haben, mein lieber Junge«, antwortete Agatha Simpson.
»Keine Schußwaffen, Sir«, schaltete der Butler sich ein, »erstaunlicherweise aber recht viel Geld.«
»Das natürlich gestohlen ist«, wußte Lady Agatha bereits im vorhinein. Sie legte sich gern und vorschnell fest, um sich dann jedoch immer wieder geschickt zu korrigieren.
»Die Taschen des betrunkenen Subjekts waren mit Papiergeld vollgestopft, Kindchen«, fügte Lady Simpson ihrem Bericht noch hinzu. »Ich hätte es liebend gern sichergestellt.«
»Wozu es aber nicht kam, Mylady?« wollte Kathy Porter wissen. Sie war die Sekretärin und Gesellschafterin der Dame, die alles tat, um sie mit Mike Rander endlich verheiraten zu können.
Kathy Porter, etwa dreißig Jahre alt, war eine große, schlanke Frau von bemerkenswert gutem Aussehen. Man sah ihr nicht an, daß sie in den gängigen Verteidigungskünsten Asiens beschlagen war, zumal sie sehr zurückhaltend wirkte.
»Passanten, die den Zwischenfall beobachteten, müssen die zuständige Polizei alarmiert haben, Miß Porter«, übernahm Butler Parker die Antwort. »Meine bescheidene Wenigkeit hielt es für angebracht, das sprichwörtliche Feld zu räumen.«
»Was natürlich ein Fehler war, Mister Parker«, schnappte Lady Agatha zu.
»Vielleicht nur auf den ersten Blick, Mylady«, redete Parker in seiner höflichen Art weiter. »Chief-Superintendent McWarden hätte mit Sicherheit erfahren, daß Mylady sich anzuschicken geruhen, einen neuen Kriminalfall zu übernehmen.«
»Aber dafür weiß ich nicht, wer die drei Lümmel sind«, gab sie erbost zurück.
»Dazu müßte man jenem Privatclub einen Besuch abstatten, Mylady, den man mit dem Wagen passierte.«
»Die drei Burschen kamen aus diesem Privatclub?« wollte der Anwalt wissen. Er glich, was sein Äußeres anging, einem bekannten James-Bond-Darsteller.
»Einer der drei Männer schaffte es gerade noch, vor dem Eintreffen der Polizei diesen Privatclub aufzusuchen, wie Mylady und meine Wenigkeit feststellen konnten, Sir.«
»Dann wird es keine Schwierigkeiten geben«, vermutete der Anwalt. »Kündigt sich hier tatsächlich ein neuer Fall an? Es ist ja schließlich nichts passiert.«
»Warum wollte man mich angreifen? Warum bedrohte man mich mit einem Messer?« fragte Agatha Simpson zurück. »Man hat etwas zu verbergen. Und dann noch dieses seltsame Benehmen der beiden Lümmel, die den Betrunkenen wegschaffen wollten. Warum verzichteten sie so ohne weiteres auf die Banknoten, die auf dem Gehweg lagen? Das gerade fiel mir besonders auf, wie ich Mister Parker bereits sagte. Ihm scheint das völlig entgangen zu sein.«
»Mylady können einem alten, müden und relativ verbrauchten Mann hoffentlich noch mal verzeihen«, bat Josuah Parker. Sein Gesicht blieb glatt und ausdruckslos.
»Wie auch immer, Mister Parker, ich habe große Lust, den Dingen noch in dieser Nacht auf den Grund zu gehen«, redete die ältere Dame munter weiter. »Es ist ja noch nicht mal Mitternacht. Und das Fernsehprogramm ist ohnehin miserabel heute.«
»Sie haben sich nur kurz auf dem Empfang aufgehalten, Mylady?« erfragte Kathy Porter.
»Das kalte Büffet war schlichtweg miserabel«, beschwerte sich Mylady nachträglich. »Es war eine einzige Zumutung. Darüber werde ich mit dem Gastgeber noch ein ernstes Wort reden müssen.«
»Mylady hatten den Eindruck, daß die einzelnen Speisen aus einem billigen Schnellimbiß stammten«, fügte Parker gemessen hinzu.
»Und so etwas wagte man mir anzubieten«, entrüstete sich Lady Agatha und rümpfte die Nase. »Ich werde diesen seltsamen Gastgeber natürlich überall unmöglich machen. In höflicher Form, natürlich.«
»Können wir unsere Hilfe anbieten, was den Betrunkenen und die beiden anderen Burschen betrifft?« erkundigte sich Mike Rander.
»Aber nein, mein Junge«, wehrte Agatha Simpson großzügig ab. »In spätestens einer Stunde weiß ich selbstverständlich, was da draußen wirklich vorgefallen ist und woher das viele Geld stammt. Übrigens, Mister Parker, ich wenigstens habe daran gedacht, ein paar Beweisstücke mitzunehmen.«
»Einige Banknoten, Mylady«, antwortete der Butler. »Meine Wenigkeit war so frei, dies zufällig zu beobachten.«
»Vielleicht sind die Banknoten registriert und stammen aus einem Einbruch«, redete Lady Agatha weiter. »Normalerweise würde ich mich noch nicht mal nach einem Penny bücken.«
Nach dieser kühnen Behauptung wechselten Kathy Porter und Mike Rander einen schnellen Blick und hatten Mühe, ein aufsteigendes Schmunzeln zu unterdrücken.
*
Der Club in Chelsea, in den einer der drei Männer sich geflüchtet hatte, zeigte halbseidene Eleganz. Die anwesenden Damen waren durchweg zu auffällig geschminkt. Und ihr Schmuck zeichnete sich durch aufdringliche Größe und Massigkeit aus.
Die männlichen Gäste waren durchaus modisch gekleidet, aber eben zu modisch. Man bemühte sich um Seriosität, gab sich aber doch zu grell. Allein das spitze oder donnernde Gelächter hätte besser in einen Pub gepaßt.
Mylady rümpfte die Nase, als sie eintrat.
»Hier dürften einige Parfüm-Fläschchen ausgelaufen sein«, tadelte sie abfällig. »Guter Gott, Mister Parker, wohin haben Sie mich gebracht?«
»Mylady wünschen hier einen der drei Männer zu finden«, erinnerte Josuah Parker würdevoll. Er hatte einen freien Tisch erspäht und steuerte ihn an. Dabei übersah er souverän die mehr oder weniger erstaunten Blicke der Anwesenden und überhörte einige anzügliche Kommentare, die sein Aussehen betrafen.
Agatha Simpson hingegen bekam durchaus mit, was ihr an Kommentaren zugedacht wurde. Sie galten ihrem sehr bequemen, zu weiten Tweed-Kostüm, den derben, nicht gerade neuen Schuhen und vor allen Dingen ihrem Hut, der in der Tat eine eigenwillige Kreuzung aus einem Napfkuchen und einem Südwester zu sein schien.
Einer der männlichen Gäste tat sich bei diesen Kommentaren besonders hervor. Es handelte sich um einen breitschultrigen Mann von etwa vierzig Jahren, der mit Kollegen in einer Nische saß und besonders witzig sein wollte.
Er verglich Mylady leichtsinnigerweise und wesentlich zu laut mit einer abgetakelten Vogelscheuche. Diese Äußerung bereicherte er noch zusätzlich mit einem Hinweis auf Myladys Körperfülle.
Er fiel fast vom Sitz, nachdem Agatha Simpson ihn mit einer ihrer gefürchteten Ohrfeigen bedacht hatte. Der Mann rutschte haltlos gegen seinen Nebenmann, der zur Seite kippte und mit dem Kopf eine Zierpflanze in Bewegung setzte. Sie fiel über die hüfthohe Trennwand der Nische und landete auf dem Schoß einer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit leichten Dame.
Es handelte sich um eine Pflanze, die von einer Hydro-Kultur genährt wurde. Die entsprechende Flüssigkeit ergoß sich über das teure Kleid der Betroffenen, die einen grellen Schrei ausstieß.