Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien. Alexander von Ungern-Sternberg

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nicht wie ein Weib aus, damit ist nichts gesagt.«

      »Es gibt Männer, die wie Weiber aussehen, und gegen ein solches ist die Frau Pfalzgräfin eine Schönheit!« rief Lorraine. Hiermit hatte er das Maß dessen, was er glaubte sagen zu dürfen, erschöpft und zog sich also wohlweislich aus dem Spiele, indem er sich zur Türe wandte und bei einer drohenden Bewegung des Herzogs daraus entschlüpfte.

      Der Herzog drohte mit der Faust, indem er vor sich hinmurmelte: »Gut, daß du gehst! – Welcher Hohn, mich ein Weib zu nennen! Und wäre ich's, ich würde ein sehr schönes, ein sehr gefährliches, ein höchst kokettes Weib sein. Doch wieder auf die Dame aus Deutschland zu kommen. Du sagst also, Arthus, daß sie Zeiten hat, wo sie besser aussieht? Wir wollen es hoffen und den üblen Eindruck, den sie auf mich gemacht hat, auf das Eschauffement der Reise schieben. Aber welche Taille? Die Hüften sind ihr bis auf die Fersen hinabgesunken! Das ist etwas, was ich nicht liebe! Meine erste Frau war ganz anders! Wie eine Sylphide gewachsen; aber freilich, sie hatte dafür wieder Untugenden, die alle hübschen Weiber haben, und die diese wahrscheinlich nicht haben wird. Meiner Treu, sieht sie wohl ihrem Bilde ähnlich?«

      »Ihr werdet bedenken, gnädiger Herr, daß Maler grundsätzlich zu schmeicheln pflegen,« bemerkte der Marquis achselzuckend.

      »Und seit du sie gesehen, ist es weit über fünfzehn Jahre; freilich das entschuldigt,« sagte der Prinz. »Gott, diese Augen! Indessen sind sie doch voll Schalkheit und Frohsinn! Die Lippen sind nicht schön, aber die Zähne sind es! Der Hals, der Busen, die Arme sind untadelhaft. Das Schlimmste an ihr, woran ich mich nicht gewöhnen kann, ist ihr Zärtlichtun! Ich fahre aus der Haut, wenn ein Weib mir so nahe rückt!«

      »Das läßt sich abgewöhnen!« rief Lancret. »Was diesen Punkt betrifft, da sind Eure Hoheit Meister. Niemand versteht es so vortrefflich, den vornehmen Herrn zu spielen, mit solcher Würde und mit solchem Ausdrucke alles, was Ihnen mißfällt, in die Entfernung zu schieben. Gott! Wenn ich an die Marquise von St. Marçan denke, die sich einbildete, Eure Hoheit seien verliebt, während sie es doch in Dero Hoheit war. Mit einer einzigen Handbewegung war sie für immer abgewiesen, und das noch in Gegenwart des ganzen Hofes! Es war ein Anblick zum Entzücken.«

      Der Herzog hörte dieses Lob gleichgültig an. Er setzte sich eben hin, um mit dem Pinsel in der Hand das Rot aus die Wangen zu tragen. Er verabschiedete dabei den Marquis, der sich ebenso unterwürfig empfahl, wie er gekommen.

      »Wo ist Lorraine?« fragte der Herr.

      »Darf ich meine Dienste anbieten!« fragte Lancret.

      Ohne ein Wort zu sagen, strich der Prinz mit dem Pinsel dem Fragenden übers Gesicht und rief: »Fort von hier, Affe! Schicke mir meinen Kammerdiener her. Ihr seid doch zu nichts nutze, wo es etwas Wichtiges gilt.« –

      Der junge Mann schlich sich fort, und L'Auxerrois, ein Mann nahe an sechzig, mit einem kalten, gemessenen Wesen, näherte sich dem Herzog, der ihm sogleich den Farbentopf und den Pinsel überreichte. »Hier, Antoine, mache deine Sache gut. Ich brauche heute viel Rot, weil man erwartet, daß ich freudig und überrascht aussehen soll. O, mein Bruder, in welche verwünschte Tinte hat er mich geführt! Mich, den gutmütigsten, gefälligsten Mann von der Welt! Es ist zum Erbarmen.«

      Lorraine war erschienen und machte sich im Hintergrunde des Zimmers etwas zu tun. Der Herzog sah ihn.

      »Ist's dem gnädigen Herrn gefällig gewesen, wieder zu erscheinen?« rief er. »Nur näher, mein Herr, nur näher, wenn ich gehorsam bitten darf.«

      Lorraine kam und lehnte sich gegen die Brüstung des Fensters, die Arme lässig übereinander geschlagen. Der Herzog blinzelte ihm zu, schnalzte mit den Lippen, erhielt aber dagegen nichts weiter als ein mattes Lächeln der Augen.

      »Bist du krank, mein Väterchen?« fragte der Herzog spottend. »Was fehlt dir? Hast du Sorgen über deine Kinder, deinen Haushalt, deine Familie? Sprich, erleichtere dir dein Herz?«

      Lorraine antwortete nicht, sondern beschäftigte sich, die Rosetten seiner Schuhschnallen zu betrachten.

      »Weißt du was?« fuhr der Prinz fort, »ich will dir ein schönes Ämtchen übergeben. Alle Welt sagt dir, daß du ein hübscher Junge bist; vielleicht findet dasselbe auch die Pfalzgräfin. Ich gebe sie dir! Mache ihr die Kur, suche ihre Liebe zu gewinnen und mache, daß du ihr den Kopf verdrehst! Verstehst du?«

      »Was denn?« fragte der Jüngling zögernd.

      »Was denn?« fuhr der Herzog fort, »das übrige wird sich schon finden. Ich sage dir, ich werde dich nicht stören! Mache es so mit ihr, wie Lasseaut mit meiner ersten Frau.«

      »Aber, gnädiger Herr!« rief der Favorit erschreckt. »Sie scherzen in sehr seltsamen Ausdrücken, und bei Ohren, die dergleichen Späße mißdeuten könnten. Wahrlich, die Frau Herzogin enthält alles, was ich an weiblicher Schönheit nur jemals mir habe träumen lassen. Das ist die Wahrheit, gnädiger Herr!«

      Der Herzog warf einen Blick auf Antoine und sagte dann ruhig: »Diesen hier kenne ich, und er kennt mich; es bleibt alles unter uns. Auf ein Wort, Lorraine, beginne den Spaß: ich sage nichts weiter. Aufhören läßt sich's schon, wenn wir wollen.«

      »Sehr wohl, gnädiger Herr!« erwiderte Lorraine und verbeugte sich, indem er einen Zettel auf den Toilettentisch des Prinzen legte und sich dann entfernte.

      Der Prinz, geschmückt und frisiert, warf einen Blick auf das Blatt: es enthielt eine Summe. Der Prinz nahm einen Stift, strich eine der Nullen aus und legte es wieder hin. Aus Tausenden wurden damit Hunderte gemacht.

      Damit war die Toilette beendet, und der Prinz fuhr an den Hof.

      Wir wollen uns jetzt zu der Prinzessin wenden und hören, wie sie sich gegen ihre zwei Vertrauten, gegen Georg und gegen die Rätin Rathmannshausen an dem Abend, nachdem sie den Hof verlassen, aussprach. Sie fanden sie wider Erwarten ziemlich munter: war es nun der Mut der Verzweiflung? Das konnten die beiden nicht beurteilen.

      »Ich habe sie nun alle gesehen, diese Götter der Erde!« hub sie an, »und – ach, ich wünschte, ich wäre in meiner Dunkelheit geblieben!«

      »Wie? Gnädigste Frau!« rief die Rathmannshausen ärgerlich. »Der glänzende Hof hat keinen Eindruck auf Sie gemacht? Wie wäre das möglich!«

      »Und gerade du fragst das?« rief Charlotte, »du, die du weißt, was mir Freude macht und woran ich Wohlgefallen finde? Siehe, das finde ich häßlich von dir. Hast du mich nicht in Heidelberg vor Freude glühen sehen, wenn ich auf meinem braunen Pferde auszog in der Morgenfrische, die Hunde und die Diener um mich her, und nun die Jagd begann? Wie? Oder hast du vergessen, wie lieb es mir war, des Vaters Frühstück zu teilen, das er auf der Zinne einnahm, wo der Blick über all die schönen Berge meines ehrwürdigen deutschen Vaterlandes dahinschweifte? Wie ich mir dachte: da lebst du und da wirst du sterben?«

      »Mein Gott, liebe Liselotte! Das ging doch nun einmal nicht.«

      »So sprich mir nicht, daß du mich kennst, du kennst mich nicht!« rief die Prinzessin. »Viel besser versteht mich Georg. Nicht wahr, Vetterchen, du fühlst es, daß ich hier unglücklich bin, daß ich hier unglücklich sein muß?«

      »Wir wollen das Beste hoffen!« erwiderte der junge Graf; »erst seit wenigen Tagen sind wir hier.«

      »Und in diesen wenigen Tagen«, rief die Prinzessin, »fühle ich, daß ich es mit allen verdorben habe. Sie spotten über mich, heimlich, aber ich weiß es, ich fühle es. Keinen gibt es, der mir auch nur ein Glas Wasser reichte, wenn ich verdursten wollte! Dieses Gefühl habe ich. Und all mein Freundlichsein ist ihnen nichts, sie sehen darin nur ein Mittel mehr, mich zu verspotten; und du lieber Himmel, ich kann doch nichts weiter als mich eben um ihr Wohlwollen bemühen, auf die Weise, wie ich's verstehe. Aber so soll es sein; ich soll brav und unglücklich werden, damit andere davon den Nutzen ziehen. Ich will mich auch nicht beklagen, ich will nur sehen, wie weit sie's treiben, und wenn sie bemerken, daß meine ehrliche Natur ihnen Widerstand leistet und ich gegen all ihre Nadelstiche gewappnet bin, dann werden sie zu dem Giftbecher greifen, wie sie es mit meiner Vorgängerin gemacht haben, um mich schnell beiseitezuschaffen. Auch gut, so schlafe ich, zwar in fremder Erde, aber ich


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