Der exzellente Butler Parker 12 – Kriminalroman. Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 12 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Klopfen zu hören.

      Die rätselhaften Laute schienen aus dem Kofferraum des Wagens zu kommen.

      Gelassen zog Parker sein kleines Universalbesteck aus der Tasche und ließ den passenden Fühler in das Kofferraumschloß gleiten. Der simple Schließmechanismus gab den Überredungskünsten des Butlers umgehend nach, doch die Haube war verklemmt und ließ sich nicht ohne weiteres öffnen. Erst als Parker einen kräftigen Schraubenzieher ansetzte, gab der Deckel plötzlich nach und sprang auf.

      »Was sehe ich denn da, Mister Parker?« Lady Agatha hatte sich im Fond des hochbeinigen Monstrums gelangweilt und war näher getreten. Neugierig schob sie sich in den Vordergrund und beugte sich selbst über den Kofferraum.

      »Falls man sich nicht täuscht, Mylady, dürfte es sich um eine junge Dame handeln, die soeben aus tiefer Bewußtlosigkeit erwacht«, gab Parker die gwünschte Auskunft.

      »Das sehe ich auch, Mister Parker«, entgegnete die Detektivin unwirsch. »Und wie ist das arme Kind in den Kofferraum dieses Wagens geraten?«

      »Dieser Frage sollte man in der Tat mit aller Gründlichkeit nachgehen, Mylady«, ließ der Butler sich vernehmen. »Die Antwort dürfte zugleich Aufschluß darüber geben, warum Fahrer und Beifahrer so überstürzt das Weite suchten.«

      »Auf diesen Zusammenhang wollte ich Sie auch gerade aufmerksam machen, Mister Parker«, behauptete die ältere Dame postwendend. »Also hatte ich recht mit meiner Vermutung, daß es sich bei den Burschen um hochkarätige Kriminelle handelt.«

      »Diese Möglichkeit sollte man zweifellos ins Auge fassen, falls der Hinweis erlaubt ist«, pflichtete Parker seiner Herrin bei. Vorsichtig hob er die junge Dame, die nur schwache Lebenszeichen von sich gab, aus dem Kofferraum und trug sie zum hochbeinigen Monstrum hinüber.

      »Natürlich werde ich umgehend die Spur der Gangster aufnehmen, die dieses bedauernswerte Geschöpf entführen wollten«, verkündete Agatha Simpson, während der Butler seine blonde Last behutsam auf die Polster im Fond des Wagens bettete.

      Das Mädchen aus dem Kofferraum stöhnte immer noch leise, ohne die Augen zu öffnen.

      »Bezaubernd sieht die Kleine aus«, stellte Agatha Simpson anerkennend fest und musterte das hübsche Gesicht, das von blonden Locken umrahmt wurde.

      »Eine Feststellung, die man nur mit allem Nachdruck unterstreichen kann, Mylady«, meinte auch Parker. Er schätzte das Mädchen auf höchstens siebzehn Jahre.

      Modische Kleidung und eleganter Schmuck ließen darauf schließen, daß die Entführte einem nicht gerade armen Elternhaus entstammte. Eine Handtasche oder Personalpapiere hatte die junge Dame aber nicht bei sich.

      »Jedenfalls habe ich den Schurken schon mal ihr Opfer entrissen«, frohlockte die Detektivin. »Dabei will ich es aber nicht bewenden lassen, Mister Parker. Ich werde die dreisten Lümmel überwältigen und der gerechten Strafe zuführen.«

      »Darf man sich in aller Bescheidenheit erkundigen, ob Mylady bereits konkrete Ermittlungsschritte geplant haben?«

      »Selbstverständlich, Mister Parker«, gab die ältere Dame leicht eingeschnappt zurück. »Mein taktisches Konzept steht schon in Umrissen.

      Über die Details dürfen Sie sich Gedanken machen.«

      »Möglicherweise sollte man die junge Dame nach Shepherd’s Market bringen, um sie eingehend befragen zu können, sobald ihr Zustand das erlaubt«, schlug der Butler vor.

      »Darum wollte ich ohnehin bitten, Mister Parker«, stimmte Lady Simpson zu. »Mein Kreislauf hält auch nicht mehr lange durch.«

      Wenn Mylady ihren sensiblen Kreislauf ins Gespräch brachte, war Eile geboten. Dann half nur ein hochprozentiges Stärkungsmittel, das in dem uralten Gewölbe unter Lady Simpsons repräsentativem Wohnsitz lagerte.

      Josuah Parker half deshalb unverzüglich seiner Herrin auf den Beifahrersitz, warf noch einen Blick auf das bewußtlose Mädchen im Fond und ließ sein hochbeiniges Monstrum anrollen.

      *

      »Wo bin ich?« lauteten die ersten Worte der unbekannten Schönen, als sie in Myladys weitläufiger Wohnhalle die Augen öffnete und verwirrt um sich sah.

      »In guten Händen, Kindchen«, versuchte Agatha Simpson das Mädchen zu trösten und fuhr ihr mit der Hand über die Locken. »Skrupellose Gangster wollten Sie entführen, aber ich habe den Lümmeln einen Strich durch die Rechnung gemacht.«

      »Entführen? wiederholte das Mädchen entgeistert. »Ich kann mich an nichts erinnern ...«

      »Möglicherweise darf man darauf hoffen, daß Sie wenigstens über Ihren Namen und Ihre Anschrift Auskunft geben können, Miß ...?«

      »Blooming«, stellte sich die Fremde vor. »Linda Blooming. Meine Eltern wohnen an der Devonshire Street in Marylebone.«

      »Mister Parker wird gleich dort anrufen, Kindchen«, bot die Hausherrin an. »Vermutlich machen Ihre Eltern sich schon Sorgen.«

      »Das fürchte ich auch«, nickte Linda nach einem Blick auf die pompöse Standuhr, deren Zeiger bereits auf 1 Uhr rückten. »Aber wie bin ich denn überhaupt hierhergekommen?«

      Mit großen Augen hörte das Mädchen zu, als Parker von der Verfolgung der schwarzen Limousine, von dem Unfall und von ihrer Befreiung aus dem Kofferraum des demolierten Wagens berichtete.

      »Ich habe das Gefühl, als ob mein Kopf voller Nebel wäre«, gestand sie anschließend. »Ich kann mich beim besten Willen nicht entsinnen, wo ich vorher war und wie ich in das Auto gekommen bin. Haben Sie denn schon die Polizei alarmiert?«

      »Die Polizei?« fragte Lady Agatha pikiert. »Aber warum denn, Kindchen?«

      »Die Polizei ist doch dazu da, um Verbrecher zu fangen, oder nicht?« gab Linda verblüfft zurück.

      »Das mag im allgemeinen stimmen«, antwortete Agatha Simpson in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet. »Doch Sie können von Glück sagen, Kindchen, daß eine Detektivin sich Ihres Falles annimmt.«

      »Sie sind Detektivin?« Linda staunte und musterte die ältere Dame mit ungläubigen Blicken.

      »Sie sind noch sehr jung, Kindchen«, fuhr Agatha Simpson fort.

      »Ich werde nächsten Monat siebzehn«, protestierte Linda Blooming.

      »Eben«, fuhr die Detektivin fort. »In diesem zarten Alter ist es verzeihlich, wenn von meinen Erfolgen noch nichts an Ihre Ohren gedrungen ist.«

      »Nichts liegt meiner bescheidenen Wenigkeit ferner, als Myladys Äußerungen zu widersprechen, Miß Blooming«, versicherte Parker mit einer angedeuteten Verbeugung, als er den fragenden Blick des jungen Mädchens bemerkte.

      »Wenn ich nur wüßte, was die Kerle mit mir vorhatten«, rätselte die Blondine.

      »Die Antwort auf die zweifellos berechtigte Frage dürfte sich mit einiger Sicherheit aus Myladys Ermittlungen ergeben, falls die Anmerkung gestattet ist«, ließ der Butler sich vernehmen.

      »Sparen Sie sich Ihre Kommentare, Mister Parker«, entgegnete Lady Simpson. »Für mich ist die Frage beantwortet.«

      Die korpulente Dame ließ sich neben Linda auf das Sofa sinken und legte ihr vertraulich den Arm um die Schultern.

      »Ihnen fehlt noch die Erfahrung mit Männern, Kindchen«, begann Mylady. »Irgendwann werden auch Sie feststellen, daß alle nur das eine wollen. Ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine?«

      »Natürlich, Mylady«, erwiderte Linda. In ihrem Lächeln lag nicht mal eine Spur von Verlegenheit. »Ich bin doch nicht von gestern.«

      »Ich hoffe, Sie lassen sich das eine Warnung sein, Kindchen«, fuhr die Hausherrin fort. »Gerade Ihre jugendliche Unerfahrenheit in Verbindung mit Ihrer ... äh ... ausgesprochen fraulichen Figur reizt eine bestimmte Sorte von Männern besonders.«

      »Ich weiß, Mylady«, nickte Linda und errötete nur ganz leicht. Ihr mädchenhaft geschnittenes


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