Sämtliche Werke von William Shakespeare. Уильям Шекспир

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       Inhaltsverzeichnis

      Straße

      Frau Page tritt auf mit einem Brief

      Frau Page.

       Was! War ich in den Feiertagen meiner Schönheit Liebesbriefen entgangen und bin jetzt ein Inhalt für sie? Laßt doch sehn: – (sie liest) «Fordert keine Vernunftgründe von mir, warum ich Euch liebe: denn wenn gleich Liebe die Vernunft als verdammenden Inquisitor zuläßt, kann sie sie doch nicht als Ratgeber brauchen. Ihr seid nicht jung; ich ebensowenig; wohlan denn, hier ist Sympathie. Ihr seid munter, das bin ich auch: haha! darin liegt noch mehr Sympathie. Ihr liebt den Sekt, ich auch: gibt's wohl noch beßre Sympathie? Laß Dir's genügen, Frau Page (wenn anders die Liebe eines Soldaten Dir genügen kann), daß ich Dich liebe. Ich will nicht sagen, bedaure mich; das ist keine soldatenhafte Phrase; aber ich sage, liebe mich:

      Bei Tag und Nacht

       Aus aller Macht,

       Auf Kampf und Schlacht

       Für Dich bedacht.

      John Falstaff.»

      Welch ein Herodes von Judäa das ist! O gottlose, gottlose Welt! – Ist er doch schon vom Alter fast ganz aufgetragen und gebärdet sich wie ein junger Liebhaber! Welch unbedachtes Betragen hat denn mit des Teufels Beistand dieser flämische Trunkenbold aus meinem Gespräch aufgeschnappt, daß er sich auf diese Weise an mich wagen darf? Wahrhaftig, er ist kaum dreimal in meiner Gesellschaft gewesen! – Was sollt ich ihm sagen? Ich war doch damals sparsam mit meiner Lustigkeit; der Himmel verzeihe mir's! – Wahrhaftig, ich will auf eine Akte im Parlament antragen, den Männern das Handwerk zu legen. Wie soll ich mich an ihm rächen? Denn rächen will ich mich, so gewiß seine Eingeweide aus lauter Pudding zusammengesetzt sind.

      Frau Fluth kommt.

      Frau Fluth.

       Frau Page! Wahrhaftig, ich wollte eben zu Euch.

      Frau Page.

       Und wahrhaftig, ich zu Euch. Ihr seht recht übel aus!

      Frau Fluth.

       Ei, das glaub ich nimmermehr; ich kann das Gegenteil beweisen.

      Frau Page.

       Mir kommt's aber doch so vor.

      Frau Fluth.

       Nun gut, so mag's denn sein; aber wie ich sage, ich könnte Euch das Gegenteil beweisen. Oh, Frau Page, gebt mir einen guten Rat!

      Frau Page.

       Wovon ist die Rede, Schatz?

      Frau Fluth.

       Oh, Schatz, wenn sich's nicht an einer Kleinigkeit stieße, so könnte ich zu großer Ehre kommen! –

      Frau Page.

       Schade was für die Kleinigkeit, Schatz; schlag die Ehre nicht aus; was ist's denn? Kümmre dich nicht um die Kleinigkeit; nun, was ist's?

      Frau Fluth.

       Wenn ich nur für eine kurze Ewigkeit zur Hölle fahren wollte, so könnte ich zur Ritterwürde kommen.

      Frau Page.

       Was, du lügst, Sir Alice Fluth! Nun, um solche Ritterschaft steht's oft nur flitterhaft; und ich dächte, im Punkte deiner Hausehre ließest du's beim alten.

      Frau Fluth.

       Ich sehe, wir verstehn uns nicht, liebes Kind; da hier, lies, lies: sieh nur, wie! – – Ich werde um so schlechter von den fetten Mannsleuten denken, solange ich noch ein Auge habe, der Mannsbilder Gestalt zu unterscheiden. Und doch fluchte er nicht; lobte die Sittsamkeit der Frauen und sprach so anständige und wohlgesetzte Verachtung alles Unschicklichen aus, daß ich drauf geschworen hätte, seine Gesinnung stimmte zum Ausdruck seiner Worte.- aber die haben nicht mehr Zusammenhang und passen nicht besser zueinander, als der hundertste Psalm und die Melodie vom grünen Ärmel. Welcher Sturmwind mußte uns diesen Walfisch mit so viel Tonnen Öl im Bauch an die Küste von Windsor werfen? Wie soll ich mich an ihm rächen? Ich denke, das beste wäre, ihn mit Hoffnung hinzuhalten, bis das gottlose Feuer der bösen Lust ihn in seinem eignen Fett zerschmolzen hätte. Hast du je so etwas gehört?

      Frau Page.

       Ein Brief wie der andre, nur daß die Namen Fluth und Page verschieden sind. Zu deinem größten Trost in diesem Labyrinth von Leichtfertigkeiten ist hier der Zwillingsbruder deines Briefs; aber laß nur deinen zuerst erben, denn auf meine Ehre, der meinige soll es nie. Ich wette, er hat ein ganzes Tausend solcher Briefe mit leeren Plätzen für die verschiednen Namen; und gewiß noch mehr, und diese sind von der zweiten Auflage. Er wird sie ohne Zweifel noch drucken lassen, denn es ist ihm einerlei, was er unter die Presse bringt, da er uns beide darunter bringen wollte. Lieber möchte ich eine Riesin sein und unter dem Berg Pelion liegen! Wahrhaftig, ich will ehr zwanzig treulose Turteltauben finden, als einen züchtigen Mann.

      Frau Fluth.

       Seht doch, ganz derselbige; dieselbe Handschrift, dieselben Worte; was denkt er nur von uns? –

      Frau Page.

       Wahrhaftig, ich weiß nicht; es bringt mich fast so weit, mit meiner eignen Ehrbarkeit zu zanken. – Ich muß mich ansehn wie eine Person, die ich noch gar nicht kenne; denn wahrhaftig, hätte er nicht eine Seite an mir entdeckt, von der ich selber gar nichts weiß, er hätte es nicht gewagt, mit solcher Wut zu entern.

      Frau Fluth.

       Entern sagst du? Nun, ich weiß gewiß, ich will ihn immer überm Deck halten.

      Frau Page.

       Das will ich auch; kommt er je unter meine Luken, so will ich nie wieder in See gehn. Wir müssen uns an ihm rächen: wir müssen ihm eine Zusammenkunft bestimmen, ihm einen Schimmer von Hoffnung für sein Begehren geben und ihn mit fein geködertem Aufschub immer weiter locken, bis er unserm Gastwirt zum Hosenbande seine Pferde versetzt hat.

      Frau Fluth.

       Ja, ich will die Hand dazu bieten, ihm jeden schlimmen Streich zu spielen, der nur unsrer Ehre nicht zu nahe tritt. Himmel, wenn mein Mann diesen Brief sähe! Er würde seiner Eifersucht ewige Nahrung geben.

      Frau Page.

       Ei sieh, da kommt er, und mein guter Mann auch; er ist so weit entfernt von aller Eifersucht, als ich, ihm Anlaß zu geben; und das, hoffe ich, ist eine unermeßliche Kluft.

      Frau Fluth.

       Um so glücklicher ihr! –

      Frau Page.

       Laßt uns einen Kriegsrat gegen diesen fetten Ritter halten! Kommt hieher.

      (Sie gehn in den Hintergrund der Bühne.)

       Fluth kommt mit Pistol, Page mit Nym.

      Fluth.

       Nun, ich hoffe, es ist nicht so.

      Pistol.

       Hoffnung ist oft ein Jagdhund ohne Spur:

       Sir John lockt dein Gemahl.

      Fluth.

       Ei, Herr, meine Frau ist nicht jung.

      Pistol.

       Er wirbt um hoch und tief, um reich und arm,

       Um jung und alt, um ein' und alle, Fluth:

       Er liebt sich Mengelmuß. Fluth, Augen auf! –

      Fluth.

       Liebt meine Frau? –

      Pistol.

       Mit Leber, heiß wie Glut. Wehr's ab, sonst lauf

       Wie Herr Aktäon, rings umklafft vorn Jagdgebell.

       – O schändlich tönt das Wort!

      Fluth.

      


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