Sämtliche Werke von William Shakespeare. Уильям Шекспир
So erlaubt, Herr Fluth, ich bin ganz krank, sie zu sehn.
(Frau Page und Robin ab.)
Fluth.
Hat der Page kein Gehirn? hat er keine Augen? hat er keine Gedanken? Wahrhaftig, das alles schläft bei ihm, er weiß es nicht zu gebrauchen. Der Junge da wird so leicht einen Brief zwanzig Meilen weit tragen, als eine Kanone zwanzig dutzendmal ins Weiße trifft. Er schneidert selbst die Liebestorheit seiner Frau zurecht; er tut ihr Vorschub und macht ihr Gelegenheit, und nun geht sie zu meiner Frau und Falstaffs Bursche mit ihr – dies Hagelwetter kann man wahrhaftig schon von weitem pfeifen hören! Und Falstaffs Bursche mit ihr! Ein hübsches Komplott! Geschmiedet haben sie's, und unsre rebellischen Weiber teilen die Verdammnis miteinander. Nun, ich will ihn fangen und hernach meine Frau recht tüchtig quälen, der scheinheiligen Frau Page den Schleier ihrer Sittsamkeit abreißen, ihren Mann als einen sorglosen und gutwilligen Aktäon zur Schau stellen, und zu diesem stürmischen Verfahren soll die ganze Nachbarschaft Beifall rufen. Die Uhr gibt mir das Zeichen und meine Zuversicht heißt mich suchen; den Falstaff muß ich dort finden. Man wird mich gewiß eher darum loben als verspotten, denn es ist so ausgemacht, als die Erde feststeht, daß Falstaff dort ist. Ich will hingehn.
Es kommen Page, Schaal, Schmächtig, Wirt, Evans und Cajus.
Alle.
Ei, willkommen, Herr Fluth! –
Fluth.
Nun, wahrhaftig, eine hübsche Bande! Mein Tisch ist heut gut besetzt, ich bitte euch, daß ihr alle bei mir einsprecht.
Schaal.
Ich muß mich entschuldigen, Herr Fluth.
Schmächtig.
Das muß ich auch, Herr Fluth. Wir haben versprochen, mit Jungfer Anne zu speisen, und ich möchte mein Wort nicht brechen für mehr Geld, als ich nennen will.
Schaal.
Wir haben schon lange eine Heirat zwischen Anne Page und meinem Vetter Schmächtig auf dem Korn, und heute sollen wir das Jawort holen.
Schmächtig.
Ich hoffe doch, ich habe Eure Einwilligung, Vater Page?
Page.
Die habt Ihr, Herr Schmächtig, ich stimme ganz für Euch; aber meine Frau, Herr Doktor, ist allerdings auf Eurer Seite.
Cajus.
Oui, pardieu, und die Mädel lieben mir, mein Wartfrau 'urtig 'aben mik das gesagt.
Wirt.
Und was sagt Ihr zu dem jungen Herrn Fenton? Er springt, er tanzt, er hat junge, feurige Augen, er schreibt Verse, er spricht Festtagsworte, er duftet wie April und Mai; der führt sie heim, der führt sie heim, der hat das Glück in der Tasche, der führt sie heim.
Page.
Nicht mit meinem Willen, das versichr ich Euch. Der junge Mensch hat kein Vermögen. Er hat in des wilden Prinzen Gesellschaft gelebt; er ist aus einer zu hohen Region, er weiß zuviel. Nein, der soll mit dem Finger meines Reichtums keinen Knoten in sein Glück knüpfen, will er sie nehmen, so mag er sie ohne Aussteuer nehmen; das Vermögen, das mir gehört, wartet auf meine Einwilligung, und meine Einwilligung geht dieses Wegs nicht.
Fluth.
Ich bitt euch inständigst, einige von euch müssen mit mir essen; außer einer guten Mahlzeit steht euch ein Spaß bevor: ich will euch ein Monstrum zeigen. Herr Doktor, Ihr müßt mitgehn, Ihr auch, Herr Page, und Ihr, Sir Hugh.
Schaal.
Nun, so lebt wohl, wir können dann unsre Werbung um so besser beim Herrn Page anbringen.
(Schaal und Schmächtig ab.)
Cajus.
Gehn du nak 'aus, 'ans Rugby, ik kommen bald nak.
Wirt.
Lebt wohl, Kinder, ich will zu meinem ehrsamen Ritter Falstaff und eine Flasche Sekt mit ihm umbringen.
Fluth (beiseite).
Und ich will vorher noch eins mit ihm umspringen, denn er soll diesmal nach meiner Pfeife tanzen. – Wollt ihr mitkommen, liebe Herrn?
Alle.
Wir gehn mit, das Monstrum zu sehn.
(Sie gehn ab.)
DRITTE SZENE
Zimmer in Fluths Hause
Frau Fluth, Frau Page und Knechte mit einem Waschkorb treten auf
Frau Fluth.
He, John! He, Robert! –
Frau Page.
Geschwind, geschwind! Ist der Waschkorb...
Frau Fluth.
Ja doch! – He, Robin, sag ich...
Frau Page.
Macht fort! Macht fort!
Frau Fluth.
Hier setzt ihn hin.
Frau Page.
Sagt Euern Leuten, was sie tun sollen; wir müssen schnell machen!
Frau Fluth.
Nun also, John und Robert, wie ich euch vorhin sagte, haltet euch hier nebenbei im Brauhause fertig; und wenn ich eilig rufe, kommt herein und nehmt ohne Verzug und Bedenken diesen Korb auf eure Schultern. Wenn das geschehn ist, trabt mir damit in aller Hast und bringt ihn zu den Bleichern auf die Datchetwiese, und da schüttet ihn aus in den schlammigen Graben nicht weit von der Themse.
Frau Page.
Wollt ihr das tun?
Frau Fluth.
Ich hab's ihnen schon lang und breit auseinandergesetzt, sie brauchen keine weitre Anweisung. Geht nun, und kommt auf den ersten Aufruf!
(Die Knechte gehn ab.)
Frau Page.
Hier kommt der kleine Robin.
Robin kommt.
Frau Fluth.
Nun, wie geht's, mein kleiner Zeisig? Was bringst du Neues? –
Robin.
Mein Herr, Sir John, ist zur Hintertür hereingekommen, Frau Fluth, und wünscht Euch aufzuwarten.
Frau Page.
Du kleiner Gelbschnabel, bist du uns auch treu gewesen?
Robin.
Ja, das schwör ich; mein Herr weiß nicht, daß Ihr hier seid, und hat mir gedroht, mich in ewge Freiheit zu versetzen, wenn ich Euch davon sage; denn er schwört, er will mich fortjagen.
Frau Page.
Du bist ein guter Junge; diese deine Verschwiegenheit soll dein Schneider werden und dir ein neues Wams und Hosen machen. Ich will mich verstecken.
Frau Fluth.
Das tut. – Geh, sag deinem Herrn, ich sei allein. Frau Page! vergeßt Euer Stichwort nicht! –
(Robin ab.)
Frau Page.
Sorge nur nicht; wenn ich meine Rolle nicht gut spiele, so zische mich aus. (Geht ab.)
Frau Fluth.
Nun wohlan; wir wollen schon mit dir fertig werden, du ungesunde Feuchtigkeit, du großer wäßriger Kürbis! wir wollen dich lehren, Tauben von Krähen zu unterscheiden.
Falstaff tritt ein.
Falstaff.
Hab ich dich errungen, mein himmlisches Juwel? Ha! Jetzt, Götter, laßt mich sterben, denn ich habe lange genug gelebt. Dies ist das Ziel meines Ehrgeizes!