Sämtliche Werke von William Shakespeare. Уильям Шекспир
freien, und Dezember in der Ehe. Mädchen sind Frühling, solange sie Mädchen sind, aber der Himmel verändert sich, wenn sie Frauen werden. Ich will eifersüchtiger auf dich sein als ein Turteltauber auf sein Weibchen, schreiichter als ein Papagei, wenn es regnen will, putzsüchtiger als ein Affe und launischer in Gelüsten als eine Meerkatze. Ich will um nichts weinen, wie Diana am Springbrunnen, und das will ich tun, wenn du zur Lustigkeit gestimmt bist; ich will lachen wie eine Hyäne, und zwar wenn du zu schlafen wünschest.
Orlando.
Aber wird meine Rosalinde das tun?
Rosalinde.
Bei meinem Leben, sie wird es machen wie ich.
Orlando.
Oh, sie ist aber klug.
Rosalinde.
Sonst hätte sie nicht den Witz dazu. Je klüger, desto verkehrter. Versperrt dem Witz eines Weibes die Türen, so muß er zum Fenster hinaus; macht das zu, so fährt er aus dem Schlüsselloch; verstopft das, so fliegt er mit dem Rauch aus dem Schornstein.
Orlando.
Ein Mann, der eine Frau mit soviel Witz hätte, könnte fragen: «Witz, wo willst du mit der Frau hin?»
Rosalinde.
Nein, das könntet Ihr versparen, bis Ihr den Witz Eurer Frau auf dem Wege zu Eures Nachbars Bett anträft.
Orlando.
Welcher Witz hätte Witz genug, das zu entschuldigen?
Rosalinde.
Nun, etwa: – sie ginge hin, Euch dort zu suchen. Ihr werdet sie nie ohne Antwort ertappen. Ihr müßtet sie denn ohne Zunge antreffen. Oh, die Frau, die die Schuld an ihren Fehlern nicht auf ihren Mann zu schieben versteht, die laßt nie ihr Kind säugen; sie würde es albern großziehn.
Orlando.
Auf die nächsten zwei Stunden, Rosalinde, verlasse ich dich.
Rosalinde.
Ach, geliebter Freund, ich kann dich nicht zwei Stunden entbehren.
Orlando.
Ich muß dem Herzoge beim Mittagstisch aufwarten. Um zwei Uhr bin ich wieder bei dir.
Rosalinde.
Ja, geht nur, geht nur! Das sah ich wohl von Euch voraus; meine Freunde sagten mir's, und ich dacht es ebenfalls – Eure Schmeichelzunge gewann mich – es ist nur eine Verstoßne mehr – und also: komm, Tod! – Zwei Uhr ist Eure Stunde?
Orlando.
Ja, süße Rosalinde.
Rosalinde.
Bei Treu und Glauben, und in vollem Ernst, und so mich der Himmel schirme, und bei allen artigen Schwüren, die keine Gefahr haben, brecht Ihr ein Pünktchen Eures Versprechens, oder kommt nur eine Minute nach der Zeit, so will ich Euch für den feierlichsten Wortbrecher halten und für den falschesten Liebhaber und den Allerunwürdigsten derer, die Ihr Rosalinde nennt, welcher nur aus dem ganzen Haufen der Ungetreuen ausgesucht werden konnte. Darum hütet Euch vor meinem Urteil und haltet Euer Versprechen.
Orlando.
So heilig, als wenn du wirklich meine Rosalinde wärst. Leb denn wohl!
Rosalinde.
Gut, die Zeit ist der alte Richter, der solche Verbrecher ans Licht zieht, und die Zeit muß es ausweisen. Lebt wohl! (Orlando ab.)
Celia.
Du hast unserm Geschlecht in deinem Liebesgeschwätz geradezu übel mitgespielt. Wir müssen dir Hosen und Wams über den Kopf ziehn, damit die Welt sieht, was der Vogel gegen sein eignes Nest getan hat.
Rosalinde.
O Mühmchen! Mühmchen! Mühmchen! mein artiges kleines Mühmchen! wüßtest du, wieviel Klafter tief ich in Liebe versenkt bin! Aber es kann nicht ergründet werden; meine Zuneigung ist grundlos wie die Bucht von Portugal.
Celia.
Sag lieber, bodenlos: soviel Liebe du hineintust, sie läuft alle wieder heraus.
Rosalinde.
Nein, der boshafte Bastard der Venus, der vom Gedanken erzeugt, von der Grille empfangen und von der Tollheit geboren wurde, der blinde schelmische Bube, der jedermanns Augen betört, weil er selbst keine mehr hat: der mag richten, wie tief ich in der Liebe stecke. – Ich sage dir, Aliena, ich kann nicht ohne Orlandos Anblick sein; ich will Schatten suchen und seufzen, bis er kommt.
Celia.
Und ich will schlafen.
(Beide ab.)
ZWEITE SZENE
Ein anderer Teil des Waldes
Jacques und Edelleute des Herzogs in Jägerkleidung treten auf
Jacques.
Wer ist's, der den Hirsch erlegt'?
Erster Edelmann.
Ich tat es, Herr.
Jacques.
Laßt uns ihn dem Herzog vorstellen, wie einen römischen Eroberer, und es schickte sich wohl, ihm das Hirschgeweih wie einen Siegeskranz aufzusetzen. Habt ihr kein Lied, Jäger, auf diese Gelegenheit?
Zweiter Edelmann.
O ja, Herr.
Jacques.
Singt es; es ist gleichviel, ob Ihr Ton haltet, wenn es nur Lärm genug macht.
Lied.
Erste Stimme.
Was kriegt er, der den Hirsch erlegt?
Zweite Stimme.
Sein ledern Kleid und Horn er trägt.
Erste Stimme.
Drum singt ihn heim:
Ohn allen Zorn trag du das Horn;
Ein Helmschmuck war's, eh du geborn.
(Dieser Zuruf wird im Chor von den übrigen wiederholt.)
Erste Stimme.
Deins Vaters Vater führt' es.
Zweite Stimme.
Und deinen Vater ziert' es.
Alle.
Das Horn, das Horn, das wackre Horn
Ist nicht ein Ding zu Spott und Zorn. (Ab.)
DRITTE SZENE
Rosalinde und Celia treten auf
Rosalinde.
Was sagt Ihr nun? Ist nicht zwei Uhr vorbei? Und kein Orlando zu sehen!
Celia.
Ich stehe dir dafür, mit reiner Liebe und verwirrtem Gehirn hat er seinen Bogen und Pfeile genommen und ist ausgegangen – zu schlafen. Seht, wer kommt da?
Silvius tritt auf.
Silvius.
An Euch geht meine Botschaft, schöner Jüngling.
Dies hieß mich meine Phöbe übergeben;
Ich weiß den Inhalt nicht; doch, wie ich riet
Aus finstrer Stirn und zorniger Gebärde,
Die sie gemacht hat, während sie es schrieb,