Dr. Brinkmeier Staffel 1 – Arztroman. Sissi Merz
an, als dieser fragte: »Was hat denn das zu bedeuten? Ich wußte ja gar nicht, daß du schwanger bist, Lisa.«
»Bin ich ja auch net. Das hat die Mama nur angedeutet, damit die Väter sich endlich versöhnen. Und jetzt reden sie von nix anderem mehr. Mei, ich schäm mich schon richtig deswegen.«
»Schmarrn, dazu besteht kein Grund. Sagst deinem Vater, alles ist in bester Ordnung. Und ein Ultraschallbild gibt’s noch net.« Er lächelte, als sie etwas einwenden wollte. »Du bist gesund, und das Bild machen wir, wennst in der Hoffnung stehst. Also, wir haben in allem die Wahrheit gesagt.«
Lisa mußte lachen und fühlte sich wie befreit. »Ach, Doktor Brinkmeier, das ist aber lieb, daß Sie zu mir halten.«
»Gewiß tu ich das. Ich fühle mich ja ein bisserl wie der gute Geist eurer Liebe. Und ich trete gern von meinem Amt zurück, wenn es nimmer nötig ist.«
»In zwei Tagen sind wir verheiratet«, seufzte das Madl. »Ich wünschte, es wär schon soweit...«
Die beiden Tage vergingen rasch, doch die Hektik steigerte sich immer mehr, und am Morgen der Trauung war Lisa ein rechtes Nervenbündel. Maria gab sich besonnen wie immer und sorgte dafür, daß ihre Tochter rechtzeitig fertig wurde. Schön wie eine Prinzessin der Berge betrat Lisa dann am Arm des Vaters die Kirche. Unter dem Rauschen der Orgel und dem wohlwollenden Blick Hochwürdens wurde da ein Band für die Ewigkeit geknüpft, das die Liebe schon lange geschlungen hatte. Fesch und schneidig im dunklen Loden steckte Tobias seiner zarten Braut den goldenen Ring an den Finger. Lisas Hochzeitsdirndl aus weißer Seide zeichnete ihre schlanke, gut gewachsene Figur nach, der kurze Schleier, den ein Kranz aus weißen Blüten hielt, verdeckte kaum ihr Gesicht. Glücklich strahlten die Augen, und ein rosa Hauch lag über den zarten Wangen. Keinen Blick konnte Tobias von seiner schönen Braut wenden, und er meinte fast, das Herz müsse ihm zerspringen vor lauter Glückseligkeit.
Maria Fellner heulte wie ein Schloßhund vor Rührung, während Anna Stadler, die neben Max Brinkmeier saß, leise und recht sehnsüchtig seufzte. Der Burgmüller blickte etwas wolkig aus der Wäsche. Doch er hatte sich vorgenommen, sich in das Unabänderliche zu fügen. Und ganz so schlimm hatte er es ja nun auch wieder nicht getroffen. Vielleicht würde Lisa sogar eine recht annehmbare Jungbäuerin sein...
Nach dem Gottesdienst ging es dann zum Feiern ins Wirtshaus. Der große Saal war festlich gedeckt, es gab alles, was das Herz begehrte, regionale Spezialitäten, die alle kulinarischen Wünsche erfüllten. Nach dem Essen wurde getanzt. Freilich mußte das Brautpaar den Tanz eröffnen. Geschmeidig und anmutig lag Lisa in Tobias’ starken Armen und ließ sich allzu gerne führen. Denn schließlich hatte er sie ja bereits in den siebten Himmel der Liebe entführt...
Bald gesellten sich weitere Paare auf den Tanzboden und die Stimmung wurde ausgelassener. Max forderte Anna Stadler auf, die sofort ja sagte. Alois Burgmüller beobachtete dies grollend und hielt sich an seiner Maß fest, als Dominik Hirtner sich zu ihm gesellte. Der Bürgermeister bedachte den Geistlichen mit einem grimmigen Blick.
»Geh, Dominik, laß mich in Ruh. Zum Beichten bin ich heut net aufgelegt. Und ich fürcht, ich hätte auch gar keine handfeste Sünde zu bieten.«
»Du und deine Spaßletten. Ich hab einen Tip für dich. Aber es knüpft sich eine kleine Bedingung daran...«
Alois musterte sein Gegenüber skeptisch. »Und welche? Ich hab doch den Schorsch schon wieder an meine Brust gedrückt. Was soll ich noch tun? Ihn adoptieren?«
»Es geht um ein kleines Geschäft, von dem ich hab läuten hören. Ich würde es dir zukommen lassen. Wennst im Gegenzug auch an die nötige Renovierung des Kirchenschiffes denken tätest.«
»Hm. Und was ist das für ein Geschäft? Ich hab den Eindruck gewonnen, daß du nix mehr vom Geschafteln hältst.«
»Der Branninger drüben in Schlehbusch will Weiden verkaufen, die an die deinen grenzen. Er braucht Geld für Neuanschaffungen. Das heißt, du könntest einen guten Schnitt machen.«
»Was du net alles weißt.« Alois grinste breit. »Also abgemacht, eine Spende steckt schon drin. Weißt was, Nickel, ich mein fast, du bist ein noch viel größeres Schlitzohr als ich.«
»Das will ich net gehört haben«, mahnte dieser streng. »Und jetzt schau net so grimmig, dein Sohn hat heut geheiratet. Amüsier dich halt auch ein bisserl.«
»Recht hast!« Alois zwirbelte unternehmungslustig seinen Bart und steuerte auf Anna Stadler zu, die gerade den Tanzboden verließ. »Komm, Annerl, der nächste Tanz gehört mir!« Ehe sie sich recht versah, hatte der Burgmüller sie um die schmale Taille gepackt und wirbelte sie zu einer schmissigen Polka über die Bretter.
Max Brinkmeier gesellte sich zu seinem Vater und meinte: »Ich mach mich langsam auf den Heimweg, in einer Stunde beginnt mein Bereitschaftsdienst.«
»Das war eine gute Idee von dir, Bub«, lobte Josef.
»Und daß du den Haselbeck, den sturen Bock, zum Mitmachen gekriegt hast, war schon ein rechtes Kunststückerl. Wenn ihr euch abwechselt, mußt net ständig präsent sein. Das nenn ich Fortschritt.«
»Eben drum.« Max schaute sich noch einmal um. »Der Lukas ist net gekommen, oder? Das ganze Dorf ist hier, aber er...«
»Eine Kuh soll kalben, hat er gesagt.« Der alte Landarzt lächelte milde.
»Mußt halt Geduld haben, Maxl. Es wird noch.«
»Geduld hab ich gelernt, seit ich wieder hier bin«, versicherte er und machte sich auf den Heimweg. Annas enttäuschten Blick gewahrte er nicht mehr.
Es wurde eine ruhige Nacht ohne Notfälle für Max Brinkmeier. Als sein Vater zwei Stunden später heimkam, hörte er den Sohn mit dem Handy telefonieren, um die Leitung freizuhalten.
»Ich hab dich lieb und sehn mich sehr nach dir. Ach, Julia, wennst nur bei mir sein könntest«, sprach er leise und innig.
Josef Brinkmeier lächelte angedeutet. Es wird schon werden, dachte er. Am End siegt doch die Liebe, so ist’s schon immer gewesen...
»Herr Doktor, warten Sie bitte einen Moment!«
Dr. Max Brinkmeier, der gerade in seinen Wagen steigen wollte, wandte sich um und lächelte angedeutet, als Eva Brand ihm ein großes Kuchenpaket überreichte. »Das ist aber nett, vielen Dank! Aber Sie hätten sich net soviel Mühe machen brauchen.«
»Schmarrn, wir sind Ihnen doch dankbar. Seit Sie die Mama behandeln, ist sie viel zugänglicher geworden. Ich weiß nicht, wie Sie’s machen, Herr Doktor, aber Sie haben einen guten Einfluß auf Ihre Patienten.« Die junge Bäuerin errötete ein wenig, als der Landarzt sich noch einmal bedankte. »Wir haben zu danken. Und einen schönen Tag noch!«
Max Brinkmeier deponierte das süße Paket auf dem Beifahrersitz und machte sich dann auf den Rückweg nach Wildenberg. Es war Dienstag, da machte er stets seine Hausbesuche. Und an diesem sonnigen Spätherbsttag war seine Runde länger gewesen als sonst. Dr. Martin Haselbeck, der Kollege aus dem Nachbarort Schlehbusch, lag mit einer Grippe danieder und Max hatte sich bereit erklärt, seine Hausbesuche zu übernehmen. Dazu zählte auch die Altbäuerin vom Brand-Hof in Schlehbusch. Sie litt unter fortgeschrittenem Weichteilrheuma und hatte ihrer Familie bislang große Sorgen gemacht, denn sie war durch die Schmerzen recht unleidlich geworden. Max hatte bei ihr durch eine Kombination von herkömmlichem Schmerzmittel und einer selbst hergestellten pflanzlichen Salbe einen guten Effekt erzielen können. Die Schmerzen waren abgemildert, die Beweglichkeit ein wenig verbessert. Die Altbäuerin mußte nicht mehr ständig im Bett liegen, was ihre Laune natürlich verbessert hatte. Der junge Landarzt war mit dem Ergebnis, das er schon erzielt hatte, zufrieden. Wieder einmal zeigte sich, daß die klassische Medizin durchaus die eine oder andere Hilfestellung aus der Natur und dem althergebrachten Wissen gebrauchen konnte. Das Rezept für die Salbe hatte Max aus Afrika mitgebracht. Wie so vieles, was sein Leben nachhaltig geprägt hatte.
Während der hochgewachsene Landarzt mit dem sandblonden Haar und den klugen graublauen