Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner
»Das ist ja wirklich eine verrückte Idee! Da haben die beiden etwas ausgeheckt, dein Vater und mein Vater. Das ist ganz typisch für die beiden. Die verstehen sich wirklich gut. Das ist ja auch schön und da kann niemand was dagegen sagen, auch du und i net. Wir haben ja auch große Vorteile davon. Aber jetzt gehen sie zu weit. Na, laß sie, Ansgar. Die werden schon wieder zur Vernunft kommen. Doch erzähle mir jetzt mal ausführlich, was dein Vater gesagt hat.«
Zuerst stockend und dann flüssiger erzählte Ansgar von dem Gespräch am gestrigen Abend. Immer wieder wurde er von Frizzi unterbrochen, die nur lachte. Er gestand ihr auch, daß er in Rosa verliebt war.
»Dein Lachen tut mir gut, Frizzi! I bin froh, daß du des net tragisch nimmst.«
»Nein, i nehme des net tragisch, Ansgar! I bin froh, daß du mir alles erzählt hast. Weißt, auf der anderen Seite müssen wir die beiden verstehen. Nehmen wir mal an, daß wir uns ineinander verliebt hätten, dann wäre das schon praktisch. Die beiden Höfe würden zusammengeführt. Es wäre ideal. Aber ich liebe dich nun mal nicht so, Ansgar!«
Dann fügte Frizzi hinzu und dabei wurde sie rot:
»I will dir was anvertrauen, mußt aber schweigen! I lieb einen anderen! Wir sind schon lange zusammen.«
»Des freut mich für dich! Sagst mir, wer es ist?«
»Es ist der Dominik Maierhofer!«
»Des is ja ein Ding! Dein Vater und dem Dominik sein Vater sprechen ja kein Wort miteinander und das seit vielen Jahren.«
»Die müssen mal einen Streit gehabt haben. Worum es dabei gegangen is, des weiß i net. Dominik weiß es auch net so genau. Nur daheim darf er net sagen, daß er mit mir zusammen is. Der Name Villinger und alles, was damit zu tun hat, mich eingeschlossen, des is für seinen Vater ein rotes Tuch. Des is sogar schlimmer als des rote Tuch beim Stierkampf. Verstehst?«
»Wie wollt ihr dann den Stier zähmen, im übertragenen Sinn?«
»Ach, Ansgar! Des erfordert viel Geduld. Um bei dem Bild zu bleiben, wir machen den Stier müde. Wir warten ab. Irgendwann wird es dem Dominik und meinem Vater zu lange dauern. Auf den Maierhofer Hof muß eine junge Bäuerin und auf unseren Hof ein junger Bauer. Wir denken, daß sie dann schon nachgeben, wenn wir uns weigern, jemand anders zu heiraten, beziehungsweise überhaupt net zu heiraten.«
»Des kann lange dauern! Des wird schwer werden. I denke, daß ihr doch auch Kinder haben wollt.«
»Nur zu gerne! Wir – des heißt, i hab’ auch schon einen Plan. Wenn alles zu lange dauert, dann wird der Dominik mit seinem Vater sprechen und i rede mit meinem. Dann wird es erst mal Streit geben. Aber die müssen sich entscheiden. Entweder sie sagen ja, oder sie müssen damit leben. Dann heiraten wir und gehen fort. Dann können sie mit den Höfen machen, was sie wollen. Des is uns egal.«
»Wie lange wollt ihr euch Zeit geben?«
»Bis nach Weihnachten! Wir haben das alles besprochen. Silvester is es soweit. Dann sage i meinem Vater und meiner Mutter, daß i im Frühjahr den Dominik heirate. Er redet mit seinen Eltern. Des wird einen Knaller geben. Dagegen sind die Silvesterböller nichts. Der Lärm, den diese Ankündigungen machen, wird alles übertönen.«
»I halt zu dir, Frizzi! Sag dem Dominik einen schönen Gruß, quasi als Schwager, oder wie wir das immer auch nennen wollen. I halt zu dir und zum Dominik! Ihr könnt auf mich zählen.«
»Des is lieb von dir. Der Dominik wird sich freuen.«
Frizzi dachte nach.
»Weißt, Ansgar, mir kommt da eine Idee! Wenn unsere Alten einen Plan aushecken, dann können wir des doch auch.«
Sie lachte wieder herzlich.
»Wie heißt es so schön, Ansgar? Wer anderen eine Grube gräbt, der fällt selbst hinein!«
»Wie meinst des, Frizzi? Des mußt du mir näher erklären?«
»Des is ganz einfach, Ansgar! Du erklärst deinem Vater, daß du mit mir gesprochen hast. Sag ihm, die Dinge wären auf einem guten Weg, auf ein paar Monate käme es doch jetzt nicht an. I wollt auch net im Winter heiraten, sondern im Frühling oder Sommer. Außerdem wäre es besser, wenn wir sozusagen eine gewisse Brautzeit einrechnen würden. Die Sache verlangt eben Fingerspitzengefühl.«
»Des is eine gute Idee! Dann spielen wir ein bisserl Theater.«
»Des is net nur ein bisserl Theater, des is ein wirklich deftiger Bauernschwank. Hör zu, Ansgar! I rede mit Dominik. Der wird da auch mitspielen. Es wäre schön, wenn wir noch ein Madl finden würden, das auch mitspielen würde. Dann wären wir zwei Paare. Wir könnten zusammen ausgehen und dann spielen wir, wenn wir allein sind, Bäumchenwechseldich. Also solltest du deiner Rosa schnellstens sagen, daß du sie liebst – aber natürlich net nur deswegen. Die Rosa ist ein liebes Madl. I war auch schon öfters im Bistro und habe Pizza gekauft zum Mitnehmen, wenn i mich mit Dominik getroffen habe. I hab’ mich schon oft mit ihr mal länger unterhalten. Weißt, i wollte den Salamibelag auf der Pizza in Herzform gelegt haben. Da kamen wir ins Gespräch.«
»Du bist ja eine richtige Romantikerin, Frizzi! Da entdecke ich ja ganz neue Seiten an dir.«
»Die Seiten sind aber net für dich bestimmt, Ansgar. Wenn du Romantik willst, dann kümmere dich um Rosa.«
Sie lachten beide herzlich.
»I werde mein Bestes versuchen!«
»Hör mal, Ansgar! Wenn du mit Rosa klar bist, dann sprechen wir mit ihr. I sage dann, daß mir des zu viel wird auf dem Natterer Hof. I werde es so einrichten, daß i mehr im Kinderheim bin. Dann bring i Rosa als Ersatz auf den Hof.«
Frizzi lachte.
»Dein Vater wird nix davon merken.«
»Denkst du? Wird dein Vater denn nix dagegen haben, daß du wieder mehr arbeitest?«
»Ansgar, i arbeite net, i helfe da ehrenamtlich. Des geht über den Pfarrer. I habe mit der Mutter Oberin gesprochen. Obwohl die eine Nonne is, hat sie ein großes Herz für liebende Paare. Wenn i dann in der Stadt war, konnte i mich gut mit dem Dominik treffen. Die Oberin hat dann des geschickt eingefädelt über unseren Pfarrer Zandler. Da muß sie auch noch ein bisserl mehr einfädeln. Des wird schon gehen. Dann ziehen wir das durch bis Silvester. Dann tun wir so, als hätte sich Rose mit Dominik verkracht und ich mich mit dir. Wir haben eben rausgefunden, daß die andere Konstellation besser is.«
»Des is ja eine ganz verrückte Geschichte, Frizzi.«
»Ja, wie heißt es so schön: Der Zweck heiligt die Mittel. Jedenfalls hast du dann erst mal Ruh daheim auf dem Natterer Hof.«
»Was is, wenn sie den Plan durchschauen und mein Vater doch den Hof verkaufen will?«
»Dann kann man nix machen! Falls er den Hof an meinen Vater verkaufen will, dann bin i für später ja auch noch da. I bin Alleinerbin. Wenn i dann das Sagen hab’, dann werden wir uns schon einig, Ansgar.«
Vom Tal drang das Mittagsläuten herauf.
»Wir sollten gehen, Ansgar!«
»Ja, des sollten wir! Es gibt ja noch viel zu tun! I geh mit dir runter ins Dorf und fahr gleich mal rüber zur Tankstelle.«
Ansgar und Frizzi sprachen auf der Berghütte kurz mit Toni, Anna und Alois. Sie weihten sie in ihren Plan ein. Toni und Anna sicherten den beiden zu, daß sie hier oben auf der Berghütte immer ein sicheres Liebesnest finden würden.
Dann machten sich die beiden auf. Beflügelt von ihren Gedanken bewältigten sie den Abstieg bis zur Oberländer Alm schnell. Dort schwang sich Ansgar auf sein Motorrad, um zu Rosa zu eilen. Frizzi fuhr in die Stadt.
*
Titus Maierhofer hatte verschlafen. Seine Frau hatte ihn auch nicht geweckt. So kam es, daß sein Sohn Dominik schon fast mit der Stallarbeit fertig war, als sein Vater kam.
Statt eines Grüß Gott oder Guten Morgen