Die Vampirschwestern 12 - Ruhig Blut, Frau Ete Petete. Franziska Gehm

Die Vampirschwestern 12 - Ruhig Blut, Frau Ete Petete - Franziska Gehm


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die weit gereiste Babysitterin auf Vampwanisch willkommen und reichte ihr die Hand.

      Silvania, Daka und Franz starrten die Babysitterin an. Sie sah aus wie ein Ausrufezeichen, das auf dem Kopf stand. Der schwarze, große Dutt ganz oben auf ihrem Kopf bildete den Punkt. Ihre Kleidung war altmodisch, aber tadellos rein und gebügelt. Nur der Leberfleck rechts oberhalb der Lippe schien aus der Reihe zu tanzen.

      „Sie sind also Frau Ete Petete. Wir freuen uns sehr, dass Sie die weite Reise auf sich genommen haben, um auf unseren Franz aufzupassen. Mein Mann hat nur so von Ihnen geschwärmt“, sagte Frau Tepes.

      Kurz trübten sich Frau Ete Petetes Augen, dann blinzelte sie. „Hat er das? Nun ja, das freut mich selbstverständlich. Auch ich habe den kleinen Mihasi in allerbester Erinnerung.“

      „Mihasi?“, platzte es aus Daka heraus, bevor sie sich lachend krümmte. Auch Silvania konnte kaum an sich halten. Franz wusste zwar nicht, worum es ging, freute sich aber, dass sich seine Schwestern so freuten.

      „Was soll denn das? Jetzt seid doch nicht so albern.“ Mihai Tepes hob beschwichtigend die Hände.

      Frau Ete Petete ging auf die drei Halbvampire zu. „Ihr seid also Mihasis Kinder.“

      Kaum hatte sie „Mihasi“ gesagt, prusteten Silvania und Daka abermals los. Franz gluckste.

      „STRUNZ!“ Frau Ete Petete stampfte einmal mit dem Fuß auf, sodass der Wohnzimmerboden bebte.

      Franz verschluckte sich vor Schreck beim Glucksen und bekam einen Schluckauf. Silvania und Daka verstummten augenblicklich.

      „Oder RUHE, falls ihr kein Vampwanisch versteht“, fügte Frau Ete Petete hinzu. Sie zog die schwarze Weste nach unten und reckte das Kinn. „Ich bin ab heute eure Nachtmutter. Oder Babysitterin oder Nanny – ihr könnt es nennen, wie ihr wollt. Von absoluter Wichtigkeit ist nur: Ich übernehme postwendend das Kommando. Meinen Worten ist ohne Widerrede Folge zu leisten. Verstanden?“

      Daka runzelte die Stirn. „Moment mal, eigentlich braucht nur Franz einen Babysi–“

      „STRUNZ!“ Frau Ete Petete beugte sich zu Daka und flüsterte mit klarer Stimme: „Ohne Widerrede, habe ich gerade gesagt.“ Dann richtete sie sich auf und betrachtete die drei Halbvampire von oben bis unten. „Wie ich sehe, kommt allerhand Arbeit auf mich zu.“

      Daka sah fragend zu ihrer Schwester, die nur die Schultern zuckte. Franz machte „Hicks!“.

      „Keine Sorge, meine Lieben. Ihr seid jetzt in den besten Händen. Tadelloses Benehmen, angenehmes Äußeres und Schicklichkeit werden nun in diese gute Kinderstube Einzug halten.“ Frau Ete Petete bedachte die Zwillinge mit einem strengen Blick. Kurz bevor sie sich umdrehte, zwinkerte sie Franz zu, der daraufhin hickste.

      Frau Ete Petete im Einsatz

      Frau Ete Petete war in den Heizungskeller eingezogen. Mihai Tepes hatte ihr einen Klappsarg bereitgestellt und den Heizungskeller mit blutroten Tüchern, einer alten Kommode, Kerzenständern und einer Metallleine, die er mit einem Seidenschal umwickelt hatte, gemütlich eingerichtet.

      Die Unterkunft war umsonst, nur um die Verpflegung musste das Kindermädchen sich selber kümmern. Die Blutkonserven, die Mihai Tepes aus dem rechtsmedizinischen Institut mit nach Hause brachte, reichten auf Dauer dafür nicht aus.

      Die transsilvanische Babysitterin hatte sich schnell an die Zeitumstellung und die menschlichen Gepflogenheiten im Hause Tepes gewöhnt. Was erstaunlich war, wenn man ihr hohes Alter von 7335 Jahren bedachte. Zunächst hatte sie es vermieden, bei Sonnenschein das Haus zu verlassen. Doch ausgestattet mit einem Sonnenschirm und einer dicken Schicht Sonnencreme, war auch das schon bald kein Problem mehr.

      Um Punkt sieben Uhr und ganz ohne Wecker stand Frau Ete Petete jeden Morgen auf. Nach zehnminütiger Morgengymnastik und anschließender Körperhygiene bereitete sie ein nahrhaftes, gesundes Frühstück für alle zu. Es bestand aus frisch ausgepressten Blutkonserven, Grymsk Knax (Käfermüsli), Schwarzbrot und dazu Compotoi Zuzelkoi (Insektenmarmelade) oder, wer es lieber herzhaft mochte, Ormschk Sangu (Blutwurst).

      Nachdem alle ordentlich gefrühstückt und den Teller leer gegessen hatten, verließen Silvania, Daka und Frau Tepes das Haus. Mihai, der nachts arbeitete, legte sich in seinen Sarg im Keller, wo er schlafend und dösend den Tag verbrachte.

      Frau Ete Petete widmete sich dann ganz der Betreuung von Franz. Sie brachte ihm erste vampwanische Wörter bei, zeigte ihm, wie man galant kopfüber an einer Metallleine baumelte, und spielte mit ihm Kakerlakenrennen oder „Vampir, beiß mich nicht“.

      Manchmal buken sie Blutkipferl oder bastelten Fledermausgirlanden und Käfer-Mobiles. Dabei sang Frau Ete Petete wunderschöne, alte Vampirlieder wie „Vampir, du hast den Hans gestohlen“, „Zeigt her eure Eckzähne“ und „Ein Vampirlein hängt im Walde“. Franz’ Lieblingslied „Kacken, kacken, fluchen, der Vampir, der hat gerufen“ sang die Babysitterin leider nie.

      Frau Ete Petete hatte Franz gerade zum Mittagsschläfchen an die Metallleine im Keller gehängt und mit dem Lied „Aber heidschi bumbeißdie“ zum Einschlafen gebracht, als Silvania und Daka aus der Schule nach Hause kamen.

      Daka warf ihre Umhängetasche in den Flur und schleuderte ihre schwarzen Lederstiefeletten von den Füßen, sodass sie nach ein paar Loopings links und rechts in die Ecken donnerten.

      „Junge Dame!“ Frau Ete Petete stand auf der obersten Kellertreppenstufe. Ihr Leberfleck zuckte. „Solch flegelhaftes Benehmen gebührt sich nicht. Weder für Menschen noch für Vampire.“

      Daka drehte sich um. „Hä?“

      „Hänge deinen Schultornister bitte ordentlich an die Garderobe und stelle deine Stiefelchen ins Schuhregal.“

      Daka verdrehte die Augen. Silvania stieß sie in die Seite. „Nun mach schon.“

      „Moment!“, sagte Frau Ete Petete, als Daka ihre Schuhe wegstellen wollte. „Sind das da etwa Dreckklumpen? Diese Stiefelchen gehören nicht ins Regal, sondern unter einen Wasserhahn! Abmarsch, Schuhe putzen!“

      Silvania stellte ihre glänzenden, knallroten Lackschuhe säuberlich nebeneinander ins Regal. Daka schnaufte und verschwand mit den Schuhen im Badezimmer.

      „Wie war die Schule, Silvania?“

      „Och, ganz okay.“ Silvania ging in die Küche, gefolgt von Frau Ete Petete.

      „Pardon? Liebe Silvania, wir hatten doch bereits darüber gesprochen, wie eine junge Dame ordentlich und im ganzen Satz antwortet, nicht wahr?“

      Silvania räusperte sich. „In der Schule war es heute ganz ausgezeichnet, werte Frau Ete Petete.“ Silvania drückte den Rücken durch. Auch eine ordentliche Körperhaltung hatte Frau Ete Petete ihnen beigebracht.

      Daka schlurfte in die Küche. Ihre Hände und Ärmel waren nass. „Is noch Grymsk Knax da?“, fragte sie und riss eine Schranktür auf, die Frau Ete Petete beinahe vor den Kopf bekam.

      „Dakaria, darf ich einen kurzen Blick auf deine Hände werfen?“, fragte Frau Ete Petete.

      Daka seufzte und hielt der Babysitterin die Hände hin. „Hatten wir doch heute Morgen schon, Fingernagelkontrolle.“

      „Das ist durchaus richtig, meine Liebe. Aus mir unerfindlichen Gründen sehen deine Fingernägel aber immer aus, als würdest du nicht aus der Schule, sondern aus einem Kohlebergwerk kommen.“

      „Manchmal wäre ich lieber im Kohlebergwerk als in der Schule, das können Sie mir glauben!“, sagte Daka, während Frau Ete Petete ihre Hände begutachtete.

      „Tze, tze, tze, unschicklich“, sagte Frau Ete Petete und machte eine Kopfbewegung.

      Wortlos verschwand Daka zum zweiten Mal im Badezimmer. Als sie zurückkam (mit sauberen Fingernägeln und ein paar Wasserspritzern auf dem Langarmshirt), stand Frau Ete Petete am Herd und schwenkte eine Pfanne.

      „Boah, riecht derbe lecker!“ Daka setzte sich zu ihrer Schwester an den Küchentisch.

      „Liebe Dakaria, du wolltest bestimmt


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